Was ist wirklich dran an Web 2.0?

31.08.2006
Von Willi Schroll und Andreas Neef

Seit 2004, als die erste Web 2.0-Konferenz stattfand, hat sich Einiges getan. Die Konturen jenes neuen Web treten klarer hervor, Schlüsseltrends, Funktionsprinzipien und Geschäftsmodelle lassen sich erkennen. Wir lassen das Gestrüpp aus unverständlichem Technik-Slang auf der einen und "prophetischem Marketing" auf der anderen Seite hinter uns und beleuchten das unbekannte Wesen Web 2.0 aus drei Perspektiven: aus der Technologie-, der User- und der Business-Sicht.

Die Vernetzung zweiter Ordnung

Offensichtlich grenzt das Web 2.0 sich selbstbewusst gegen das "alte" Web 1.0 ab und erhebt den Anspruch, dieses zu beerben. Hier lohnt es, kurz innezuhalten und sich zu vergegenwärtigen, worin das "alte Web" besteht. Die Situation "vor dem Web" war zunächst diese: Jahrzehntelang war das Internet ein Verbund vernetzter Server, das lediglich als weltweites Forschungsnetz genutzt wurde - von Forschern, für Forscher.

Gleichzeitig existierten bereits so genannte Hypertext-Syteme als lokale Anwendungen. Tim Berners-Lee zündete Anfang der 90er Jahre am Genfer CERN den Big Bang des Web 1.0, indem er beide Welten kurzschloss. Er baute den ersten Browser und entwickelte die HTML-Syntax mit dem Hyperlink-Prinzip, wobei mit Links jedes beliebige HTMLDokument auf jedem beliebigen Server weltweit aufgerufen werden kann. Seitdem surft der User durch das "worldwide" Web. Das "Web 1.0" ist demnach ursprünglich eine Gesamtheit von Milliarden statischer Webseiten, die via Hyperlinks angesteuert werden.

Während Berners-Lee als "Gutenberg des Web" berühmt wurde und das Web 1.0 eine Basisinnovation ersten Ranges darstellt, finden wir beim Web 2.0 weder einen Urvater noch eine zentrale Innovation. Es handelt sich vielmehr um eine Vielzahl von Beiträgen und Verbesserungen. Die neuen offenen Webtechnologien und Standards (AJAX, XML, RSS etc.) erzeugen im Zusammenspiel einen neuen Möglichkeitsraum für die Programmierung und damit neue Formen und Qualitäten der Informationsbereitstellung.

Überdies wird mittels sogenannter Mashups die beschleunigte Programmierung von Websites möglich, die die Datenströme aus verschiedenen Quellen kombinieren. So kann etwa der gigantische Geo-Datenbestand von Google oder der Warenbestand von Amazon für die eigene Website "im Handumdrehen" nutzbar gemacht werden, alles kann mit allem vernetzt werden - dank offener Webtechnologien in kurzer Zeit.

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