Wildwuchs

Was das Problem mit iTunes ist

Thomas Joos ist freiberuflicher IT-Consultant und seit 20 Jahren in der IT tätig. Er schreibt praxisnahe Fachbücher und veröffentlicht in zahlreichen IT-Publikationen wie TecChannel.de und PC Welt.
Apples einst geniale Jukeboxsoftware für OS X ist über die Jahre zum Wildwuchs verkommen, gründliche Renovierung ist überfällig. Wo die Probleme liegen, wie Apple Abhilfe schaffen könnte.

iTunes ist ein Tool, das ziemlich polarisiert. Die einen finden die Software Klasse, um ihre Apple-Geräte zu verwalten, Musik zu synchronisieren und Apps herunterzuladen. Andere halten wiederum die Oberfläche für veraltet, überfrachtet – und zudem schlecht an Windows angepasst. Die Bedienung ist nicht überall konsistent, die Bedienung verschiedener Menüs unterscheidet sich teils erheblich.

iTunes kann man dazu verwenden, sein iPhone mit dem Rechner zu synchronisieren. Aber das ist nur eine der vielen Funktionen der Software. Hier die Windows-Version, auf dem Mac sieht iTunes aber auch nicht besser aus.
iTunes kann man dazu verwenden, sein iPhone mit dem Rechner zu synchronisieren. Aber das ist nur eine der vielen Funktionen der Software. Hier die Windows-Version, auf dem Mac sieht iTunes aber auch nicht besser aus.

Für viele Segen, für andere Fluch: Die iTunes-Oberfläche

iTunes lässt sich trotz der vielen seit seinem Start als Apple-Software im Jahr 2001 hinzugekommenen Funktionen immer noch gut bedienen, überfordert aber vor allem Windows-Anwender und Anfänger. Es gibt zahlreiche Menüs, mit Untermenüs, viele Schaltflächen und zahlreiche Funktionen, die sich an verschiedenen Stellen verstecken. Ein einheitliches Bedienkonzept fehlt, Anwender müssen mit allen Bereichen des Monitors arbeiten, und sich häufig durch verschiedene Menüs hangeln, bis sie die gewünschten Einstellungen finden. Viele Aufgaben, zum Beispiel die Synchronisierung von Fotos, die nicht einmal in iTunes gespeichert sind, erfordern exakte Bedienungen in mehreren Schritten, da sich sonst nicht durchführen lassen.

Erschwerend kommt hinzu, dass viele Einstellungen nur auf den Endgeräten vorgenommen werden können, zum Beispiel die Anbindung an iCloud, die Konfiguration zur Cloudanbindung sowie den Erwerb und die Verwaltung des verfügbaren Speichers . Das ist auch einer der Gründe, warum es immer mehr Anwender die verfügbaren Alternativen zu iTunes zu schätzen lernen. Diese Alternativen bieten zwar nicht den kompletten Funktionsumfang von iTunes, dafür aber genau die Funktionen, für die sie gebraucht werden.

Bei allen Kritikpunkten ist iTunes für den Betrieb eines Apple-Gerätes ein unerlässliches Werkzeug. Ohne die mitgelieferten Treiber, lassen sich iPhone, iPad und Co. kaum auf Windows-Rechnern verwalten. Auch auf dem Mac bietet sich iTunes als zentrale Schnittstelle für iOS-Geräte an. Zwar benötigen die seit iOS 5 (2011 erschienen) nicht mehr unbedingt die Kopplung via iTunes an einen zentralen Rechner. Doch insbesondere, wenn man mehrere iOS-Geräte sein Eigen nennt, erweise sich die Software als praktisch, um den Überblick zu behalten. Während aber Apple-Geräte auch ohne Rechner auskommen, ist iTunes unerlässlich, will man auf die zentrale Instanz Mac oder PC nicht verzichten.

iTunes-Mediathek sortieren und aufräumen

Apple entwickelt iTunes ständig weiter und passt vor allem die Windows-Version immer besser an das Microsoft-Betriebssystem an. Im vergangenen Sommer kam mit dem Streamingdienst Apple Music eine weitere Funktion hinzu, die in die Software integriert werden musste. Dies führte insbesondere durch eine Vielzahl neuer Dateiformate zu Verwirrungen.

