Rechtliche Fallstricke beachten

Weihnachtsgeschenke des Chefs



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Die Adventszeit ist auch die Zeit der betrieblichen Weihnachtsfeiern. Sie werden häufig als ein Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung für die Leistung der Arbeitnehmer durchgeführt.

Die Realität sieht in den Firmen oft nicht rosig aus: Nicht immer verläuft der Jahresausklang harmonisch, denn, so der Bremer Fachanwalt für Arbeitsrecht und Gewerblichen Rechtsschutz Klaus-Dieter Franzen, Landesregionalleiter "Bremen" des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V., was gilt z.B., wenn ein Arbeitnehmer nicht an der Feier teilnehmen möchte oder der Arbeitgeber nicht alle Arbeitnehmer mit einem Geschenk beschert?

Kein Recht auf eine Weihnachtsfeier

Der Arbeitgeber ist regelmäßig nicht verpflichtet, eine Weihnachtsfeier durchzuführen. Ausnahmen können sich aus einer etwaig abgeschlossenen Betriebsvereinbarung oder aus betrieblicher Übung ergeben.

Wenn der Arbeitgeber auf der Weihnachtsfeier Geschenke an die Belegschaft verteilt, kann dies unter Umständen Ansprüche für die Folgejahre begründen.
Wenn der Arbeitgeber auf der Weihnachtsfeier Geschenke an die Belegschaft verteilt, kann dies unter Umständen Ansprüche für die Folgejahre begründen.
Foto: Jeanette Dietl - fotolia.com

Wird aber eine Weihnachtsfeier veranstaltet, hat in der Regel jeder Arbeitnehmer auch das Recht daran teilzunehmen. Anders sieht es nur aus, wenn etwa ein Notdienst betrieben werden muss. Dann ist der Arbeitgeber im Rahmen der Ausübung seines Direktionsrechtes berechtigt, einzelnen Arbeitnehmern die Weisung zu erteilen, diesen Dienst auszuüben, statt zur Weihnachtsfeier zu kommen.

Wird ein Arbeitnehmer willkürlich von der Teilnahme ausgeschlossen und liegt ein Diskriminierungsmerkmal (wie etwa Schwangerschaft oder Religion) vor, kann eine Diskriminierung vorliegen. Der Arbeitnehmer kann in einem solchen Fall einen Entschädigungsanspruch in Höhe bis zu drei Monatsgehältern geltend machen.

Andererseits aber kann der Arbeitnehmer nicht zur Teilnahme an der Weihnachtsfeier gezwungen werden. Mögen die Motive für die Feier noch so nachvollziehbar sein: Die Weihnachtsfeier steht regelmäßig nicht in einem engen Zusammenhang mit der Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung. Deshalb kann der Arbeitnehmer frei wählen. Eine Teilnahmeverpflichtung würde sein Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit verletzen.

Vergütungspflicht

Nimmt der Arbeitnehmer an der Weihnachtsfeier teil, stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber die Zeit der Feier als Arbeitszeit zu vergüten. Sofern die Feier wie häufig in der betriebsüblichen Arbeitszeit stattfindet, stellt der Arbeitgeber regelmäßig die Arbeitnehmer für die Dauer der Weihnachtsfeier unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitspflicht frei. Der Arbeitnehmer erhält also seine Vergütung, ohne arbeiten zu müssen.

Hieraus leitet sich jedoch für Arbeitnehmer kein Anspruch auf Freistellung für Feste anderer Religionsrichtungen (z.B. für das Zuckerfest des Islam) oder gar auf Durchführung entsprechender Betriebsfeiern ab.

Nimmt der Arbeitnehmer jedoch nicht an der Weihnachtsfeier teil, muss er stattdessen zur Arbeit kommen und seine Arbeitsleistung erbringen. Denn die Freistellung von der Arbeitspflicht umfasst ausschließlich die Arbeitnehmer, die auch tatsächlich an der Weihnachtsfeier teilnehmen. Kann der nichtteilnehmende Arbeitnehmer aber seine Arbeitsleistung nicht ohne die Kollegen erbringen, die an der Weihnachtsfeier teilnehmen, muss der Arbeitgeber z.B. durch Umstellungen sicherstellen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich doch arbeiten kann oder andernfalls auch dem nichtteilnehmenden Arbeitnehmer die Vergütung zahlen.

