UPDATE2: ThyssenKrupp befürchtet noch höheren Verlust als bisher

14.08.2009
(NEU: Zusammenfassung, Hintergrund, Analysten, Aktienkurs) Von Martin Rapp DOW JONES NEWSWIRES

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DÜSSELDORF (Dow Jones)--Der Stahlkonzern ThyssenKrupp steckt nach den ersten neun Monaten seines Geschäftsjahrs tief in den roten Zahlen und befürchtet nun einen noch höheren Verlust. Das in Essen und Duisburg ansässige DAX-Unternehmen geht allerdings von einer Stabilisierung des Geschäfts aus und hofft auf die Wirksamkeit der eingeleiteten Sparmaßnahmen.

Für das noch bis Ende September laufende Geschäftsjahr geht der Konzern nun von einem bereinigten Vorsteuerverlust im höheren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich aus. Zuvor wurde ein Verlust im mittleren bis höheren dreistelligen Millionenbereich avisiert.

Die Wirtschaftskrise macht Stahlherstellern ganz besonders zu schaffen. In der Branche potenzieren sich die Probleme mehrerer Sektoren wie etwa des Maschinenbaus oder der Autoindustrie. Das macht sich in schwacher Nachfrage und starken Preisrückgängen bemerkbar. Einen Tag vor ThyssenKrupp hatte bereits der Stahlhersteller Salzgitter dreistellige Verluste berichtet und ein Minus für das Gesamtjahr prognostiziert.

Der größte deutsche Stahlkonzern offenbarte am Freitag noch größere Fehlbeträge. Bei einem um fast ein Viertel niedrigeren Umsatz von 30,7 Mrd EUR fiel in neun Monaten ein Vorsteuerverlust von fast 1 Mrd EUR an. Bereinigt um Sondereffekte ergab sich ein Minus von 402 Mio EUR. Nach Steuern und Anteilen Dritter verbuchte ThyssenKrupp einen Verlust von 800 Mio EUR, was über den Analystenschätzungen von 661 Mio EUR lag.

Das wirtschaftliche Umfeld habe sich in den Monaten April bis Juni weiter verschlechtert, hieß es von ThyssenKrupp. Gegen Ende des Quartals seien jedoch erste Anzeichen einer Stabilisierung erkennbar gewesen. Die Nachfrage in den für das Unternehmen wichtigen Märkten bleibe jedoch auf absehbare Zeit schwach. So werde etwa in Europa der Stahlverbrauch 2010 nicht wachsen.

Das Ergebnis der ersten neun Monate war den Angaben zufolge durch Restrukturierungsaufwand, Abschreibungen und höhere Projektkosten belastet. Dazu seien Vorräte abgewertet worden. So summierten sich die Abschreibungen auf Lagerbestände in den Bereichen Stahl und Edelstahl auf über 100 Mio EUR.

Die gesamten Kosten für Restrukturierung und Abschreibungen im bisherigen Jahresverlauf bezifferte der Konzern auf 440 Mio EUR. Für Analyst Dirk Nettling von der Commerzbank ist diese Zahl höher als erwartet. Offenbar wolle das Unternehmen möglichst viele Sonderbelastungen im laufenden Geschäftsjahr unterbringen, um im folgenden Geschäftsjahr möglichst saubere Bücher vorweisen zu können, vermutet er.

Die Edelstahlsparte sorgte im Konzern für die größten Verluste. Über 800 Mio EUR gingen auf ihr Konto. Hier kam zu den Abschreibungen auf Lagerbestände die Wertminderung immaterieller Vermögensgegenstände und von Sachanlagen in Höhe von 108 Mio EUR hinzu. Als einzige der fünf Sparten steuerte die Aufzugssparte mit einem Überschuss von 465 Mio EUR ein positives Ergebnis bei.

ThyssenKrupp hat bereits zu Anfang des Geschäftsjahres ein Sparprogramm eingeleitet. Nach drei Quartalen seien dadurch bereits Kosten von 750 Mio EUR eingespart worden. Insgesamt sollen sich die Einsparungen im laufenden Geschäftsjahr auf 1 Mrd EUR summieren. Davon soll deutlich mehr als ein Drittel nachhaltig sein und auch in den Folgejahren zur Profitabilität beitragen.

Dazu will sich der Konzern eine neue Struktur geben. Die bisher bestehenden fünf Sparten sollen aufgelöst und die Geschäftsbereiche an die Zentrale angebunden werden. Mit den im neuen Geschäftsjahr wirksam werdenden Maßnahmen sollen weitere 500 Mio EUR jährlich dauerhaft eingespart werden. "Wir werden die Kostenbasis über die nächsten 15 Monate nachhaltig um deutlich mehr als 1 Mrd EUR reduzieren", sagte der Vorstandsvorsitzende Ekkehard Schulz.

Neben den Kostensenkungen würden Maßnahmen zur Reduktion bzw Verschiebung von Investitionen durchgeführt und Portfolio-Optimierungen umgesetzt, hieß es weiter. So verschiebt sich etwa der Hochlauf des in Brasilien geplanten Stahlwerks auf das erste Halbjahr 2010. Das Edelstahlwerk in den USA steht zu großen Teilen auf dem Prüfstand.

Für das kommende Geschäftsjahr erwartet ThyssenKrupp wegen der eingeleiteten Restrukturierungsmaßnahmen und der Kostenreduzierung ein besseres Ergebnis. Der Konzern geht demnach angesichts der aktuellen Wirtschaftsprognosen von einer moderaten Stabilisierung beim Umsatz aus.

Auf dem Weltstahlmarkt zeichne sich zur Jahresmitte eine Stabilisierung auf sehr niedrigem Niveau ab, heißt es vom Unternehmen. Auch im Edelstahlbereich scheine die Talsohle durchschritten zu sein. Für 2010 werde von einer leichten Belebung der Nachfrage ausgegangen.

Robert Greil, Analyst bei Merck Finck & Co, ist skeptisch. Seiner Ansicht nach spricht der niedrige Auftragseingang für keine substanzielle Geschäftsbelebung in naher Zukunft.

Im DAX liegen ThyssenKrupp-Aktien am Freitag mit an der Spitze. Der Kurs steigt bis 13.37 Uhr um 3,7% auf 23,52 EUR. Der Leitindex selbst steigt nur moderat.

Webseite: www.thyssenkrupp.com -Von Martin Rapp, Dow Jones Newswires; +49 (0) 211 13 87 214; martin.rapp@dowjones.com DJG/mmr/bam Besuchen Sie auch unsere Webseite http://www.dowjones.de

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