Mobbing am Arbeitsplatz

Wie aus Chaos-Truppen Leistungsteams werden

Michael Sudahl lebt in Stuttgart und arbeitet in Schorndorf. Der gelernte Banker und Journalist beschäftigt sich seit 20 Jahren mit den Themen Personal, Karriere und IT. Daneben berät er Firmen in internen und externen Kommunikationsfragen, erstellt Kundenmagazine, schreibt Fachartikel und moderiert Prozesse rund um die Felder Unternehmensstrategie, öffentliche Wahrnehmung und Unternehmenskultur. Darüber hinaus hat er eine mehrjährige Ausbildung zum Körpertherapeuten (Cranio) abgeschlossen und ist inzwischen ebenfalls als Coach und Trainer tätig. 
Erfolgreiche Teams bestehen aus starken, unterschiedlichen Charakteren. Doch gerade diese Stärke bringt oft Zwist mit sich und die Gruppendynamik zeigt ihre hässliche Seite: Einer wird ausgegrenzt oder zum Buhmann.

Albert Preidel (Name von der Redaktion geändert) blüht auf, wenn Genauigkeit gefragt ist und er sich strukturiert einen Plan zurecht legen kann. Und freut sich im Stillen, wenn dieser funktioniert. Als Informatiker bei einem großen Hardwarehersteller war er bei seiner Arbeit bisher ganz in seinem Element. Doch mit einer Beförderung kam er plötzlich in Verlegenheit, wenn schnellere Entscheidungen gefordert waren, als der Mittdreißiger sie gewohnt war zu treffen.

Nicht nur extrovertierte Persönlichkeiten eignen sich für Führungspositionen. Gerade im mittleren Management zählt vor allem das Fachliche.
Nicht nur extrovertierte Persönlichkeiten eignen sich für Führungspositionen. Gerade im mittleren Management zählt vor allem das Fachliche.
Foto: apops - Fotolia.com

"Die anderen Gruppenleiter der Abteilung schauten bald auf mich herab und bezeichneten mich hinter meinem Rücken als Schwächling", berichtet der Techniker. Das bemerkte allerdings nicht nur er, sondern ebenso seine Kollegen in der Gruppe, die er leitet. Der Mann überlegte sich mehrfach, zu kündigen.

Schönerweise reagierte sein Chef rechtzeitig mit klärenden Gesprächen und vor allem mit einer passenden Weiterbildung für Preidel: "Es gibt recht simple Methoden, damit so hirnlastige und introvertierte Menschen wie ich nicht in Panik oder Starre verfallen müssen, wenn es um Führungssituationen geht", sagt Preidel. Mittlerweile machten die ihm sogar Freude, denn er sei dann ein wichtiger Teil der Gruppe. Und neben der Aufmerksamkeit auch Anerkennung zu bekommen, ist angenehm. Beispielsweise habe er gelernt, erst einmal tief zu atmen. Und falls das nicht hilft, der Gruppe die Fragen zu stellen, die er für sich selbst beantworten muss, um sicher genug für die Entscheidung zu sein. Nur eben nicht mehr im Stillen, sondern gemeinsam.

Die verschiedenen Persönlichkeiten im Team

"Man braucht immer einen dominanten Typus in der Gruppe, der bringt die Ergebnisse. Der Menschenorientierte sorgt für den Zusammenhalt und die gute Stimmung, der Stetige für das Durchhaltevermögen und der Gewissenhafte überprüft die Ideen auf Schwachstellen", sagt Personalexperte und Bestsellerautor Jörg Knoblauch.

Doch nicht nur extrovertierte Persönlichkeiten eignen sich für Führungspositionen. Gerade im mittleren Management zählt vor allem das Fachliche. Zu oft sind die Inhalte aus einem zweitägigen Seminar für bessere Führungsfähigkeiten in der Stresssituation vergessen. Deshalb nützen Menschen wie Preidel direkt vor einer Konferenz passende E-Learning-Instrumente wie prägnante Kurskapitel mit Checklisten und ein entsprechendes zwei- bis fünfminütiges Kurzvideo.

Durch Checkliste und Video wiederholt der Gruppenleiter dann kurz, welche Schritte er durchgehen will und bekommt ein motivierendes Beispiel, wie er am besten zum Punkt kommt und die Entscheidung herbeiführt. "Kurse zur Persönlichkeitsentwicklung sind stark nachgefragt", sagt Stefan Janssen, Europa-Chef des E-Learninganbieters Skillsoft. Mehr als 40 Themengebiete zu in Summe je einer Stunde umfasse deshalb das Trainingsspektrum "Leadership Advantage". Hier lernen Führungskräfte, wie sie Erwartungen und die Spielregeln für das Team kommunizieren oder Zielvereinbarungen und Meetings so gestalten, dass sie für das Klären aller Konflikte sorgen und so den "Flurfunk" ablösen.

Es kommt auf die Art der Kommunikation an

Je unterschiedlicher die Teammitglieder einer Belegschaft, desto größer ist zwar der Output. Desto schwieriger wird jedoch die Kommunikation, weil man sich mehr aufeinander einstellen muss. "In unserem Betrieb fruchteten Anweisungen bei einem Mitarbeiter nicht", erzählt der Geschäftsführer einer Elektrotechnik-Firma in Bayern. Selbst wenn der Meister dem Mann die Aufgabe drei, vier Mal erklärte, wurden die Ergebnisse nicht besser.

"Irgendwann bekamen wir durch Regressforderungen der Kunden echte finanzielle Probleme", sagt der Firmeninhaber, der anonym bleiben will. Beim Teamcoaching kam heraus, dass der Chef seine Kommunikation umstellen musste. Er hatte seinen Mitarbeiter sprachlich überfordert. Heute achtet er darauf, in eindeutigen Beispielen zu erläutern und Anweisungen mit konkreten Handlungsaufforderungen zu untermauern.

Der 50-Jährige will nun zu den Vorgesetzten gehören, die wie in Preidels Fall frühzeitig auf Mobbing reagieren und Konflikte vermeiden. Deshalb bildet er sich sukzessiv weiter: Beinahe täglich um fünf Uhr geht er kurze, animierte Kurse mit Tests zum Thema "Konflikte bewältigen" oder "Konfliktlösungsstrategien" am PC durch.

Und um starke Persönlichkeiten im Betrieb zu halten, hat der Chef gelernt, seinen Leuten noch mehr auf Augenhöhe zu begegnen: "Ich frage mein Gegenüber erst, ob er jetzt meine Meinung hören will", gibt der Bayer ein Beispiel. Das stetige Lernen und veränderte Verhalten zahle sich aus. Die Arbeitsatmosphäre habe sich deutlich gebessert.

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