Interview mit Euronics-Chef Benedict Kober

"Verkaufserfolge vor allem im Doppelpack: on- und offline"



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Euronics-Vorstandssprecher Benedict Kober erklärt, warum die Verbundgruppe stärker als die Wettbewerber EP und Expert vom negativen Branchentrend betroffen ist. Und welche Maßnahmen zur Trendwende beitragen sollen.
"Unser neues Konzept bietet allen Mitgliedern mehr Möglichkeiten für einen individuellen Multi-Channel-Auftritt." Benedict Kober ist seit 2009 Sprecher des Vorstands von Euronics.
"Unser neues Konzept bietet allen Mitgliedern mehr Möglichkeiten für einen individuellen Multi-Channel-Auftritt." Benedict Kober ist seit 2009 Sprecher des Vorstands von Euronics.
Foto: Euronics

Beim Euronics Kongress 2014 in Leipzig wurde den Besuchern ein Maßnahmenbündel präsentiert, das der Verbundgruppe den Trendwandel ermöglichen soll – dieser ist aber auch bitter nötig: Der Umsatzrückgang bei Euronics hält nun schon mehr als drei Jahre an. Von 1,85 Milliarden Euro Innenumsatz 2009/10 ist die Verbundgruppe auf 1,47 Milliarden Euro zurückgefallen – und damit hinter EP, die bisherige Nummer 3 unter den CE-Kooperationen. Im Gespräch mit ChannelPartner erläuterte Vorstandssprecher Benedict Kober die Details der neuen Aufholstrategie von Euronics.

Herr Kober, warum hat der Negativtrend Euronics stärker getroffen als die beiden Wettbewerber im Verbundgruppen-Umfeld?

Benedict Kober: Der deutsche Markt für Consumer Electronics insgesamt steht unter Druck. Sättigungseffekte und ein starker Preiskampf in nahezu allen Produktgruppen machen der Branche zu schaffen. Davon ist kein Wettbewerber ausgenommen. Als einzige Genossenschaft verfügt Euronics Deutschland über eine andere Unternehmensstruktur. In manchen Bereichen – beispielsweise beim Thema Unternehmensnachfolge – haben wir uns neu aufstellen müssen. Unsere Antworten auf den Strukturwandel in der CE-Branche waren richtig, greifen aber zum Teil erst mit Zeitversatz. Beispielsweise bei der Vermarktung von Smartphones und Tablets. Aktuell macht sich in der Umsatzbilanz zudem die Insolvenz von Loewe stark bemerkbar.

Welche Rolle spielen bei dem Umsatzrückgang der vergangenen Jahre strukturelle Verschiebungen weg vom Fachhandel hin zur Fläche und zum Online-Handel?

Kober: Selbstverständlich haben auch wir uns den strukturellen Verschiebungen nicht entziehen können. Mit einer neuen Ausrichtung unserer Multi-Channel-Strategie, neuen Wachstumsfeldern für den Fachhandel und neuen Schwerpunkten im Bereich Projektgeschäft sowie einer verbesserten Vermarktung von Dienstleistungen geben wir die richtigen Antworten und stellen uns Zukunftsorientiert auf.

Werden Sie mit den beim Euronics Kongress präsentierten Maßnahmen den Negativtrend im laufenden Geschäftsjahr umkehren können?

Kober: Wir sind optimistisch, dass wir im Jahr 2014 eine Trendwende erreichen können. Die Fußballweltmeisterschaft verspricht starke Impulse, nicht nur beim Kauf neuer TV-Geräte. Mit unserer WM-Kampagne bereiten wir dafür den Boden. Jetzt kommt es darauf an, dass sich der Euronics Fachhandel neue Wachstumsfelder erschließt. Unser Beitrag für eine nachhaltige Trendwende besteht zum einen darin, unsere Mitglieder zu ermutigen – und wenn nötig energisch anzuschieben – neue Wege bei der digital-lokalen Vermarktung zu gehen. Zum anderen vollziehen wir einen nachhaltigen Schritt hin zu einer neuen Sortiments- und Dienstleistungsbreite, die zwar am Kerngeschäft TV festhält, sich aber deutlich in neue profitable Wachstumsbereiche verlagern soll. Unsere Trend-Tour auf dem Euronics Kongress hat dem Fachhandel genau diese Bereiche anschaulich und leicht adaptierbar vorgeführt.

Service-Portal startet Anfang Mai

Vor einem Jahr hatten Sie angekündigt, in die Service-Vermarktung über das Internet einsteigen zu wollen. Wie sind Sie hier vorangekommen?

Kober: Der Start unseres Serviceportals ist für Anfang Mai geplant. Über diese Plattform haben Endverbraucher die Möglichkeit, Servicedienstleistungen bei Euronics-Mitgliedern zu buchen, auch wenn sie ihre Ware dort nicht gekauft haben.

