Kundendatenmanagement und Digitalisierung

Vom Golden Customer Record zum Golden Customer Profile

Dr. Wolfgang Martin ist Experte auf den Gebieten Big Data, Business Intelligence, Performance Management, Analytics, Business Process Management, Information Management, Information Governance sowie Cloud Computing (SaaS, PaaS). Sein Spezialgebiet sind die Wechselwirkungen technologischer Innovation auf das Business und damit auf die Organisation, die Unternehmenskultur, die Businessarchitekturen und die Geschäftsprozesse.


Roland Pfeiffer ist Geschäftsführer und Gesellschafter der Uniserv GmbH. Er blickt auf über 30 Jahre Erfahrung in der Konzeption, Realisierung und dem Management von großen Softwareprojekten zurück. Dabei bildet der Bereich Customer Data Management  mit den Themen Data Quality, Data Integration und MDM einen besonderen Schwerpunkt.

Vorteile des Golden Customer Profiles

Ein Golden Customer Profile bietet bereits Vorteile im Performance Management. Kennzahlen, die Kunden-Charakteristika, Kundenverhalten und Kundenprofitabilität beschreiben und messen, können jederzeit einfach und schnell auch in den Fachabteilungen im Rahmen von Self-Service BI definiert und implementiert oder auch geändert oder ergänzt werden. So kann man den digitalen Kunden und seine manchmal sprunghaften Wesensänderungen und Verhaltensmuster besser verstehen und entsprechend smart und schnell agieren und reagieren. Über den direkten Zugriff auf Interaktions- und Transaktionsdaten bekommt man diese Kennzahlen auch in nahezu Echtzeit, was mit traditionellen Data Warehouse-Konzepten nicht machbar ist, aber heute eine wesentliche Voraussetzung für Kundenerlebnismanagement in der digitalen Welt ist.

Im Bankwesen, einer Branche, in der die Digitalisierung als überlebenswichtig gilt, gibt es aktuell viele Projekte, ein Golden Customer Profile aufzubauen. Als Beispiel sei hier die US-Bank Wells Fargo genannt. Charles Thomas ist dort Chief Data Officer (CDO). Zu seinen Aufgaben im Rahmen der Digitalisierung der Bank gehört es, eine solche gemeinsame Kunden-Identifikation aufzubauen. Das Problem sind verschiedene Definitionen eines Kunden - das ist nicht nur bei Wells Fargo so. Nun wird eine gemeinsame Sicht aufgebaut, indem man horizontal schaut und sich fragt: Wie kann man diese unterschiedlichen Kundendefinitionen so vereinheitlichen und zusammenfassen, damit man beispielsweise einen relevanten Dialog mit der richtigen Person in einem Haushalt führen kann? Warum werden mehrfach Mailings für ein Produktangebot an ein und denselben Haushalt geschickt? Nur weil nicht die geeignete Definition eines Kunden oder einer gemeinsamen Kunden-ID zur Verfügung steht?

Die Digitalisierung von Kundendatenmanagement ist also die Voraussetzung für die richtige Ansprache des digitalen Kunden. Sie ist aber auch aus aufsichtsrechtlichen Anforderungen notwendig. So löst die in Frankfurt ansässige DZ BANK (Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank) definierte Herausforderungen im Rahmen der Umsetzung der regulatorischen Vorgaben BCBS (Basel Committee for Banking Supervision) 239, Paragraph 33, indem eine Anwendung für das Matching von Geschäftspartnern implementiert und in das prozessuale und technische Umfeld der DZ BANK integriert wurde. In diesem Programm wird beispielsweise die Uniserv-Lösung Smart Customer MDM eingesetzt.

Weitere Vorteile ergeben sich wie schon angedeutet für Marketing- und analytische Applikationen wie Predictive Analytics. Bei Anwendungen wie Risikomanagement und Missbrauchsbekämpfung kommt es besonders im Finanzwesen auch auf Echtzeitdaten an. Hier schafft ein Golden Customer Profile die Basis.

Fazit

Eine konsequente Kundenorientierung schafft nachweislich Wettbewerbsvorteile. Im Zeitalter des digitalen Kunden wird heute die Digitalisierung aller Maßnahmen im Rahmen von Kundenorientierung notwendig. Das beginnt mit der Digitalisierung des Kundendatenmanagements. Die immer diskutierte und geforderte 360°-Kundensicht muss jetzt definitiv aufgebaut werden. Dazu dient der sogenannte Golden Customer Record.

Allerdings hat sich gezeigt, dass ein traditionelles Vorgehen hier zu sehr komplexen, damit langwierigen und ressourcenintensiven Projekten führt, die vielfach auch an den politischen Strukturen in traditionellen Unternehmen gescheitert sind. Eine insbesondere an die Anforderung von Digitalisierung - smart = einfach, intelligent und effizient - angepasste alternative Lösung bietet ein bimodaler Ansatz, der erlaubt sowohl agil als auch stabil, beziehungsweise traditionell zu implementieren. Das erlaubt eine konsequente Weiterentwicklung des Golden-Customer-Record-Ansatzes zu einem Golden Customer Profile. Hier werden Methoden und Technologien des Stamm- und Metadaten-Managements mit Datenvirtualisierung verknüpft.

Ein erster Vorteil dieses Ansatzes sind einfacher strukturierte, politisch entschärfte Projekte, die deutlich schneller umsetzbar sind, eine wichtige Eigenschaft von Digitalisierung. Weitere Vorteile bestehen in der Agilität der Lösung. Sie eignet sich beispielsweise als Basis für Self-Service-BI, um den Fachabteilungen zu ermöglichen, Kennzahlen zum Kundenverhalten agil zu ergänzen, zu ändern, zu verwerfen oder auch neu zu erfinden. Das Golden Customer Profile bietet zudem auch einen konsistenten, qualitätsgesicherten Zugriff auf Transaktions- und Bewegungsdaten in Nahe-Echtzeit. Das ist insbesondere wichtig für innovative Predictive-Analytics-Lösungen oder Marketinganwendungen, die man auf die jeweiligen virtuellen Datamarts aufsetzen kann, die von den Golden Customer Profiles gebildet werden. Mit den Golden Customer Profiles schafft man sich ein flexibles, agiles und smartes Kundendatenmanagement, oder mit anderen Worten: die Digitalisierung von Kundendatenmanagement. (bw)

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