Irrtümliche Sozialversicherungsbeiträge: Trotzdem kein Arbeitslosengeld und keine Rente?

07.07.2006
Fachleute schätzen: Über 1,5 Millionen Angehörige als Arbeitnehmer falsch versichert.

Das Rechtssystem wird von Jahr zu Jahr komplizierter, auch in der Sozialversicherung. Der Bereich von Lohnsteuer und Sozialversicherung dürfte heute etwa so komplex sein, wie die Besteuerung der GmbH. Fachleute fragen sich, ob die Komplexität das Rechtssystem bereits bis zur Grenze der Verfassungswidrigkeit geführt hat?

Beiträge bezahlt - dennoch keine Leistung

Wer Sozialversicherungsbeiträge bezahlt ist weder sicher vor den Risiken geschützt, für welche Beiträge bezahlt werden, noch ist gewiss dass im Notfall auch Leistungen bezahlt werden. Aus der sicht des Bürgers handelt es sich oft um die Pflicht, Beiträge zu bezahlen - aber der Staat schützt den Bürger nicht vor Irrtümern und Enttäuschungen. Fachleute schätzen die "nicht anspruchberechtigten" Beitragszahler auf 1,5 - 1,8 Mio. Arbeitnehmer.

Typischer Fall: Die gelernte Steuerfachangestellte S. arbeitet in der GmbH ihres Ehemannes mit. Als sie arbeitslos wird, verweigert ihr die Arbeitsagentur die Leistungen. Sie steht ohne Versorgung für den Notfall einer Arbeitslosigkeit da. Erstaunlich findet sie, dass jahrelang die Beiträge kassiert wurden und auch bei Betriebsprüfungen alles in Ordnung war.

Soziale Rechtsprechung?

Das Bundessozialgericht hat durch seine Entscheidung vom 28.04.1987 (Az. 12 RK 47/85) die Leitlinie vorgegeben, welche der Arbeitnehmer als wenig fürsorglich empfindet.

- Die Sozialversicherung bildet sich in der Praxis dann eine Meinung, ob der Arbeitnehmer "richtig" versichert war, sobald der Notfall eingetreten ist - dann kann die Leistung verweigert werden.

- Allein die Zahlung von Beiträgen, sowie die erst später erkannte "Unrichtigkeit" einer Anmeldung des Mitarbeiters beim Sozialversicherungssystem, begründet keinen Anspruch auf Leistungen der Sozialversicherung.

- Der Mitarbeiter hat dann (oft erst auf weiteren Antrag) allenfalls einen Anspruch auf Beitragserstattung - jedoch nur für nicht bereits verjährte Ansprüche.

-Auch an die Feststellungen der üblicherweise alle vier Jahre im Unternehmen stattfindenden Betriebsprüfungen ist die Sozialversicherung nicht gebunden. Es gibt also keinen Vertrauensschutz und keine faktische Härteklausel.

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