Wird die Weihnachtsfeier außerhalb der üblichen Arbeitszeit veranstaltet, kann der Arbeitnehmer keine Vergütungsfortzahlung beanspruchen, es sei denn, er hat mit dem Arbeitgeber eine Vereinbarung darüber getroffen, dass für die Teilnahme ein besonderer Freizeitausgleich gewährt wird.

Geschenke

Nicht selten verteilt der Arbeitgeber auf der Weihnachtsfeier Geschenke an die Arbeitnehmer. Darin ist beileibe nichts Schlechtes zu sehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann aber ein bestimmtes Verhalten des Arbeitgebers vertragliche Ansprüche auf eine Leistung in der Zukunft begründen. Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen durfte, ihm werde die Leistung nicht nur einmalig, sondern auch künftig gewährt. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber die Leistung in drei aufeinander folgenden Jahren vorbehaltlos und in gleich bleibender Höhe gewährt hat.

Arbeitgeber können sich davor schützen, indem sie arbeitsvertraglich eine doppelte Schriftformklausel (z.B. "Vertragsänderungen bedürfen der Schriftform. Das gilt auch für ein Absehen von der Schriftform.").vereinbaren. Allerdings muss diese Klausel um eine Regelung ergänzt werden, die mündlichen Individualabreden ausdrücklich Vorrang einräumt.

Zulässig ist es nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichtes Köln (vom 18. Oktober 2013, Az.: 3 Ca 1819/13), Geschenke nur an die auf der Weihnachtsfeier anwesenden Arbeitnehmer zu verteilen. Die sachliche Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung ergibt sich nach Ansicht der rheinländischen Richter aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber das Ziel verfolgt habe, die Betriebsfeiern attraktiver zu gestalten und die Arbeitnehmer zur Teilnahme zu motivieren.

Mitbestimmung

Der Betriebsrat kann nicht mitbestimmen, ob und wie eine Weihnachtsfeier stattfindet. Die Betriebsparteien können jedoch eine freiwillige Betriebsvereinbarung treffen.

Der Arbeitgeber darf auch frei darüber entscheiden, ob er an die Arbeitnehmer Geschenke verteilen will. Entscheidet er sich jedoch dafür, muss er sich mit dem Betriebsrat darüber einigen, wie das konkret geschehen soll (BAG, NZA 1992, 702).

Unfallversicherungsschutz

Unter bestimmten Voraussetzungen steht die Weihnachtsfeier auch unter Versicherungsschutz.

Wesentlich für die Anerkennung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung ist, dass alle Arbeitnehmer daran teilnehmen können bzw. sollen. Eine Pflicht zur Teilnahme muss nicht bestehen, es reicht aus, dass allen Arbeitnehmern die Teilnahme gestattet ist. Eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung kann aber auch dann vorliegen, wenn nur relativ wenige Betriebsangehörige daran teilnehmen. Versicherungsschutz bejaht hat das Bundessozialgericht daher u.a. bei der Teilnahme von 800 von 3020 Arbeitnehmern und von 70 bis 75 Beschäftigten bei einer Gesamtbelegschaft von 200 Arbeitnehmern, während bei einer Teilnahme von nur 3 bis 15 Personen bei 150 Beschäftigten der Versicherungsschutz versagt wurde.

Der Versicherungsschutz erstreckt sich auf die betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung und den Weg zur und von der Veranstaltung, und zwar auch dann, wenn zumindest ein maßvoller Alkoholgenuss mit im Spiel ist. Darüber hinaus werden auch vorbereitende Tätigkeiten von dem Schutz erfasst, die mit der Veranstaltung in einem engen Zusammenhang stehen.

Franzen empfiehlt, dies zu beachten und bei Fragen zum Arbeitsrecht Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de) verweist.

Weitere Informationen und Kontakt: Klaus-Dieter Franzen, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und VdAA-Landesregionalleiter "Bremen", c/o Engel und Partner, Schwachhauser Heerstr. 25, 28211 Bremen, Tel.: 0421 2007331, E-Mail: franzen@dasgesetz.de, Internet: www.dasgesetz.de

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