Der Kunde im Mittelpunkt

Wie "Customer Centricity" den E-Commerce verändert

Nico Rehmann ist seit 1997 in der Digitalbranche tätig und Experte für digitale Kommunikation. Als Berater hilft er Unternehmen bei der digitalen Transformation. Er ist CEO und Partner der Digitalagentur asioso GmbH. Zudem ist er Gründer des Content Management Instituts.

3. Erlebnis anstatt Produkt

Die Unternehmen sollten ihre Kunden verstärkt auf einer emotionalen Ebene ansprechen. Diese möchten heute nämlich keine Produkte mehr kaufen, sondern Erlebnisse. Präsentieren die Unternehmen in ihren Online-Shops oder am Point of Sale aber lediglich die funktionalen Eigenschaften ihrer Angebote, können sie diesen Wunsch nicht erfüllen.

Eine optimale "Customer Experience" setzt die Verschmelzung der Produktdaten mit zielgruppengerechtem Content und ihre Einbettung in einen passenden Kontext voraus. Technisch realisieren lässt sich dies - bis hin zum "Customer Engagement" - durch eine Integration der Commerce-Plattform, wo die Unternehmen in aller Regel strukturierte Produktdaten vorhalten, mit dem Content-Management-System, auf dem sich die Kampagnen und redaktionellen Inhalte zum Bewerben der Angebote finden. Damit können Unternehmen die Produktdaten gezielt und durchgängig mit individuellen Texten, Bildern oder Videos anreichern und so ganzheitliche Kundenerlebnisse schaffen. Es entstehen nahtlose Marken- und Themenwelten, in denen Käufer die Produkte besser und persönlicher kanalübergreifend "erleben" können.

4. Neue Organisationsformen sind gefragt

Noch einmal: Unternehmen sollten den Kunden in den Mittelpunkt all ihrer Geschäftstätigkeiten stellen, wenn sie im "Age of the Customer" bestehen wollen. Dazu zählen auch die internen Prozesse. Sie sollten - Erfolgsfaktor Nummer vier - nicht von eigenen Strukturen, Abteilungsdenken oder Abläufen, sondern ebenfalls von den Erwartungen der Kunden bestimmt sein. Diese möchten heute keinen einzigen Gedanken mehr darauf verschwenden müssen, an welche Abteilung sie ihr Anliegen richten, und sehen es auch nicht mehr ein, einem Vertriebsmitarbeiter noch einmal genau dasselbe zu erklären, was sie bereits bei ihrem Anruf im Call Center ausführlich erläutert haben.
Deshalb sind neue Organisationsformen gefragt, die sämtliche Aspekte der Kundenorientierung aus den klassischen Abteilungen wie Marketing, Vertrieb oder E-Commerce zusammenziehen und beispielsweise im Customer Relationship Management vereinen.

Zur Anpassung der internen Prozesse gehört es auch, die Kunden dort agieren zu lassen, wo sie möchten - und sie nicht zu zwingen, dort zu handeln, wo es dem Unternehmen am liebsten ist. Kaufen oder reservieren sie im Internet ein Produkt, möchten sie es vielleicht in einer Filiale abholen oder umtauschen. Um ihnen das zu ermöglichen, und um den Kunden in der Filiale ergänzend zur Online-Bestellung individuell zu beraten, muss aber jederzeit bekannt sein, was im Internet bereits passiert ist, und umgekehrt.


Unternehmen, die ihre Online- und Offline-Kanäle nicht nahtlos integrieren, verschenken Cross- und Up-Selling-Potenziale und werden deshalb bereits in naher Zukunft Schwierigkeiten bekommen. Dasselbe Schicksal blüht auch Händlern, die dem Wunsch der Kunden nicht entsprechen, ein online bestelltes Produkt so schnell wie möglich zu liefern. Aus diesem Grund implementieren immer mehr Unternehmen Kommissionier- und Logistikprozesse für eine "Same Day Delivery" - und das sogar im Lebensmittelhandel, wo eine durchgängige Kühlkette für Frischware gewährleistet sein muss.

Unternehmen stehen durch das "Age of the Customer" und die digitale Transformation also vor großen Herausforderungen. Sie sollten ihre Systeme rechtzeitig, konsequent und durchgängig auf die geänderten Erwartungen der Kunden umstellen. (bw)

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