Wie man sich davor schützen kann

Zahlungsausfälle in Online-Shops

Kilian Thalhammer ist Vice President Product bei Wirecard. Er verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung im Bereich Payment/ FinTech/ eCommerce & Loyalty. Außerdem hilft er als Business Angel jungen Unternehmen sich im Markt zu etablieren und zu wachsen. Parallel dazu fungiert er als Mentor und Berater für größere Accelerator-Programme und Business Networks.

Viele neu gegründete Online-Shops kämpfen mit massiven Zahlungsausfällen. Der Webshop-Betreiber kennt ja seine Kunden noch nicht. Hier kann ein Scoring wertvolle Hilfestellung leisten.

Neue Online-Shops haben mit vielen Herausforderungen zu kämpfen, um am Markt bestehen zu können: Wie präsentieren sie ihre Produkte im Netz? Wie gut ist die Sichtbarkeit des Shops wiederum im Google-Ranking? Und nicht zu unterschätzen sind die Anforderungen der jeweiligen Zielgruppe an den Online-Shop. Die Hürden, die Shop-Betreiber zu überwinden haben, damit ein User letztlich wirklich ein Produkt in den Warenkorb legt, sind also zahlreich.

Doch auch mit dem Produkt im Warenkorb ist eine Konversion noch lange nicht garantiert, denn selbst an diesem Punkt kann der Kauf noch in letzter Sekunde abgebrochen werden - wenn beispielsweise nicht die richtige Bezahlart angeboten wird. Denn was viele Shopbetreiber nicht beachten: Konversion endet nicht zwingend mit dem Klick auf den Button, sondern erst beim tatsächlichen Geld auf dem Konto. Somit stehen Startups und kleine Unternehmen immer vor einem Dilemma: entweder eine möglichst große Auswahl an Zahlarten - und damit gegebenenfalls bessere Konversion - oder Sicherheit - was wiederum eine geringere Bandbreite an Zahloptionen im Paymentangebot des Händlers bedeutet.

Was des Kunden am meisten bevorzugte Bezahlart ist, kann sich für den Händler schnell zum Albtraum entwickeln. Bietet ein Online-Händler nämlich die laut E-Commerce-Leitfaden der Gruppe ibi research beliebteste Zahlungsart "Kauf auf Rechnung" kann, kann er vermutlich einen Kaufabbruch verhindern, doch besteht die Möglichkeit, dass sich dann auch gern mal die Zahlungsabwicklung in die Länge zieht. Für kleinere Online-Händler ist es mitunter essenziell, dass ein Kunde sofort bzw. im Voraus zahlt. Tritt die Zahlung im Falle einer Rechungszahlung nur mit Verzögerung ein oder zahlt der Kunde erst nach langwierigen Mahnverfahren, erhöhen sich die zudem Kosten für den Online-Händler um ein Vielfaches.

Um Zahlungsausfälle zu minimieren ist ein ausführliches Scoring - also ein Scoring aufgrund interner und externer Daten - eine gute Option für Online-Händler. Für Startups ist es besonders wichtig, einen Minimalwarenkorbwert zu bestimmen, bis zu dem sie kein Scoring zu Rate ziehen und bereit sind, das Zahlausfallrisiko zu übernehmen. Aber auch ein Scoring-Mechanismus kann mit einem gewissen kriminellen Potential ausgehebelt werden.

Kleine und mittlere Online-Shops zunehmend im Visier krimineller Akteure

Für Online-Shops ist daher die Prävention und Bekämpfung von betrügerischen Handlungen in den letzten Jahren zu einer immer wichtigeren Herausforderung geworden. Neben den materiellen Schäden aus betrügerischen Handlungen drohen den Webshops ganz besonders auch Reputationsverluste, wenn Kunden aus Angst vor dem Missbrauch persönlicher Daten nicht mehr wiederkehren oder Nachrichten über kriminelle Vorfälle in sozialen Netzwerken die Runde machen. Online-Shop-Betreiber stehen daher vor der großen Aufgabe, ihre Maßnahmen zur Betrugsprävention und Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität zu überdenken und neu zu organisieren.

