UPDATE2: Premiere startet schwächer als erwartet ins neue Jahr

15.05.2008
(NEU: Analysteneinschätzung, Aktienkursverlauf, Details)

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Von Alexander Becker DOW JONES NEWSWIRES

MÜNCHEN (Dow Jones)--Die Premiere AG ist schwächer als von Analysten erwartet in das Geschäftsjahr 2008 gestartet. So verfehlte das MDAX-Unternehmen bei Umsatz und Ertrag die Konsensprognosen der Analysten, die bereits im Vorfeld mit einem "enttäuschenden" ersten Quartal gerechnet hatten. Für das Gesamtjahr 2008 gab Premiere wie von Analysten erwartet keine konkrete Umsatz- und Ergebnisprognose ab. Die Aktie reagierte am Morgen zunächst mit einem deutlichen Kursabschlag auf die vorgelegten Zahlen, erholte sich aber wieder im Handelsverlauf.

Hauptproblem sind für Premiere nach wie vor die Schwarzseher. Die Piraterie-Problematik dürfte sich nach Einschätzung des Managements zum Ende des dritten Quartals "erledigt" haben. Danach erwartet das Unternehmen ein "starkes Wachstum".

Premiere hatte im Februar mitgeteilt, dass Hacker eine Sicherheitslücke im Verschlüsselungssystem Nagravision ausgenutzt haben. Dadurch hätten Programme angesehen werden können, ohne dass dafür habe bezahlt werden müssen. Mitte April hatte Premiere für das zweite Quartal ein neues Verschlüsselungssystem angekündigt.

Im ersten Quartal verzeichnete Premiere einen Ergebniseinbruch und wies nach Steuern einen deutlichen Verlust aus. Das Ergebnis sei dabei vor allem durch die Piraterie-Problematik beeinflusst worden, so der Pay-TV-Anbieter. Bei einem Umsatzplus von 12% auf 251,5 Mio EUR im Vergleich zum Vorjahr sei ein Nachsteuerverlust von minus 28,1 Mio EUR nach einem Gewinn von 4,5 Mio EUR im Vorjahr angefallen.

In diesem Ergebnis ist noch ein Sonderertrag aus dem Verkauf eines 8,5%-Anteils an der Tochter Premiere Star an die Time-Warner-Tochter Turner Broadcasting System International Inc enthalten. Dieser Sonderertrag beläuft sich laut Premiere auf einen "sehr niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag". Das EBITDA betrug im Berichtszeitraum 2,8 Mio EUR (Vj 37,8 Mio EUR).

Damit lag Premiere sowohl bei den Ergebnissen wie auch dem Umsatz unter den Erwartungen. Von Dow Jones Newswires befragte Analysten hatten bei einem Umsatz von 255,7 Mio EUR mit einem EBITDA von 4,3 Mio EUR und einem Nachsteuerergebnis von minus 26,7 Mio EUR gerechnet.

Als "katastrophal" bezeichnete UniCredit-Analyst Friedrich Schellmoser die vorgelegten Zahlen. Er sieht die Aktie als "Sell" mit einem Kursziel von 13,30 EUR. Bei den Anlegern stieß das Zahlenwerk ebenfalls auf negative Resonanz: In einem gut behauptetem Marktumfeld verliert die Aktie bis 10.45 Uhr rund 1,1% auf 12,66 EUR, nachdem das Papier im frühen Handel schon 4,1% im Minus notiert hatte.

Die Lücke im Verschlüsselungssystem hatte im Berichtszeitraum sowohl die Umsatzentwicklung als auch das Abonnentenwachstum gebremst, so das Unternehmen. Zum 31. März 2008 zählte Premiere 4,24 Mio Abonnenten. Gegenüber dem Jahresende 2007 entspricht das einem Rückgang um 36.204 Kunden.

Die Umgehung des Verschlüsselungssystems habe sich vor allem dämpfend auf die Gewinnung neuer Kunden ausgewirkt. Im Berichtszeitraum gewann Premiere nach eigenen Angaben 140.447 neue direkte Abonnenten, das sind 35,3% weniger als im Vorjahresquartal. Der durchschnittliche annualisierte Umsatz je Kunde (ARPU) sank auf 258 EUR, geht aus einer auf der Webseite veröffentlichten Präsentation des Unternehmens hervor. Im Vorquartal hatte der ARPU noch bei 297 EUR und im Vorjahr bei 261 EUR gelegen.

Auch wegen der unverändert offenen Vergabe der Bundesliga-Rechte hatten Analysten bereits im Vorfeld der Erstquartalszahlenvorlage nicht mit einer neuen Jahresprognose für 2008 gerechnet. Im November hatte der Konzern wegen der Unsicherheiten bei der Rechtevergabe seine Prognose für den erwarteten Geschäftsverlauf 2008 zurückgezogen und angekündigt, dass am 14. Februar 2008 eine neue Prognose bekanntgegeben werden soll. Damals war das Unternehmen diese Prognose aber mit Verweis auf die Bundesliga-Rechte sowie die Piraterie-Probleme ebenfalls schuldig geblieben.

Im ersten Quartal waren die operativen Kosten insbesondere durch Zahlungen für die Sublizenz zur Übertragung der Fußball-Bundesliga auf 248,6 Mio EUR von 186,6 Mio EUR im Vorjahreszeitraum gestiegen. Premiere hatte im Sommer 2007 von UnityMedia die Sublizenz zur Übertragung der Bundesliga für zwei Spielzeiten erworben. Der Rechteverkauf für die Übertragungsrechte ab der Saison 2009/10 liegt seit Monaten auf Eis, weil das Bundeskartellamt den Plänen der DFL Deutsche Fußball Liga GmbH und des Medieninvestors Leo Kirch bisher noch nicht die notwendige Freigabe erteilt hat.

"Das erste Halbjahr 2008 steht im Zeichen der strategischen Weichenstellungen. Hier sind wir auf einem sehr guten Weg und haben alle anvisierten Meilensteine erreicht", wird der Premiere-Vorstandsvorsitzende Michael Börnicke zitiert. Mit der News Corp habe Premiere einen starken und erfahrenen Investor an der Seite, der das Unternehmen strategisch und operativ unterstützt. News Corp, der auch Dow Jones und damit diese Nachrichtenagentur gehört, ist derzeit mit 22,7% an Premiere beteiligt.

Webseite: http://www.premiere.de - Von Alexander Becker, Dow Jones Newswires, +49 (0)89 5521 40 30 industry.de@dowjones.com DJG/abe/smh

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