Damit die Verhandlungen nicht scheitern

Wie Sie in die Nach-Pokerface-Phase gelangen

Michael Sudahl lebt in Stuttgart und arbeitet in Schorndorf. Der gelernte Banker und Journalist beschäftigt sich seit 20 Jahren mit den Themen Personal, Karriere und IT. Daneben berät er Firmen in internen und externen Kommunikationsfragen, erstellt Kundenmagazine, schreibt Fachartikel und moderiert Prozesse rund um die Felder Unternehmensstrategie, öffentliche Wahrnehmung und Unternehmenskultur. Darüber hinaus hat er eine mehrjährige Ausbildung zum Körpertherapeuten (Cranio) abgeschlossen und ist inzwischen ebenfalls als Coach und Trainer tätig. 
Oft geraten Verhandlungen ins Stocken, weil es um mehr geht als den Preis. Wie Sie diese Situation knacken können, zeigt ein Beispiel.

Sie sitzen sich wie beim Poker gegenüber. Der eine wartet, dass der andere einen Fehler macht, um dann zuzuschlagen.

Wir sind nicht am Spieltisch in Las Vegas, sondern in einem schnöden Konferenzraum eines Lasertechnikspezialisten in Süddeutschland. Es geht um die Erneuerung der Firmen-Laptop. 500 Geräte will IT-Leiter Harald S. bestellen. Ihm gegenüber kauert der Firmenkundenbetreuer eines Systemhauses.

Wenn sich in Verhandlungen keiner der Beteiligten mehr bewegt, kann jeder Schritt in die falsche Richtung die Verhandlung zum Scheitern bringen. Es ist wie beim Poker: Mit einer falschen Entscheidung kann man auch ein gutes Blatt verlieren.
Wenn sich in Verhandlungen keiner der Beteiligten mehr bewegt, kann jeder Schritt in die falsche Richtung die Verhandlung zum Scheitern bringen. Es ist wie beim Poker: Mit einer falschen Entscheidung kann man auch ein gutes Blatt verlieren.
Foto: Africa Studio/Fotolia

Mehr als 500.000 Euro Auftragsvolumen stehen im Raum. Für S. sind das immer noch zwölf Prozent über dem, was er sich vorgestellt hat. Er will es nicht bezahlen. Allerdings lockt ihn die Sonderedition. Da hätte er bei seinen Kollegen einen Stein im Brett. Mit den billigeren Schwestermodellen braucht S. aber nicht zu kommen. Wer wertige Produkte verkauft, muss auch solche Notebooks benutzen, argumentieren die Außendienstler – sonst passe das Image des Maschinenbauers nicht zum Markenversprechen, das dieser seinen Kunden gibt.

Systemhausmann Wolfgang P. hingegen ist unruhig. Hat er doch schon ein knallhart kalkuliertes Angebot geschrieben. Die Marge ist extrem dünn. Nur wenn der Maschinenbauer auch die Support-Leistungen bei ihm bucht, lohnt sich das Geschäft auf lange Sicht. Alle Preisargumente sind ausgetauscht. Mit entsprechenden Vergleichsangeboten einer anderen Marke hat sein Gegenüber auch schon gedroht. Die sind in Summe knapp zwölf Prozent günstiger als P.s angebotenen Geräte.

Die Situation ist starr. Ein Patt. Keiner der beiden Verhandlungspartner bewegt sich mehr. Denn jeder Schritt in die falsche Richtung kann das Gespräch zum Scheitern bringen. Was tun?

Die Seite wechseln – zumindest in Gedanken

Nach der Theorie ist spätestens jetzt der Zeitpunkt gekommen, die Sachebene zu verlassen. Um keinen Fehler zu begehen, empfehlen Experten. sich in die Situation des Gegenübers zu versetzen. Also gedanklich diese Fragen zu beantworten:

  • Was sind seine Ziele?

  • Wo würde ich an seiner Stelle nachgeben?

  • Was kann ich ihm anbieten, damit er intern sein Gesicht nicht verliert?

  • Wie hoch ist das Risiko, das er gerade eingeht – persönlich und für die Firma?

  • Wie kann ich ihm helfen, sein "Problem" zu lösen – unabhängig vom Geschäftsausgang?

Experten nennen das "die Seite wechseln" und raten, sich bildlich vorzustellen, am Platz des anderen zu sitzen. Um dann herauszufiltern wo noch Verhandlungsspielraum ist. Hilfreich können dann Sätze wie diese sein:

  • Herr S., wenn das angebotene Ausstattungspaket nicht passt, was muss sich ändern, damit es für Sie passt?

  • Herr P., das Angebot ist mir zu teuer, was können wir tun, damit Sie es intern verantworten können, es günstiger zu machen?

Meist sind solche Schlüsselsätze die Türöffner. Sind diese Brücken gebaut, können die Aspekte auf den Tisch kommen, an die bislang nicht gedacht wurde oder die wie ein Ass im Ärmel zurückgehalten wurden. Nun können die Verhandlungspartner über Zusatzkomponenten sprechen, die den Kauf aufwerten (zusätzliche Software) oder den Prozess beschleunigen (Rahmenvertrag). (tö)

Kunden werden zu selten Alternativen angeboten. Viele Verkäufer geben zu schnell zu hohe Rabatte. Oft werden Kunden zum Vertragsabschluss gedrängt. Häufig kommt dann noch hinzu, dass die im Vorfeld erfolgt Bedarfsanalyse Lücken aufweist. Um das zu umgehen, sollten Verhandler "W"-Fragen stellen:
Was für ein Gerät haben Sie um Auge?
Wann genau wollen Sie es anschaffen?
Wer wird das Modell denn nutzen?
Wie viel wollen Sie pro Gerät ausgeben?
Mit welchem Wettbewerbsmodell vergleichen Sie uns?
Diese Fakten zu sammeln, ist die Grundlage für ein weiterführendes Verhandlungsgespräch. Denn: Stellt sich heraus, dass der Kunde die Anschaffung erst in einem halben Jahr plant, muss das Gespräch anders verlaufen, als wenn der Kauf sofort geplant ist. Wenn Sie diese W-Fragen stellen, stricken Sie sich einen individuellen Leitfaden für das Kundengespräch. Was Ihnen letztlich Sicherheit liefert. So, dass Sie sich auf dem emotionalen Terrain des Kunden sympathisch bewegen und damit die Klaviatur Ihrer Gesprächsführung weiter ausbauen können.

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