Zukunft als reiner Online-Marktplatz

Rakuten-Tochter Play.com stellt Handelsgeschäft ein

10.01.2013
Frei nach der Devise „Auch ein Schritt zurück kann ein Schritt in die Zukunft sein“ hat der britische Onlinehändler Play.com angekündigt, ab März 2013 sein Handelsgeschäft einzustellen. Danach will das E-Commerce-Unternehmen, das 2011 vom expansionsfreudigen japanischen Plattformbetreiber Rakuten übernommen wurde, sich auf den Betrieb seines Online-Marktplatzes konzentrieren.
Vom Onlinehändler zum Marktplatzbetreiber: Die britische Rakuten-Tochter Play.com
Vom Onlinehändler zum Marktplatzbetreiber: Die britische Rakuten-Tochter Play.com

Frei nach der Devise „Auch ein Schritt zurück kann ein Schritt in die Zukunft sein“ hat der britische Onlinehändler Play.com angekündigt, ab März 2013 sein Handelsgeschäft einzustellen. Danach will das E-Commerce-Unternehmen, das 2011 vom expansionsfreudigen japanischen Plattformbetreiber Rakuten übernommen wurde, sich auf den Betrieb seines Online-Marktplatzes konzentrieren.

Play.com wurde 1998 gegründet und machte sich in den E-Commerce-Anfangstagen schnell als Medienhändler einen Namen. Mit der Zeit wurden auch Elektroartikel und weitere Produktgruppen in das Sortiment des Onlinehändlers aufgenommen. Nach dem Vorbild von Amazon begann Play.com ab 2006, auch Drittanbieter in sein Angebot miteinzuschließen. Das unter dem Namen PlayTrade zunächst noch recht zögerlich umgesetzte Merchant-Programm verwandelte Play.com zunehmend in einen Online-Marktplatz. Nach eigenen Angaben ist das Unternehmen heute in Großbritannien die drittgrößte Online-Plattform nach eBay.co.uk und Amazon.co.uk. Die Anzahl seiner Kunden beziffert Play.com auf 15 Millionen. Informationen über die Zahl seiner Marktplatzhändler veröffentlicht der Onlinehändler allerdings nicht.

Rakuten hat Play.com 2011 für die Summe von 25 Millionen Britische Pfund übernommen. Der Umsatz des E-Commerce-Unternehmens soll damals bei rund 500 Millionen Pfund gelegen haben. Für Rakuten war die Übernahme von Play.com insofern untypisch, als sich der japanische E-Commerce-Konzern sonst in erster Linie auf das Plattformgeschäft konzentriert. So betont Rakuten-CEO Hiroshi Mikitani gerne, dass man sich vor allem dadurch von Amazon unterscheide, dass man seinen Marktplatzanbietern keine Konkurrenz als Händler mache. Der Ausstieg von Play.com aus dem Handelsgeschäft kann daher als stärkere Anpassung an das Geschäftsmodell von Rakuten verstanden werden. Bereits Ende 2012 hatte Play.com einen Relaunch seines Drittanbietergeschäfts unter dem Namen „Rakuten Marketplace“ angekündigt.

Daneben gibt es aber auch eine zweite, deutlich profanere Erklärung für die Einstellung der Handelstätigkeit von Play.com: Das Unternehmen ist auf der – offiziell nicht zur europäischen Union gehörenden – Kanalinsel Jersey ansässig und profitierte bisher von dem damit verbundenen Steuer-Freibetrag bei der EU-Einfuhr von Waren in geringem Wert. Die britische Regierung hat das Steuerschlupfloch allerdings zum Jahreswechsel geschlossen. Dass Play.com nun neben dem Wandel zum reinen Online-Marktplatz auch seinen Firmensitz in Jersey aufgeben will, legt nahe, dass die Entscheidung auch mit der veränderten Steuerpraxis zu tun hat. In britischen Medien wird Rakuten/Play.com jedenfalls bereits für den mit der Neuausrichtung verbundenen Wegfall von mindestens 200 Arbeitsplätzen kritisiert.

Gute Nachrichten sehen anders aus und ob es Play.com gelingt, mit dem ab März 2013 deutlich schmaleren Produktangebot für die Kunden attraktiv zu bleiben, ist fraglich. Für Rakuten dürfte die britische Tochter jedenfalls ein Lernbeispiel dafür sein, dass die Auslandsexpansion kein Selbstläufer ist. Von vergleichbaren Problemen ist man bei Rakuten.de noch deutlich entfernt, doch wie Ende 2012 zu erfahren war, sorgt die Annäherung an das Vorbild der japanischen Rakuten-Plattform auch hierzulande für einige Reibungsflächen. (mh)

Zur Startseite