Was den Markt erwartet

Wer gewinnt mit De-Mail?



Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.

Der Bürgerservice soll besser werden

Die entscheidenden Impulsgeber für De-Mail im Unternehmensbereich könnten die Behörden und Ämter sein, die ihre Prozesse und Sendungsabläufe vereinfachen, beschleunigen und Kosten sparen wollen. Städte wie Köln, Bonn oder Düsseldorf sind bereits dabei, ihre IT-Infrastruktur, deren Steuerung häufig in privatwirtschaftlicher Hand liegt und durch regionale Rechenzentrumsbetreiber erfolgt, entsprechend aufzustellen. "Wir sehen De-Mail positiv, weil es Rationalisierungspotenzial birgt und den Bürgerservice verbessert", blickt Erko Grömig, Referent für E-Government-Anwendungen beim Deutschen Städtetag (DST), voraus.

Der kommunale Spitzenverband, der die Interessen von rund 3400 Städten und Gemeinden vertritt, hofft, dass mit der für das kommende Jahr geplanten Neufassung des E-Government-Gesetzes auch die letzten Hürden für De-Mail genommen werden. Die so genannte "Schriftformerfordernis" soll dahingehend abgeändert werden, dass De-Mail und nPA-Signatur (neuer Personalausweis) der eigenhändigen Unterschrift gleichgesetzt sind. Anschließend können sämtliche Bürgerservices von der Beantragung von Hundesteuer, Reisepass, Personalausweis und polizeilichem Führungszeugnis bis hin zur Anmeldung eines Gewerbes oder eines neuen Wohnsitzes komplett per De-Mail erledigt werden.

Wichtig sei allerdings, so Erko Grömig, dass die Bürger mitmachten und die Angebote nutzten: "Hier ist noch viel Werbung nötig - wir hoffen, dass da auch seitens des Bundes etwas passiert", fordert der DST-Referent im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE. Ein guter Weg könne sein, Kosteneinsparungen durch De-Mail umgehend an diejenigen Bürger weiterzugeben, die das neue Medium nutzten. Wer also beispielsweise einen Pass oder Ausweis auf elektronischem Wege beantragt, darf auf geringere Gebühren hoffen. Ein Blick in andere Branchen zeigt, dass solche finanziellen Anreize funktionieren. Heuten schon stellen Banken ihren Kunden Kontoauszüge per E-Mail zu, Telefongesellschaften verschicken digitale Rechnungen. In beiden Fällen wird für die postalische Zusendung eine Zusatzgebühr verlangt.

Behörden als Antreiber

Die Umstellung der öffentlichen Hand auf De-Mail hat laut Oetjen auch für die Privatwirtschaft unmittelbare Folgen: Sobald der Großteil der Bundes- und Landesbehörden den Wechsel vollzogen hätten, sei es nur noch eine Frage der Zeit, bis die großen Unternehmen in der Korrespondenz mit der öffentlichen Hand nachzögen. Auf die Frage nach dem ersten Einsatzbereich von De-Mail in der Privatwirtschaft hat er eine klare Antwort: Die Gehaltsabrechnung sei prädestiniert für das Projekt. Der Grund ist die pure Notwendigkeit, allen Mitarbeitern einmal monatlich den Gehaltszettel per Post zuschicken zu müssen. De-Mail könnte sowohl den zeitlichen als auch den finanziellen Aufwand verringern.

Pablo Mentzinis, Bitkom: "Die Mutter aller De-Mail-Angebote ist die Kommunikation mit den Versicherungen."
Pablo Mentzinis, Bitkom: "Die Mutter aller De-Mail-Angebote ist die Kommunikation mit den Versicherungen."
Foto: Bitkom

Pablo Mentzinis, beim IT-Branchenverband Bitkom zuständig für den Public Sector, sieht weitere Einsatzszenarien: "Die Mutter aller De-Mail-Angebote ist die Kommunikation mit den Versicherungen." Schließlich könne sich kaum ein Versicherter, sei es ein Unternehmen oder eine Privatperson, alle Zugangsdaten für die diversen Web-Portale merken, auf denen Stammdaten und Verträge eingesehen oder Änderungsformulare abgerufen werden könnten. Hier schaffe De-Mail - genau wie der nPA - Abhilfe, indem die entsprechende Korrespondenz nicht mehr über das Portal, sondern über eine E-Mail stattfinde, erklärt Mentzinis. Da verwundert es nicht, dass der Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV) von Anfang an das De-Mail-Thema innerhalb des Bitkom vorangetrieben hat.

Axel Wehling, GDV: "Unsere Mitglieder integrieren De-Mail derzeit in ihre Prozesse und machen das neue Kommunikationsmittel bei ihren Kunden bekannt."
Axel Wehling, GDV: "Unsere Mitglieder integrieren De-Mail derzeit in ihre Prozesse und machen das neue Kommunikationsmittel bei ihren Kunden bekannt."
Foto: GDV

So setzte der GDV im Rahmen einer sechsmonatigen Pilotierungsphase von Oktober 2009 an in Friedrichshafen am Bodensee De-Mail bei Vertragsabschlüssen oder zur Anpassung des Versicherungsschutzes ein. Betroffen waren also Geschäftsabläufen, bei denen es um die sichere Übermittlung elektronischer Versicherungsdokumente wie Antragskopien, Versicherungsbestätigungen, Rechnungen ging. "Die Kunden hatten während des Pilotprojektes auch die Möglichkeit, sich auf dem De-Mail-Weg von ihrem Versicherer ihre individuelle Rentenlücke berechnen und zusenden zu lassen", berichtet Axel Wehling, Mitglied der GDV-Hauptgeschäftsführung. Ob der Zukunftstauglichkeit von De-Mail macht sich Frank Wermeyer, De-Mail-Geschäftsverantwortlicher bei der Deutschen Telekom, dementsprechend keine Sorgen: "Im Laufe der Jahre werden sich noch Hunderte weiterer Anwendungsfälle ergeben", gibt er sich überzeugt.

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