Zu viele Funktionen in einer Software

Bei der Installation von iTunes auf Mac oder PC haben Anwender keine Wahl, welche Funktionen sie nutzen wollen. Will man etwa keine Wiedergabelisten verwenden und auf Apple Music verzichten, kann man den Zugriff darauf nicht ausblenden. Hier wäre es wünschenswert, wenn Apple zumindest etwas Auswahl und Anpassungsfähigkeit zur Verfügung stellen würde. Außerdem ist eine einheitliche Oberfläche für alle verschiedenen Funktionen längst überfällig. Diese sollte auch jeweils an die Bedienkonzepte von Mac und PC angepasst sein. Eine andere Möglichkeit freilich wäre es, iTunes in mehrere Programme zu unterschiedlichen Zwecken aufzuspalten, so wie es unter iOS auch der Fall ist. Vergangenes Jahr haben sich Designstudenten der Fachhochschule Potsdam sich dazu ausführlich Gedanken gemacht. Zum Beispiel würde Sinn ergeben, trennt Apple die Verwaltungs-Funktionen von iPhones und iPads sowie die Sicherungsfunktionen von den Multimedia-Funktionen der Software an. Apple Music und die Verwaltung der Mediathek sollten genauso gebündelt werden, wie die Verwaltung der Apps und die Konfiguration das iPhones. Außerdem würde der Oberfläche ein an OS X oder Windows 10 besser angepasstes Designkonzept nicht schaden. Auch die Optimierung hin zu einer berührungsempfindlichen Bedienung, und der Synchronisierung mit mehreren Macs wäre hilfreich. Das gilt auch für eine App-Version, in der sich Einstellungen auf dem Endgerät setzen, und mit dem Mac/PC synchronisieren lassen. Mit dem nächsten OS X, das im Herbst erscheinen dürfte, hätte Apple die Gelegenheit für einen derart radikalen Schnitt.

Elemente unterschiedlichster Anmutung

Zur Steuerung von iTunes gibt es auf der Oberfläche haufenweise Elemente. Überall verstecken sich Drop-down-Menüs, Registerkarten, verschiedene Menüs, Schaltflächen und Informationen. Anwender sind bei der Suche nach der notwendigen Option häufig überfordert. Geht es auch noch darum, Daten auf einen neuen Rechner zu übernehmen, bemühen sie häufig umfangreiche und strikte Anleitungen aus dem Internet, ohne die die Datenmigration fehlschlagen kann. Auch zahlreiche Einstellungen findet man nur, wenn man im Internet gezielt nach Tipps dafür sucht. Dieses Problem trifft aber vor allem Windows-Nutzer: Auf dem Mac lassen sich die Daten recht gut übernehmen, auf Windows-PCs ist die Datenmigration aber alles andere als benutzerfreundlich.

Dazu kommen dutzende Menüpunkte, von denen auf dem ersten Blick nicht ersichtlich wird, welche Aufgabe sie erfüllen. Auch die rechte Maustaste findet nicht überall Unterstützung. Hier sind vor allem die Optionen zur Autorisierung des Rechners für die Verwendung von Apple Music, iTunes Match oder andere Sicherheitsfunktionen problematisch, vor allem auf Windows-Rechnern.

iTunes Match einrichten

Eines der Hauptprobleme für iTunes: Die Software muss alle Arten von Apple-Endgeräten unterstützen. Es findet keine automatisierte Anpassung statt, welche Geräte der Anwender tatsächlich im Einsatz hat. Nicht jeder Anwender nutzt iPhone, iPad, iPod und Apple TV parallel, und wenn dann nicht alle Funktionen auf allen Geräten. Hier wären verschiedene Profile mit getrennten Einstellungen wünschenswert. Assistenten für die Einrichtung oder der Verwendung von bestimmten Funktionen fehlen völlig.

Cloud und Netzwerk nicht optimal integriert

Auch die Cloud-Funktionen, die Apple-Geräte mittlerweile bieten, sind in iTunes unzureichend oder überhaupt nicht unterstützt. Anwender müssen für die Verwaltung ständig zwischen den verschiedenen Oberflächen wechseln. Einige Einstellungen werden in iTunes vorgenommen, andere direkt auf dem Endgerät, wieder andere in iCloud. iCloud Drive lässt sich aus iTunes heraus kaum verwenden, zum Beispiel um die gespeicherten Daten einzusehen, die Synchronisierung zu steuern oder Synchronisierungseinstellungen von Kontakten, Notizen und anderen Bereichen zwischen iPhone/iPad und iCloud. Es wäre wünschenswert, wenn iTunes eine zentrale Schnittstelle zwischen allen Endgeräten, lokalen Daten und Apple-Clouddiensten wäre, aber ohne die Benutzer zu verwirren oder zu überfordern.

