Börnicke zurückgetreten

Murdoch-Vertrauter übernimmt Ruder bei Premiere

11.09.2008
Im Januar stieg der Medien-Tycoon Rupert Murdoch beim angeschlagenen Pay-TV-Sender Premiere ein, erhöhte im Mai seine Anteile auf 25,1 Prozent und übernimmt ab sofort durch seinen Vertrauten Mark Williams auch die Führungsetage.

Gestern Abend reichte der Premiere-Vorstandschef Michael Börnicke (47) in einer Aufsichtsratssitzung nach nur einem Jahr an der Spitze des Bezahlsenders seinen Rücktritt ein, und zwar mit sofortiger Wirkung. Doch auch der Aufsichtsrat, offiziell überrascht über diesen Schritt, reagierte sofort und entsandte daraufhin Mark Williams in den Vorstand und bestellte ihn mit sofortiger Wirkung zum Vorstandsvorsitzenden der Premiere AG.

Mark Williams ist Finanzchef für Europa und Asien bei Murdochs Medienkonzern News Corp. und saß erst seit wenigen Wochen mit Tom Mockridge, Chef des Bezahlsenders Sky Italia, als Vertraute von Murdoch im Premiere Aufsichtsrat.

Rupert Murdoch
Rupert Murdoch
Foto: Rupert Murdoch

Spätestens jetzt ist nach Ansicht von Branchenkennern klar, wer bei Premiere das Sagen hat. Offiziell gab Börnicke "private Gründe" für seinen Rücktritt an. Aus dem Umfeld des Aufsichtsrats wurde jedoch laut, Murdoch habe dabei die Hand im Spiel. Der Großaktionär habe sich mehrfach über die wirtschaftliche Lage von Premiere nicht vollständig informiert gefühlt.

Und gerade diese wirtschaftliche Lage ist alles andere als rosa sondern vielmehr tiefrot, und das seit Jahren. Im ersten Halbjahr 2008 stiegen die Umsätze zwar von 453,4 Millionen Euro im Vorjahr auf 523,9 Millionen Euro, der Nettoverlust wuchs aber gleichzeitig von 28,1 auf 65,9 Millionen Euro. Ein positives Ergebnis sagte Börnicke zuletzt erst für 2009 voraus.

Den Hauptgrund für die schwachen Ergebnisse sah der Vorstandschef in erster Linie in den "Schwarzsehern", die mit manipulierten Settop-Boxen das Bezahl-Programm kostenlos empfangen. Durch die Umstellung des Verschlüsselungssystems sollte dem ein Riegel vorgeschoben werden.

Als weiterer Grund für die zögerliche Ausbreitung von Pay-TV in Deutschland gilt das breite Angebot an frei empfangbaren Sendern. In Großbritannien hingegen sind beispielsweise wichtige Fußballspiele live nur im Bezahlfernsehen zu sehen. Premiere versuchte deshalb auch durch den Erwerb der Bundesliga-Lizenzen ab 2009/10 dem Bezahlfernsehen mehr Auftrieb zu geben, doch diese Hoffnungen scheinen sich zerschlagen zu haben.

Nun müssen Murdoch und seine Mannen versuchen, das Ruder herumzureißen. (go)

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