Einfallstore für die organisierte Kriminalität gibt es auch in der virtuellen Welt zahlreiche: Gelegenheit bedeutet meist das Fehlen oder die Ineffektivität von Kontrollen, was einem Täter überhaupt erst die Möglichkeit zur Begehung krimineller Handlungen eröffnet. Betrüger hingegen wissen all das und konzentrieren sich deshalb zunehmend auf kleine und mittelgroße Online-Shops, weil sie ihnen ihre Aktionen mitunter besonders leicht machen. Vor allem Startups und kleine Händler sind professionellen Betrügern in der Regel hilflos ausgeliefert und die daraus entstehenden finanziellen Verluste können da leicht in den Ruin führen.

Aufgrund der wachsenden Bedeutung von Internet und E-Commerce fordern Online-Händler zu Recht sichere internationale Online-Zahlungslösungen. Besonders wichtige Merkmale sind zudem eine schnelle Transaktionsverarbeitung, einfache Setups für Händler und geringe Gebühren für internationale Transaktionen. Mangels Interesse der Großbanken am Online-Banking und der geringeren technischen Kompetenz der lokalen Banken, gewinnen neue global agierende, technologisch getriebene Zahlungsanbieter stark an Bedeutung. Payment-Service-Provider fordern die wichtigsten Akteure auf dem Zahlungsmarkt - Banken und Kreditkartensysteme -heraus; die traditionellen Rollen werden neu definiert und auf Seiten von Händlern wie Kunden gleichermaßen in Frage gestellt. Zwar sind Payment-Traditionen zu tief verwurzelt, um zu verschwinden, aber sie müssen nun neuen innovativen Playern Platz machen. Mobile Payment, P2P, Mobile Wallets und digitale Währungen wie Bitcoins sind nur der Anfang einer neuen Welle von Zahlungstechnologien, die auf eine einfache und sichere Zahlung ausgerichtet sind.

Professionelle Unterstützung im Kampf gegen betrügerische Aktionen

Payment-Service-Provider sind darauf spezialisiert, auch Startups bestens für den internationalen Wettbewerb auszurüsten und gegen Betrugsmaßnahmen abzusichern. Sie haben Zugang zu allen relevanten Daten, die man zur Vorbeugung betrügerischer Vergehen braucht und können diese in Echtzeit prüfen. Je nach Branche und der damit einhergehender Gefährdung ist ein Gespräch mit einem Payment-Service-Provider über individuelle Antibetrugsmöglichkeiten nicht nur sinnvoll, sondern unbedingt erforderlich. Insgesamt aber müssen die Lösungen intelligent sein, vor allem aber müssen sie sich ständig weiterentwickeln. Denn: Betrugsprävention ist keine einmalige Sache - Betrüger passen sich an und suchen ständig nach neuen Schlupflöchern. Und wenn sie vielleicht beim ersten Angriff nicht gleich erfolgreich sind, ist die Gefahr keineswegs gebannt.

Dennoch helfen einige simple Regeln, es kriminellen Akteuren zumindest schwieriger zu machen, an Daten zu gelangen - etwa automatisierte Plausibilitäts- und Boni-Checks, über die potenzielle Scheinkäufer bereits im Vorfeld ausgeschlossen werden können. Während einige Module persönliche Daten wie Adresse, Kontodaten, Kreditkarten und IP-Adresse auf möglicherweise erfundene oder falsche Daten abgleichen, prüfen andere Optionen anhand verfügbarer Wirtschaftsinformationen die Seriosität eines Käufers. Aber Website-Betreiber können auch selbst einstellen, ob sie den Warenkorb ihrer Kunden begrenzen oder eine IP-Adresse für einen bestimmten Zeitraum für weitere Einkäufe sperren lassen möchten.

Besonderes Augenmerk aber gilt noch immer den Kreditkartenzahlungen, die unbedingt mit zusätzlichen Sicherheitsstufen ausgestattet sein sollten.

Generell aber gilt: Das Verbrechen schläft nie, erst recht nicht im digitalen Raum. Betrügerische Angriffe können zwar reduziert, aber nie vollständig eliminiert werden. (rw)

Zur Startseite