Warum AMD ATI kaufen musste

24.07.2006
Am Montag platzte die Bombe. Schon lange ging das Gerücht durch die Branche, dass AMD den kanadischen Grafikchip-Hersteller ATI kaufen wollte. Jetzt ist es amtlich - AMD hat ATI gekauft. Die Hintergründe zu diesem Deal lesen Sie hier.

Von Hans-Jürgen Humbert

Erste Gerüchte um eine Übernahme von ATI durch AMD machten bereits auf den Computex-Partys die Runde. Beide Unternehmen widersprachen vehement und schmetterten jede Nachfrage mit dem obligatorischen Satz ab: "Gerüchte werden nicht kommentiert."

Nun ist die Katze aus dem Sack: Für umgerechnet 5,4 Milliarden Dollar übernimmt der CPU-Hersteller AMD die kanadische Grafikchip-Sschmiede ATI. ATIs Marktwert liegt bei geschätzten 4,2 Milliarden Dollar. Anleger dankten es, und die ATI-Aktien stiegen während des regulären Handels schon am Freitag um fünf Prozent. Nachbörslich konnten sie noch einmal um zehn Prozent zulegen.

AMD dagegen ging es schlechter - die Aktie fiel gleich um fast 16 Prozent. Laut Analysten habe dieser Kurseinbruch aber nichts mit den Übernahmeverhandlungen zu tun, sondern sei eine Folge der schwachen Quartalsergebnisse.

Mit dem Kauf von ATI gewinnt AMD eine wichtige Sparte in der Chipherstellung dazu. Die Rede ist von Chipsätzen. Bislang war AMD bei diesen für den Computer wichtigen Bausteinen immer auf Fremdanbieter angewiesen. Der Chipsatz hat die Aufgabe, die Verbindungen zwischen Prozessor und den übrigen Bausteinen auf dem Board herzustellen. Als AMD vor einigen Jahren die innovative Athlon-CPU vorstellte, dauerte es eine geraume Zeit, bis die ersten Systeme verfügbar waren. Das lag weniger daran, dass AMD nicht genügend Prozessoren liefern konnte. Vielmehr kam Nvidia mit der Fertigung der Chipsätze nicht voran.

Da Intel beide Komponenten, Chipsätze und Prozessoren, in Eigenregie fertigt, konnte der Chipgigant pünktlich zum Launch-Termin einer neuen CPU auch immer den dazu passenden Chipsatz präsentieren. Und das konnte AMD bis heute nicht. Doch mit dem Kauf von ATI kann AMD jetzt direkt beim Design der Chipsätze mitreden und schon im Vorfeld das reibungslose Zusammenspiel von Chipsatz und CPU garantieren.

Grafik für Business-PCs

Ebenfalls nicht uninteressiert dürfte AMD an der integrierten Grafik von ATI sein. Schließlich gilt AMDs Erzrivale Intel immer noch als größter Grafikchip-Hersteller der Welt, obwohl Intel keine eigenständigen Grafikchips mehr produziert - deren Funktionen sind in den Chipsätzen integriert. Office-Rechner benötigen keine aufwändigen Grafikprozessoren und lassen sich deshalb mit integrierter Grafik preiswerter produzieren.

Was ATI dazu sagt

Peter Edinger, Deutschland-Chef von ATI, sieht die Übernahme durch AMD durchweg positiv. "Durch den Zusammenschluss beider Unternehmen können wir neue Geschäftsbereiche angehen", erklärt der Manager. "Besonders im Multimedia-Bereich werden wir jetzt noch mehr Gas geben und neue Produkte auf den Markt bringen."

Weder die Roadmap von ATI noch die von AMD sei von der Übernahme betroffen, glaubt der Manager. Alle in der Roadmap angekündigten Chips werden weiter entwickelt und auch produziert.

Was die Übernahme intern und auch an personellen Konsequenzen nach sich ziehen wird, darüber wollte Edinger nichts sagen. Das wird erst in den nächsten 90 bis 120 Tagen spruchreif, so der Manager. Laut Aussage von Edinger soll der Brand ATI aber auf jeden fall erhalten bleiben.

Der größte Konkurrent von ATI, Nvidia, sieht sich nun als letzter verbliebener Grafikchiphersteller ebenfalls als Gewinner der Übernahme. "Wir können nun unsere Zusammenarbeit mit Intel intensivieren", erklärt Unternehmenssprecher Jens Neuschäfer. Trotzdem will Nvidia auch die Chipsätze für AMD-CPUs nicht vernachlässigen. "Auch diese Sparte werden wir weiter bedienen", so Neuschäfer.

Wie das Online-Magazin "The Inquire" berichtet, hat ATI das Lizenzabkommen mit Intel bezüglich der Crossfire-Technologie gekündigt. Damit hat Nvidia jetzt freie Bahn, seine SLI-Technik Intel anzubieten.

Zur Startseite