Ihr Wettbewerber EP hat sein Service-Portal Plusanschluss.de bereits wieder geschlossen und auch darüber hinaus scheint beim Thema Dienstleistungsvermarktung eine gewisse Ernüchterung eingesetzt zu haben…

Kober: Wir schätzen die Situation im Grundsatz anders ein: Wir sehen nach wie vor großen Bedarf auf Endkundenseite was das Thema Dienstleistungen anbelangt. Wichtig ist dabei aber, dass der Zugang zum Endverbraucher über die Marke Euronics erfolgt und nicht über ein Drittportal.

Mit der Integration von Alphatecc und der Übernahme einer Reihe von ProMarkt-Standorten haben Sie in der letzten Zeit das Fachmarkt-Segment gestärkt. Wie wollen Sie es schaffen, die unter Druck geratenen Märkte wieder auf die Erfolgsspur zu bringen?

Kober: Mit Alphatecc stößt eine leistungsstarke Handelsgruppe mit insgesamt acht Standorten zur Genossenschaft. Auch von den übernommenen Pro Markt-Standorten sind wir absolut überzeugt. Die Herausforderungen im Markt der Consumer Electronics bleiben allerdings dieselben. Mit einer neuen Ausrichtung unserer Multi-Channel-Strategie, neuen Wachstumsfeldern für den Fachhandel und Schwerpunkten auf Projektgeschäften sowie einer verbesserten Vermarktung unserer Dienstleistungen geben wir die richtigen Antworten. Darüber hinaus profitieren die neuen Standorte von unserem bewährten Fachmarktkonzept und den Beschaffungsvorteilen bei Euronics. Das lässt uns optimistisch in die Zukunft blicken.

Multichannel-Ausbau soll zu mehr Umsatz führen

Unter den beim Euronics Kongress 2014 präsentierten Maßnahmen nimmt das Thema Multichannel einen Schwerpunkt ein.
Unter den beim Euronics Kongress 2014 präsentierten Maßnahmen nimmt das Thema Multichannel einen Schwerpunkt ein.

Bisher haben Sie betont, dass das Online-Geschäft für Euronics nur eine dem Handel zuführende Rolle haben soll. Beim Euronics Kongress haben Sie das Thema Multichannel nun stärker in den Mittelpunkt gerückt. Streben Sie künftig signifikante Online-Umsatzanteile an?

Kober: Ziel aller Kommunikationskanäle die wir mit unserem Multichannel-Retail-Konzept 2014 bedienen bleibt die konsequente Zuführung zum stationären Handel. Wir möchten jedem Händler aufzeigen, wie er seine Kunden über POS, Print, Online und Special Interest am besten adressiert. Ob dabei Mailings, stationäre Events, Facebook oder beispielsweise Social Media eingesetzt werden, ist den Teilnehmern selbst überlassen. Unser neues Konzept bietet daher allen Mitgliedern mehr Möglichkeiten für einen individuellen Multi-Channel-Auftritt – abgestimmt auf Größe, Leistungsfähigkeit und Ausrichtung der Betriebe. Ausgewählt werden kann aus drei Bausteinen: Von "Basic" für lokale Anlaufstationen ohne eigenen Onlineshop, über "Advanced" den Verkauf von Produkten auf dem Marktplatz www.euronics.de bis hin zu "Premium" und der Umsetzung eines eigenen Händlershops. Ziel ist es, Sortiment und Besucher auf einem echten Marktplatz zusammenzuführen und für Endverbraucher zum Beispiel durch die sofortige Anzeige von Preis und lokaler Verfügbarkeit noch attraktiver zu machen. Dies wird in der Konsequenz auch zu mehr Umsatz führen.

Mit dem abgestuften Teilnahmemodell kommt ihr Multichannel-Retail-Konzept den Bedürfnissen der Euronics-Mitglieder entgegen. Inwiefern sind Sie überzeugt, dass Sie mit diesem Ansatz aber auch den Nerv der Endkunden treffen?

Kober: Der Euronics Fachhandel bleibt nicht stehen. Unsere Mitglieder jeder Größe haben das Potenzial das neue Multi-Channel-Konzept erfolgreich mit Leben zu füllen. Immer mehr Verbraucher suchen schon jetzt Orientierung auf dem Portal www.euronics.de. Die Händlersuche wie auch die Produktsuche werden stark frequentiert. Das neue Konzept bietet eine noch bessere Möglichkeit lokale Stärken auszuspielen und ein deutlich erweitertes Sortimentsangebot abzubilden. Neben den marktrelevanten Produkten und Marken wird es auch spezialisierte Sortimente geben, die unter anderem in Verbindung mit Dienstleistungen wie Vernetzung, Installation, Service oder Reparatur in dieser Form nur bei Euronics erhältlich sein werden. Gute Voraussetzungen also, dass das neue Konzept greifen wird.

Welche Rolle spielt aus Ihrer Sicht das Online-Geschäft für die Zukunftssicherung des stationären Handels?

Kober: Der Verbraucher gibt die Richtung vor. Und wir arbeiten erfolgreich daran, dass wir den sich permanent verändernden Verhaltensweisen und Ansprüchen gerecht werden. Der stationäre Handel ist auf eine starke Vermarktung über alle Kanäle angewiesen. Verkaufserfolge gibt es künftig vor allem im Doppelpack: on- und offline.

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