Hasta la vista, Homo sapiens

Zukunft der Arbeit

14.03.2016
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

Warum wohl investiert Google in KI?

Man kann sich übrigens durchaus fragen, wieso ein Unternehmen wie Google allein 2014 acht Unternehmen gekauft hat, die sich - wie etwa Boston Dynamics - mit der Entwicklung von Robotersystemen beschäftigen oder wie DeepMind mit Machine Learning und künstlicher Intelligenz.

Analysten von der Bank of America Merrill Lynch haben darauf eine Antwort. "Eine Robotik-Revolution" werde die globale Ökonomie in den nächsten 20 Jahren verändern. So ließen sich die Kosten, zu denen heute Produkte und Dienstleistungen angeboten werden, deutlich reduzieren. Gleichzeitig aber würden soziale Ungleichheiten verstärkt. Künftig würden Maschinen alle möglichen Tätigkeiten von der Altenpflege bis zum Umdrehen von Burgern in Fast-Food-Läden übernehmen. Die Durchdringung von Robotern und künstlicher Intelligenz habe jeden Industriesektor erfasst. Dieser Trend sei insbesondere in Märkten wie dem amerikanischen besorgniserregend. Hier seien in den vergangenen Jahren viele Jobs entstanden, die gering bezahlt sind, nur Muskelkraft verlangen oder im Dienstleistungssektor angesiedelt sind. Diese Positionen, so die Autoren der Untersuchung, unterlägen einem hohen Risiko, maschinell ersetzt zu werden.

Aber eben nicht nur die Blue-Collar-Jobs sind gefährdet. Schon im Mai 2013 hatte das McKinsey Globale Institute eine Untersuchung veröffentlicht, wonach durch den Einsatz von disruptiven Techniken bis zu neun Billionen Dollar Arbeitskosten eingespart werden könnten - dann nämlich, wenn Computer wissensintensive Aufgaben von Menschen übernehmen könnten. Hierzu zählen sie beispielsweise Analysen der Kreditwürdigkeit von Kunden oder Ratschläge in finanziellen Angelegenheiten.

Was das für Old-School-Unternehmen wie Banken mit ihren großen Personalstämmen bedeutet, zeigt etwa folgende Zahl: Allein in New York waren im Jahr 2000 rund 150.000 Menschen als Finanzanalysten beschäftigt, 14 Jahre später waren es nur noch 100.000 - ein Rückgang um ein Drittel.

Dramatische Auswirkungen auf Jobs

Nicht umsonst warnt der studierte Informatiker und Softwarefirmengründer im Silicon Valley, Martin Ford, unter anderem in seinem Buch "Rise of the Robots: Technology and the Threat of a Jobless Future" vor den "dramatischen Auswirkungen auf die Beschäftigungszahlen durch die IT", die viel größere Effekte haben werde als alles, was die Menschheit jemals bis auf den heutigen Tag erlebt habe.

Es gibt auch Optimisten

Die Zahl der Warner vor den Folgen einer zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung von Geschäftsprozessen scheint mit jedem Monat und jeder neu auftauchenden technischen Entwicklung und Untersuchung anzuwachsen. Allerdings sagt Ulrich Zierahn, einer der Autoren der bereits zitierten Untersuchung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim, grundsätzlich sei für Hochqualifizierte die Bedrohung des Arbeitsplatzverlustes eher gering. Dem würde etwa Martin Ford zustimmen, allerdings betont der, dass in den USA ein Großteil der im vergangenen Jahrzehnt geschaffenen Arbeitsplätze nicht von solchen Qualifizierten besetzt wurde. Arbeitsmarktzahlen der USA belegen, dass rund 60 Prozent der amerikanischen Arbeitnehmer keine höhere Bildung vorweisen können.

Ob also der Optimismus von Joachim Möller, Direktor des staatlichen Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), begründet ist, bleibt dahingestellt. Er meint, Berufsfelder und Tätigkeiten würden sich ständig der technischen Entwicklung anpassen. Zu befürchten ist allerdings, dass Geringqualifizierte sich nicht auf die anspruchsvollen neuen Berufsfelder einstellen können.

Alles Verschwörungstheoretiker?

Nun könnte man der Ansicht sein, dass die Mahner nur orakeln, um sich interessant zu machen oder Bücher zu verkaufen und sich mit Technik, der anspruchsvollen KI-Technik zumal, nicht besonders gut auskennen. Allerdings müsste man dann auch so kundige Menschen wie Elon Musk von Tesla, Bill Gates von Microsoft, den Physiker Stephen Hawking oder den Apple-Mitgründer Steve Wozniak zum Kreis der Ahnungslosen zählen. Fachleute wie Nick Bostrom, Leiter des Oxforder Future Humanity Institute (FHI), sagen, es gebe genügend Gründe zu glauben, "dass die unregulierte und zwanglose Entwicklung im KI-Sektor eine Reihe signifikanter Gefahren mit sich bringt". Solcherlei Forschungen könnten leicht von "bösen Buben" wie beispielsweise verantwortungslosen Regierungen genutzt werden.

Das FHI, an das Elon Musk übrigens zehn Millionen Dollar spendete, hat aus mehr als 300 Forschungsgruppen, die sich um finanzielle Unterstützungen beworben hatten, 37 Projekte herausgefiltert. Die widmen sich ganz unterschiedlichen Themen, wie etwa der Frage, ob man KI-Systemen ethisches Denken und Handeln beibringen könne.