Auch andere Funktionen, die über iCloud zur Verfügung stehen, lassen sich in iTunes nicht nutzen. Umgekehrt lässt sich iTunes auch nicht mit iCloud synchronisieren. Zwar gibt es die iCloud-Mediathek, über diese können Sie aber nicht Ihre iTunes-Konfiguration, Geräte oder Daten synchronisieren. Dazu kommt, dass iCloud-Mediathek, lokale Bibliotheken und Apple Music nicht gerade optimal zusammenarbeiten.

Das heißt, Anwender müssen immer parallel mit Webdiensten und der lokal installierten iTunes-Version arbeiten, um alle Funktionen nutzen zu können.

Arbeiten Anwender auch noch mit verschiedenen Rechnern, zum Beispiel einem Desktop und einem Laptop, lassen sich die einzelnen Daten zwischen den iTunes-Installationen nicht replizieren, Mediathek sind von einem Rechner auf einen anderen nicht so übertragbar, dass man sie parallel nutzen kann. Außer man verwendet die iCloud-Mediathek, aber dann kann man ohnehin auf den Mac oder PC als zentrale Steuerung für iTunes verzichten. Allerdings treten in diesem Fall Probleme bei der Zusammenarbeit mit lokalen Bibliotheken auf.

Spezielles Problem unter Windows: Zwar bietet iTunes Synchronisierungsfunktionen mit Outlook, sobald Microsoft aber eine neue Version oder auch nur eine Aktualisierung veröffentlicht, funktioniert die Anbindung an iTunes nicht mehr oder nur fehlerhaft. Bis Apple mit einem Update nachzieht, müssen Anwender unter Umständen auf einige Funktionen verzichten - und sie irgendwann gar nicht mehr nutzen.

Mediaplayer nicht besonders intuitiv

Bei iTunes handelt es sich aber nicht nur um ein Verwaltungs-Programm für Apple-Geräte, sondern auch um einen Multimediaplayer. Dieser ist mittlerweile von der Bedienung her relativ kompliziert, überladen und etwas altmodisch geworden. Dazu kommt, dass der Player häufig schwerfällig reagiert, weil er einfach zu viele Funktionen integriert hat. Auch Abstürze gibt es häufig, abhängig von der eingesetzten iOS-Version oder der verwendeten Funktion. iTunes läuft auf Macs recht stabil, aber auch hier kann es zu Abstürzen kommen, wie zum Beispiel bei der Aktualisierung zu El Capitan. Auf Windows-Rechnern können neue Updates und Windows-Versionen ebenfalls zu Problemen bei der Verwendung von iTunes führen.

Durch den neuen Dienst Apple Music hat sich die Verwaltung der eigenen Mediathek nicht gerade vereinfacht. Apples Entwickler mussten die Funktionen des recht erfolgreich gestarteten Streamingangebots nachträglich in iTunes integrieren, obwohl bereits andere Bereiche der Software für das Abspielen von Multimedia-Dateien programmiert wurden.

Bei neuen iTunes-Versionen berichten auch viele Anwender von Problemen mit ihrer eigenen Mediathek (Lesen Sie auch: So vermeiden Sie Ärger mit Apple Music). Auch das Abspielen lokal gespeicherter Musik über WLAN auf anderen Geräten macht dadurch Probleme, vor allem unter Windows oder bei der Verwendung von Multimedia-Playern. Zwischen iTunes auf Macs und Bluetooth-Lautsprechern gibt es nur selten Reibereien, allerdings kann nach der Aktualisierung zu El Capitan ebenfalls das Streaming nur noch eingeschränkt funktionieren, wenn die iTunes-Version nicht aktuell ist. Viele Probleme, vor allem auf Windows-Rechnern, würden sich vermeiden lassen, wenn iTunes modularer aufgebaut wäre, und für das Streaming, beziehungsweise den Mediaplayer, eine eigene App zur Verfügung stehen würde ohne den restlichen iTunes-Ballast.

iTunes-Mediathek sortieren und aufräumen

Apple arbeitet jederzeit nach und verbessert und stabilisiert die Oberfläche, dennoch sind auch in Zukunft weitere Probleme zu erwarten, da die mittlerweile in die Tage gekommene Software mit neuen Maßstäben nicht mithalten kann.

