Systemhauskongress "Chancen 2017"

Was bedeutet die Digitale Transformation für ein mittelständisches Systemhaus?

Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.
Warum müssen Systemhäuser ihr Geschäft überhaupt verändern? Und: Welche Maßnahmen sind nötig, damit der Wandel gelingt? Das verriet Philip Semmelroth Geschäftsführer der C&S - Computer und Service GmbH, auf dem Systemhauskongress "Chancen 2017" Ende August 2016 in Düsseldorf. Im Interview gibt er eine Zusammenfassung seines Vortrages.

Herr Semmelroth, als Geschäftsführer eines erfolgreichen jungen Systemhauses - der C&S Computer & Service GmbH - sind Sie oft nur wenige Stunden im Büro. Und das Geschäft läuft trotzdem. Wie machen Sie das?

Philip Semmelroth: Ich befasse mich schon seit vielen Jahren mit dem Thema Führungskultur, also mit Fragen: Wie werden Mitarbeiter selbstbewusster, wie bringe ich Ruhe und Gelassenheit in meine eigene Arbeit als Geschäftsführer, um Zeit und Raum für strategische Themen zu schaffen - jenseits des Tagesgeschäfts. Als einen der Schlüsselfaktoren dafür betrachte ich das Leitbild "Führen durch Vorbild". Wie schaffe ich ein Klima, das Mitarbeiter selbstbewusster, entscheidungsfreudig und selbständiger arbeiten lässt? Dass sie sich vollständig mit ihren Aufgaben identifizieren? Man kann von seinen Mitarbeitern nichts erwarten, was man nicht selbst vorlebt. Man kann seine Firma nicht in eine bestimmte Richtung drehen, wenn man nicht zeigen kann, wie man dort hinkommt,

Die Art und Weise, wie wir als Systemhauschefs Mitarbeiter gewinnen, führen, weiterbilden und sie für Kunden und neue Aufgaben gewinnen, wird entscheidend sein für die Frage, ob wir die künftig die nötige Flexibilität entwickeln können, um die Digitale Transformation zu meistern.

Philip Semmelroth, Geschäftsführer von C&S Computer & Service
Philip Semmelroth, Geschäftsführer von C&S Computer & Service
Foto: acmeo

Wenn Sie das Idealbild eines zukünftigen Modells skizzieren könnten - wie sähe das aus?

Semmelroth: Wenn wir die Entwicklung am Markt betrachten, die sich schon heute abzeichnet, könnten wir uns vom traditionellen "Zeit-gegen-Geld-Modell" lösen - und uns damit von der Vergleichbarkeit auf Basis des Stundenpreises befreien. Konkret könnte das beispielsweise bedeuten: Mitarbeiter werden nach Wirkung bezahlt, nicht nach Arbeitszeit. Es gibt aber zahlreiche Voraussetzungen, die im Vorfeld erfüllt werden müssen: Exakt definierte, standardisierte interne Abläufe im Systemhaus, die auch sauber eingehalten werden, um einen höheren Grad an Automatisierung und damit auch Skalen- und Rationalisierungs-Effekte zu ermöglichen.

Eine weitere Voraussetzung ist die Standardisierung der IT beim Kunden - was wiederum eine gewisse Standardisierung des Systemhaus-Portfolios erfordert.

Wenn wir all diese Maßnahmen umsetzen, können wir künftig alle Leistungen pauschalisiert anbieten - auch im kleinen Mittelstand, können diese Pauschale für den Kunden attraktiv halten und gleichzeitig unsere Marge erhöhen. Das ist ein zentraler Aspekt der digitalen Transformation im Systemhausumfeld, der die Nutzung moderner Infrastrukturen im Systemhaus voraussetzt. Beispielsweise um zu ermitteln: Wie viel Telefonzeit benötigt ein Kunde tatsächlich von mir? Wie viele Rechnungen reklamiert er? Das sind Dinge, die mittelständische Systemhäuser heute oft gar nicht beziffern können.

Digitale Transformation - was bedeutet das für Sie als mittelständisches Systemhaus? Wie wird sich das Systemhausgeschäft in diesem Segment in fünf Jahren tatsächlich verändern?

Semmelroth: Im Gegensatz zu Enterprise-Endkunden, die das Thema Digitale Transformation mittlerweile auch sehr proaktiv angehen, ist die Situation bei mittelständischen Kunden eine andere: Mittelständische Endkunden interessieren sich kaum für ihre EDV - sie ist für sie eher ein lästiges, notwendiges Übel als ein spannender Innovationstreiber. Der Geschäftsführer möchte im Grunde keinen Server haben, aber er braucht ihn zwangsläufig für seine Geschäftsabläufe. Der Server an sich befriedigt kein Bedürfnis und erbringt für sich genommen keinen Nutzen.

Im Gegensatz zum iPhone, das für die meisten ein "Ich-will-Produkt" darstellt. Alles, was ein Unternehmens-Chef mit dem iPhone machen kann, könnte er auch mit einem Billig-Handy. Es ist eine menschliche Komponente.

Was bedeutet das in der mittelfristigen Perspektive für Sie als Systemhaus?

Semmelroth:Wenn es mir gelingt, dem mittelständischen Kunden gegenüber als Dienstleister aufzutreten, der sowohl die technische Kompetenz - also die Lösung -, als auch die menschliche Komponente erfüllt, so dass sich er sich wohlfühlt, dann entsteht daraus ein USP, den auch ein Mitbewerber nicht kopieren kann. Denn er kann die Lösung liefern, aber nicht dasselbe Personal.

Warum wird Ihrer Meinung nach das Personal in diesem Szenario immer wichtiger?

Semmelroth: Zum einen, weil gerade der Mittelstand immer auch sehr stark personenbezogen entscheidet. Zum anderen, weil wir als mittelständisches Systemhaus gegenüber den Großen, die meist mit sehr standardisierten Prozessen arbeiten, eine Stärke ins Feld führen können: Mitarbeiter, die sich nicht nur als Erfüllungsgehilfen verstehen, sondern die sich selbst als Lösungs- und Kompetenz-Center betrachten und dem Kunden gegenüber auch so auftreten können. Diesen Vorteil, dass wir als kleines Unternehmen sehr viel flexibler agieren können und nicht mehrstufige Hierarchie-Ebenen auflösen müssen - diese Stärke müssen wir ausspielen. Dann kann ein Techniker plötzlich auch vertrieblich aktiv werden, weil er nicht mit einem provisionsorientierten Vertriebs-Mitarbeiter konkurrieren muss.

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