Erste Business-Apps für die Apple Watch

Was taugt die Smartwatch fürs Business?

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Mit der Apple Watch will das Unternehmen seine Abhängigkeit vom iPhone überwinden und sich einen neuen Markt öffnen. Doch ein Selbstläufer wird das wohl nicht. Viel hängt davon ab, ob es gelingt, attraktive Apps für das Gerät an den Start zu bringen. Einige Business-Apps sind schon fertig.

Der Erfolg der Apple Watch wird maßgeblich davon abhängen, ob es gelingt, Entwickler für das Schreiben von Smartwatch-Apps zu begeistern. Tatsächlich konnte Apple-Chef Tim Cook anlässlich der Präsentation der smarten Datenuhr bereits erste Anwendungen vorstellen, die zum Marktstart im April im Store erhältlich sein sollen. Dazu zählen Apps für Web-Dienste wie Ebay, Instagram, Twitter und die Musikerkennung Shazam, Productivity-Tools wie "Evernote", Orientierungshilfen wie "Citymapper" und "TripAdvisor", aber auch Consumer-Apps wie die Fitness-Tracker "Runtastic" und "Nike+ Running", den "Sky Guide" für Infos über Sterne oder die Rezeptsammlung "Green Kitchen".

Business-Apps gibt es auch schon, wenn auch in Grenzen. Zu den Pionieren zählt der CRM-Spezialist Salesforce.com. Der amerikanische Anbieter hat "Salesforce for Apple Watch" vorgestellt, das aus drei Hauptkomponenten besteht. Mit der "Salesforce Analytics Cloud for Apple Watch" sollen Anwender quasi am Handgelenk Daten in der Analytics Cloud von Salesforce.com auswerten können. Die Daten ließen sich einfach zusammenstellen und nach unterschiedlichen Anforderungen anzeigen, verspricht der weltgrößte SaaS-Anbieter. Darüber hinaus könnten sich die Nutzer auf der Datenuhr relevante Dashboards und Reports zusammenstellen.

Die "Salesforce1 Mobile App" soll Anwender wie Sales- und Servicemitarbeiter sowie Marketing-Experten in Echtzeit mit Nachrichten versorgen und ihnen so Zugang zu allen Informationen verschaffen, die sie für ihr Business benötigen. Dazu gehören beispielsweise Updates oder Nachrichten aus der Community, Informationen zu Marketing-Kampagnen oder Alerts zu Kundenbeschwerden. Zu guter Letzt gibt es ein "Salesforce Wear Developer Pack for Apple Watch". Damit könnten Entwickler für die Apple Watch Enterprise Apps schreiben, die direkt mit der Salesforce1-Plattform verbunden sind.

Apple will das Feld von hinten aufrollen

Apple selbst hat mit "Xcode 6.2" die jüngste Version seiner Entwicklungsumgebung vorgestellt, die bereits seit November 2014 getestet wurde und nun offiziell die Entwicklung von Anwendungen für die Apple Watch unterstützt. Dafür wurde die eigens entwickelte API "WatchKit" in Xcode integriert. Allerdings benötigt eine Apple-Watch-App immer noch eine iOS-Anwendung auf einem iPhone als Partner. Native Apps für Apples Datenuhr sollen erst später in diesem Jahr herauskommen.

Nach einigen Verzögerungen wird es die seit Langem erwartete Apple Watch nun ab dem 24. April in Deutschland zu Preisen ab 400 Euro zu kaufen geben. Apple genießt zwar größte Aufmerksamkeit in diesem Markt, ist aber ein Nachzügler. Wettbewerber aus dem Android-Lager wie Samsung haben schon seit Längerem vergleichbare Produkte im Programm. Auch das Startup Pebble, das auf der Finanzierungsplattform Kickstarter bereits den Rekordbetrag von 15 Millionen Dollar eingesammelt hat, war früher dran. Für den Apple-Chef ist das kein Problem: Man wolle unvergessliche Produkte mit besonders einfacher Handhabung machen und müsse nicht immer unbedingt der Erste sein, sagte Cook und pries die Vielseitigkeit und die Individualisierungsmöglichkeiten des jüngsten Apple-Device.

Bei der Bedienung setzt die Watch im Vergleich zu Modellen mit Android Wear nicht nur auf den Touchscreen, sondern verwendet eine sogenannte digitale Krone. Mit dem dreh- und drückbaren Knopf lässt sich navigieren oder zoomen. Die Taste unter der Krone bietet einen direkten Zugriff auf die Kontakte, mit denen man am meisten zu tun hat. Die Watch stellt Miniaturen der Kontaktbilder dar. Ein Tipp auf eine Person erlaubt eine schnelle Kontaktaufnahme durch Anrufen oder Senden einer Nachricht. Zusätzlich reagiert die Watch auf Bewegungsgesten: Trifft eine neue Nachricht ein, so genügt das Heben des Handgelenks zum Lesen; beim Senken des Arms wird die Nachricht wieder ausgeblendet.

Mit "Force Touch" hat Apple eine Technik entwickelt, die leichtes Antippen von stärkerem Drücken unterscheiden kann. Und die "Taptic Engine" dient dazu, den Träger durch ein leichtes haptisches Signal zusammen mit einem einstellbaren Ton auf Benachrichtigungen und andere Ereignisse hinzuweisen. Die Touch-Bedienung erfolgt mit einem Finger. Telefonanrufe können direkt über die Uhr mit ihrem integrierten Lautsprecher und Mikrofon geführt werden. Will man einen Anruf nicht annehmen, so genügt bei der Watch das Auflegen der Hand für eine Stummschaltung. Für Kritik sorgte die kurze Akkulaufzeit, die Apple mit 18 Stunden bei "typischer Nutzung" bezifferte.

Analysten rechnen mit guten Erfolgsaussichten für die Apple Watch. Laut Forrester Research ist es jeder fünfte Europäer leid, ständig das Smartphone aus der Tasche ziehen zu müssen. Und der Gedanke, alles mit einem Wearable am Handgelenk erledigen zu können, fasziniere immerhin schon ein Drittel der Befragten. Die Analysten gehen von zehn Millionen verkauften Apple-Watches bis Ende 2015 aus. Forrester-Mann James McQuivey glaubt gar, dass die Uhr den Markt regelrecht beflügeln werde. Sein Kollege Van Baker von Gartner ist vorsichtiger. Zwar dürfte Apple innerhalb kurzer Zeit einige Millionen Devices verkaufen können. Die entscheidende Phase komme jedoch in zwei oder drei Quartalen, wenn sich die Fans eingedeckt hätten. Dann werde sich zeigen, ob Apple über seine Stammklientel hinaus einen neuen großen Markt erschließen könne.

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