Wenn der Robinson mit dem Freitag

07.08.2006
Ein Blick auf das "Business Competence Team" (BCT) zeigt: Es lohnt sich, wenn regionale Fachhändler kooperieren. Man muss es nur richtig angehen.

Von Alexander Roth

Kennen Sie das "Robinson-Freitag"-Prinzip aus der Wirtschaftslehre? Robinson und Freitag können beide sowohl fischen als auch Kokosnüsse ernten, Freitag als Einheimischer erzielt aber in beiden Disziplinen eine höhere Ausbeute. Dennoch ist es lohnend für Freitag, sich mit dem in beiden Dingen langsameren Robinson zusammenzutun, wenn sich das Spezialgebiet beider unterscheidet, etwa wenn Freitag besser fischt und Robinson für sein Verhältnis erfolgreicher Kokosnüsse sammelt. Im Fall der Kooperation sollte sich dann jeder für sein Tagwerk nur noch auf das beschränken, was er jeweils am besten kann. Am Abend werden dann mehr Fische und Kokosnüsse im Korb liegen, als wenn jeder beides gesammelt hätte.

Ein Schnellflug von der Insel in den Freisinger Raum: Die dort ansässige Fachhandelskooperation "Business Competence Team" ist ein praktischer Beweis dafür, dass diese Gleichung aufgehen kann.

Noch bis vor einem Jahr belieferten und berieten hier sechs kleinere, lokale IT-Dienstleister ihre Kunden unabhängig voneinander - jeder mit seinem eigenen Spezialgebiet, vom Drucker, über VoIP-Telefonie bis zur ERP-Software. Wie bei Fachhändlern Usus, bedienten die Unternehmen auf Anfrage manchmal auch über das eigene Kerngeschäft hinaus, fischten also nebenbei oder ernteten eben Kokosnüsse. Immer wieder stießen die Unternehmen bei umfangreichen Projekten aufeinander und machten so gegenseitig auf sich aufmerksam.

Sechs Dienstleister kooperieren

Die Initiative zur Kooperation kam im Juli 2005 von Martin Steyer, Geschäftsführer des Druckspezialisten Printvision GmbH: "Ich dachte mir: Jetzt sind wir immer wieder an Projekten gemeinsam beteiligt, warum schließen wir uns nicht einfach zusammen und profitieren vom gemeinsamen Netzwerk?" Ein einfaches Konzept, das von den fünf weiteren Unternehmen, bei denen Steyer anfragte, auf offene Ohren stieß. Mit dabei: Die Fischer GmbH, spezialisiert auf Netzwerke, sowie die beiden TK-Dienstleister Teleconsulting und Telenova, die Hartmann GmbH, Anbieter von Dokumenten-Management-Lösungen, und schließlich die Büroidee GmbH, Spezialist für Büroeinrichtung und EDV-Möbel.

"Nach mehreren abendfüllenden Sitzungen", wie Erwin Fischer vom gleichnamigen Unternehmen berichtet, "haben wir uns auf einen Namen und auf ein Konzept geeinigt." Das lautet wie folgt: Alle Mitglieder bleiben eigenständig, betreiben unter dem Dach des BCT Werbung mit Flyern und Veranstaltungen. Bei Projekten verweist man aufeinander. Auch eine einheitliche Kalkulation sowie einen gemeinsamen Beleg bietet die Gruppe auf Kundenwunsch an.

Diese Rechnung ging auf: In einem Jahr hat jedes BCT-Mitglied etwa zehn zusätzliche Aufträge über die Kooperation erhalten. Zudem gab es sogar drei Projekte, an dem sich alle sechs Dienstleister beteiligten. "Unser aller Sortiment überschneidet sich kaum, es ergänzt sich", beschreibt Fischer das Erfolgsrezept. Hilfreich sei auch, dass sich alle privat gut miteinander verstünden. Das zeige sich auch auf den Treffen aller Initiatoren, die einmal pro Monat stattfinden.

Besuch der Kundenveranstaltung

Die Probe aufs Exempel hat ComputerPartner gemacht und die erste gemeinsame Endkundenveranstaltung des BCT, die am 21. Juli 2006 stattfand, in Hallbergmoos besucht. Der persönliche Kontakt ist den Mitgliedern wichtig, das wurde schnell klar: Jeder der zirka 100 angereisten Gäste, vorwiegend bestehende und potenzielle Endkunden, wurde von mindestens einem der Geschäftsführer eigenhändig begrüßt und herumgeführt.

Zwar hätte sich die BCT eine höhere Beteiligung gewünscht (eingeladen waren etwa doppelt so viele), diejenigen jedoch, die sich einfanden, hatten offensichtlich tiefer gehendes Interesse an Projekten. Alle sechs Geschäftsführer waren immer wieder in Kundengespräche vertieft, beispielweise mit den EDV-Verantwortlichen einer lokalen Schule und einem Erlebnisbad. Dabei verwiesen sie auch auf die Lösungen ihrer BCT-Partner. Sehr zur Freude von Reinhardt Hartmann, der beim BCT für die DMS-Systeme zuständig ist: "Wenn ich einer mir geschäftlich noch nicht verbundenen Firma ein Angebot mache, geht dieses oft in der Werbemenge unter. Werde ich aber über die BCT empfohlen, wird mein Sortiment mit ganz anderen Augen betrachtet."

Dass die Hartmann GmbH als Unternehmen deutlich kleiner ist als beispielweise der EDV-Spezialist Fischer und damit im Verhältnis auch weniger Gegenwerbung betreiben kann, ist innerhalb des Business Competence Teams kein Problem. Genau wie es das Robinson-Freitag-Prinzip beschreibt.

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