Darum sind Alternativen häufig besser

Zwar muss auch für den Betrieb vieler Alternativen auf dem Rechner iTunes installiert sein, für Windows-Rechnern etwa bringt iTunes die benötigten Treiber für iPhone, iPad und iPod Touch mit. Software von Dritten ist aber vor allem dann beliebt, wenn es um die Verwaltung der Mediathek geht oder das Synchronisieren mit den Apple-Endgeräten. Die Alternativen bringen häufig modernere und leichter zu verstehende Bedienkonzepte mit. Meist, weil nur die jeweilige Funktion aktiviert ist, die der Anwender auch tatsächlich braucht. Dadurch lassen sich mit den Alternativen häufig auch Probleme beheben, bei denen iTunes nur ungern weiter hilft, zum Beispiel das Wiederherstellen einzelner Titel oder ganzer Mediatheken. Dieser Ärger lässt sich mit Aktivierung der iCloud-Mediathek weitgehend vermeiden, dennoch zeigt, dass ein modularer Aufbau oft besser ist. Aber nicht jeder will auf die iCloud-Mediathek umsteigen, vor allem dann nicht, wenn umfangreiche iTunes-Mediatheken im Einsatz sind.

Umstieg von Android zu iPhone/iPad

Anwender, die von Android-Geräten zu einem iPhone/iPad umsteigen, empfinden iTunes häufig als eine sehr große Hürde. Vor allem wenn es darum geht, Bilder, Musik und andere Dateien über iTunes mit dem eigenen Gerät zu synchronisieren, sind viele Schritte und Einstellungen notwendig. Für Einsteiger ist iTunes also eher weniger geeignet, um die Vorteile der Apple-Welt kennen zu lernen. Vor allem die Verwaltung von Fotos ist in iTunes sehr unglücklich gelöst. Anstatt die vorhandenen Ordner zu verwenden, will das Programm ständig eigene Ordner anlegen, in denen wiederum Daten kopiert und synchronisiert werden. Wer sich an die Apple-spezifische Speicherung der Fotos hält, hat keine Probleme, Windows-Rechner sind da schon problematischer.

Daher ist es für Anwender sehr wichtig, eine strikte Reihenfolge bei der Übertragung zu beachten, da ansonsten Einstellungen verloren gehen, oder die Synchronisierung nicht optimal durchgeführt wird. So lassen sich zum Beispiel Fotos, die über iTunes mit dem iPhone synchronisiert werden, auch nur über iTunes dort löschen - immer vorausgesetzt, dass nicht die iCloud-Fotomediathek aktiviert ist, für die man aber in der Regel zusätzlichen Webspeicher bei Apple mieten muss. Das ist natürlich nur eines von vielen Beispielen für die Probleme in iTunes. Der Software fehlen einfach verschiedene Assistenten, die Neukunden an die Hand nehmen und sie intuitiv durch die notwendigen Schritte führen.

iTunes kann viel, ist aber mittlerweile in die Tage gekommen und etwas schwerfällig
iTunes kann viel, ist aber mittlerweile in die Tage gekommen und etwas schwerfällig

Fazit

iTunes ist ein durchaus brauchbares Programm, man muss sich aber in die Bedienung der Software einarbeiten. Es bleiben kaum Wünsche offen, wenn es darum geht, die eigenen Daten mit den Apple-Endgeräten zu verwalten. Allerdings ist die erste Einrichtung ein mühsamer Weg, und man merkt schnell, dass iTunes ein mittlerweile sehr betagtes Programm ist.

Muss iTunes auf einem Windows-Rechner neu installiert werden, lassen sich leider nicht so einfach Daten übernehmen – der Mac ist wesentlich handzahmer. Natürlich gibt es viele Anleitungen im Internet, die bei der Umstellung helfen, generell wäre es aber wünschenswert, wenn Apple Möglichkeiten bieten würde, um iTunes und dessen Einstellungen von einem Rechner auf einen anderen Rechner zu übertragen. Auch die Anbindung an die iCloud ist hier längst überfällig, sowie die Synchronisierung von Einstellungen. Natürlich lassen sich Playlists synchronisieren, hier wäre aber auch wünschenswert, wenn Einstellungen von iCloud sowie die angebundenen Geräte mit der Cloud synchronisierbar wären. Interessant wäre auch ein eigener iTunes-Bereich in iCloud, über den sich Einstellungen für iTunes vorgeben, und mit lokalen iTunes-Installationen synchronisieren lassen würden. Eine Verbindung zwischen iTunes und iCloud ist längst überfällig.

Apple räumt ständig die Oberfläche von iTunes auf. Vor allem die Seitenleiste und die verschiedenen Registerkarten und Menüpunkte werden ständig überarbeitet. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Entwickler selbst nicht mit der Oberfläche so richtig zufrieden sind. Apple-Anwender werden auch in Zukunft nicht auf iTunes verzichten können, wenn sie zusätzlich noch Desktops oder Laptops mit OS X oder Windows im Einsatz haben.

(Macwelt/ad)

Zur Startseite