Was den Markt erwartet

Wer gewinnt mit De-Mail?



Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.

Wie groß ist der De-Mail-Kuchen?

Über die Zukunft des alternativen "E-Postbriefs" muss sich dagegen wohl der Rivale Deutsche Post sorgen. Denn dass De-Mail und der lediglich mit einem TÜV-Siegel ausgestattete E-Postbrief nicht nebeneinander werden existieren können, steht für Oetjen außer Frage: "Ich muss kein Wahrsager mehr sein, um zu sagen, dass der E-Postbrief seinem Ende entgegen geht", so der 1&1-Vorstand im COMPUTERWOCHE-Gespräch. Mit der vor knapp zwei Monaten erfolgten Ankündigung, ein eigenes De-Mail-Produkt anbieten zu wollen, habe sich die Post das selbst eingestanden. Marktmacht allein reiche nicht mehr aus, wenn es um die Einführung neuer Produkte und Services gehe, sagt Oetjen. Sie kann aber durchaus förderlich sein, wenn es um die Positionierung als De-Mail-Provider geht. Schließlich hilft den vier großen Anbietern die Menge ihrer Bestandskunden, die nun auch als De-Mail-Nutzer ins Boot geholt werden sollen. Zudem haben Telekom/T-Systems, United Internet, Mentana-Claimsoft und die Post die finanziellen Mittel, eine eigene De-Mail-Infrastruktur aufzubauen.

Steffen Heyde teilt Mentzinis' Meinung nicht.
Steffen Heyde teilt Mentzinis' Meinung nicht.
Foto: Secunet

Dennoch ist der Markt nach Meinung von Bitkom-Mann Mentzinis bereits jetzt zu groß: "Selbst vier Anbieter sind schon eine Menge; der Markt wird sich nach einer gewissen Anlaufzeit deshalb schnell wieder ausdünnen und auf vielleicht zwei Anbieter konzentrieren." Steffen Heyde, Portfolio Manager beim IT-Sicherheitsdienstleister Secunet, der die Entwicklung des De-Mail-Standards von Anfang an begleitet hat, hält dagegen: "Ich glaube nicht, dass sich der Markt auf wenige Player konzentriert, es wird eher einen harten Preis-Leistungskampf der Anbieter im Unternehmensumfeld geben, so wie es auch bei den Telefonanbietern der Fall ist."

Was nützt es den Bürgern?

Dass werbetechnisch besonders im Privatkundenbereich noch viel zu tun ist, sehen auch Teile des Münchner Kreises so, einer gemeinnützigen internationalen Vereinigung für Kommunikationsforschung, der einige einflussreiche Vertreter aus Politik und Wirtschaft angehören. "Die Vorteile von De-Mail sind dem Bürger auf der Straße kaum vermittelbar", war am Rande seiner Fachkonferenz "Sicherheit im Internet" Ende März in München von vielen Teilnehmern zu hören, die sich in einem Workshop mit dem Thema "Sichere Identitäten im Web" beschäftigten.

Das Einsparpotenzial und die verbesserten Geschäftsabläufe, die De-Mail für Unternehmen wertvoll machen, sind für Privatanwender weniger wichtig - gerade, was den außerbehördlichen Schriftverkehr angeht. Das sehen auch die De-Mail-Befürworter so, zumindest einige. "Schauen Sie sich doch an, wie viele Briefe Sie im Jahr noch schreiben, die eine Unterschrift erfordern - bei mir sind es vielleicht noch zwei bis drei", sagt Heyde. Den Weg in die Privathaushalte könnte De-Mail allenfalls über die Unternehmen finden, die ein besonderes Interesse daran haben, die Kommunikation mit ihren Kunden digital und rechtsverbindlich zu betreiben. "Gerade da, wo Zeit ein wichtiger Faktor ist und Geschäftsabschlüsse - auch mit Privatkunden - zeitnah getroffen werden müssen, ist De-Mail für die Unternehmen sinnvoll", betont Heyde. Dass die Kunden unter einen zeitlichen Druck geraten und ihre Entscheidungsgewalt eingeschränkt werden könnten, befürchtet er nicht. Wichtigen Briefverkehr am Wochenende erledigen und die Antwortzeiten verkürzen zu können, sei doch eher ein Vorteil.

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