Stationärer Handel vs. E-Tailer

Alle setzen auf Multi-Channel

05.06.2012

Erfolgsbeispiele: PC-Spezialist und Notebooksbilliger.de

Synaxon-Chef Frank Roebers macht den Fachhandel mit Multi-Channel-Strategien zukunftsfit
Synaxon-Chef Frank Roebers macht den Fachhandel mit Multi-Channel-Strategien zukunftsfit

Vielleicht sollte Ehmer seinen Blick statt nach Ingolstadt aber einfach in Richtung Bielefeld richten. Dort befindet sich in Schloss Holte-Stukenbrock der Sitz der Franchisegruppe PC-Spezialist, der es immer besser gelingt, aus der Verbindung von stationärem Fachhandel und Onlinegeschäft echte Synergieeffekte zu erzielen. "Auch stationäre Kunden recherchieren mit großer Mehrheit ihren Kauf vorher im Netz", erklärt Frank Roebers, Vorstand der PC-Spezialist-Muttergesellschaft Synaxon, die Motivation für seine Strategie: "Da ist es wichtig, dass man mit Produkten und Preisen auch gefunden werden kann." Reine Informationsseiten würden diesen Zweck nicht erfüllen. Das gleiche gelte, wenn man auf seiner Webpräsenz zwanghaft versuche, den Kunden ausschließlich zum Kauf auf die Fläche zu bewegen oder Aufträge für Onlinebestellungen an die stationären Händler zum Versand weiterleite. "Wir wollen unsere Kunden sowohl auf die Möglichkeiten des stationären Kaufs hinweisen als auch die Möglichkeiten der normalen Onlinebestellung bieten", erklärt Roebers die Zielsetzung von PC-Spezialist. Auch in diesem Jahr werde die Franchisekette die Verknüpfung der beiden Welten weiter vorantreiben. "Dabei geht es nicht in erster Linie um Abholmöglichkeiten in den Läden, sondern um die Verknüpfung der Hardware mit Dienstleistungen, die von unseren Partnern erbracht werden." So gibt es auch heute schon im Onlineshop von PC-Spezialist nicht nur IT-Hardware zu kaufen, sondern können Kunden auch stationäre Dienstleistungen zu deutschlandweiten Festpreisen buchen - ein Konzept, das nicht nur über den Multi-Channel-Standard hinausgeht, sondern auch bei den Partnern auf positive Resonanz trifft.

Wie viel Sinn macht Multi-Channel für E-Tailer?

Richtig konzipiert kann die kanalübergreifende Kundenansprache für den stationären Handel also durchaus einen Mehrwert bieten. Doch gilt dies auch in gleichem Maße für den Onlinehandel? Jochen Krisch, E-Commerce-Berater und Betreiber des renommierten Branchen-Blogs Exciting Commerce, ist hier skeptisch: "Wer wachsen will, macht Pure Play, wer nicht verlieren will, Multi-Channel", lautet seine Devise. Für Krisch sind sämtliche Multi-Channel-Strategien Abwehrstrategien, mit deren Hilfe stationäre Händler versuchten, ihr bestehendes Geschäft zu verteidigen und nicht vollends den Anschluss zu verlieren. "Es geht nicht darum, ob online besser ist als stationär. Beides hat seine Berechtigung. Man sollte sich nur nicht der Illusion hingeben, dass diejenigen am erfolgreichsten sind, die auf allen Hochzeiten tanzen." Internet Pure-Player wie Amazon demonstrierten mit großem Erfolg, dass man nicht nur von der Konzentration auf einen stark wachsenden Online-Markt profitieren, sondern diesen durch die bewusste Fokussierung auch aktiv mitgestalten könne. "Diese Chance haben jedoch nur Händler, die sich konsequent auf den Online-Handel und seine ganz eigenen Spielregeln einlassen", meint Krisch.

Von den Kunden zum Multi-Channel "gezwungen": Notebooksbilliger-Chef Arnd von Wedemeyer
Von den Kunden zum Multi-Channel "gezwungen": Notebooksbilliger-Chef Arnd von Wedemeyer

Doch nicht alle Erfolgs-Etailer folgen der Linie des E-Commerce-Experten. So betreibt Cyberport mittlerweile in Deutschland und Österreich insgesamt sechs Ladengeschäfte und ist auch Notebooksbilliger.de mit stationären Stores in München und Sarstedt vertreten. "Multi-Channel ist immer ein Kostentreiber und erhöht natürlich die Komplexität von Geschäftsmodellen", räumt Notebooksbilliger.de-Chef Arnd von Wedemeyer ein. "Beides sind Faktoren, die mir nicht sonderlich sympathisch sind. Trotzdem betreiben wir unsere Stores so erfolgreich, das wir weitere Standorte suchen." Gegenüber Channelpartner vertritt Wedemeyer die Ansicht, dass die Kunden genau wie im Online-Segment auch bei einem Storeangebot vor allem auf der Suche nach einem spezifischen Nutzen seien. "Wir scheinen hier den Nerv getroffen zu haben mit einem klar fokussierten Sortiment, attraktiven Online-Preisen und guter Beratung", so der Notebooksbilliger.de-Chef.

Dass immer mehr stationäre Händler ein zweites Standbein im Onlinehandel suchen, betrachtet Wedemeyer jedoch gelassen. "Der stationäre Handel schaut verständlicherweise, wohin die Umsätze gehen - und möchte sein Stück vom Kuchen haben." Auch die vom neuen Online-Wettbewerber MSH ausgehende Gefahr schätzt er nicht zu hoch ein: "Ich glaube, das Media-Saturn uns Onlinern hilft, die bisherigen treuen stationären Kunden schneller ins Netz zu bringen. Das bewerte ich für uns sehr positiv." Beim Thema Multi-Channel ist für Wedemeyer das Stationärgeschäft ohnehin nur einer von mehreren Aspekten. Für Notebooksbilliger.de zählten auch Online-Trends wie Social und Mobile zu einem Mehrkanal-Modell. "Im Bereich Social Media spielen wir in unserem Segment inzwischen die klare Key Player Rolle", erklärt der Firmenchef nicht ohne Stolz. Sein Multi-Channel-Resümee: "Ganz klar ist die direkte bidirektionale Kommunikation mit unseren Online-Kunden für uns wichtiger als ein Storekonzept - das eine schließt das andere aber erfreulicherweise nicht aus." (mh)

Weitere Beiträge zum "Top-Thema: E-Commerce" - darunter ein Exklusiv-Interview mit Redcoon-Geschäftsführer Reiner Heckel - lesen Sie an dieser Stelle in den nächsten Tagen.

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