Analyse eines Gerichtsurteils

Guter Verdienst für Vielfachabmahner?

26.03.2013
Dieser Fall und die entsprechende Entscheidung des Gerichts haben für Aufsehen gesorgt: Rechtsanwalt Johannes Richard kommentiert das Urteil des Landgerichts Bochum zu den massenhaften Facebook-Abmahnungen der letzten Zeit.
Foto: Christian Toepfer

Von Rechtsanwalt Johannes Richard (www.internetrecht-rostock.de)

Ein beliebtes Abmahnthema ist ein fehlendes oder unvollständiges Impressum bei Facebook. Dies hat sich im vergangenen Jahr ein Abmahner (Binary Services GmbH; nach Umbennenung Revolutive Systems GmbH) zunutze gemacht und vielfach einen Impressumsverstoß gemäß § 5 TMG abgemahnt (--> wir berichteten). Das Landgericht Regensburg (LG Regensburg, Urteil vom 31.01.2013, Az.: 1 HKO 1884/12) nimmt trotz eindeutiger Indizien keinen Rechtsmissbrauch an.

Wir gehen davon aus, dass dieses Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Dem Urteil ist eine Überprüfung in der Berufungsinstanz zu wünschen.

Sowohl das sogenannte Wettbewerbsverhältnis wie auch die Frage des Rechtsmissbrauches wären äußerst streitig. Der Abgemahnte hatte behauptet, dass binnen 8 Tagen 181 Abmahnungen ausgesprochen worden seien. In der Abmahnung war eine Kostenpauschale in Höhe von 265,70 Euro gefordert worden. Dies würde einen stolzen "Verdienst" innerhalb einer Woche von mehr als 48.000 Euro bedeuten!

Das Urteil ist vom Stil her etwas sonderbar, da es – wie in der juristischen Ausbildung an der Universität – den Sachverhalt im sogenannten Gutachten-Stil beantwortet. Dies funktioniert so, dass eine Hypothese aufgestellt oder eine Frage gestellt wird, unter die dann der Sachverhalt subsumiert wird. Es heißt, es wird geprüft, ob der Sachverhalt auf eine bestimmte Rechtslage passt. Vom Stil her wirkt das Urteil so, als sei es von einem Referendar geschrieben worden. In diesem Fall hätte jedoch der Richter vergessen, seiner Ausbildungstätigkeit nachzukommen.

Letztlich werden stichpunktartig die Prüfungskriterien der Rechtsprechung abgearbeitet. Wir möchten wie folgt zitieren:

"Steht die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden?

Überspitzt formuliert: Besteht die Tätigkeit der Klägerin im Abmahnen und nicht in ihrem angegebenen Betriebsfeld, ist dies ein Anhaltspunkt für Rechtsmissbrauch. Davon kann hier keine Rede sein. Der Zeuge ... hat nämlich glaubhaft angegeben, dass die entscheidende Arbeit das Suchprogramm für die Verstöße gemacht hat. Die gesamte Arbeit, das Durchsuchen von Facebook auf fehlerhafte Internetseiten und die Kontrolle, ob das Software-Programm Probleme gehabt habe oder nicht einschließlich dem Überprüfen von Meldungen wie bei ... habe insgesamt einen Tag Arbeit gekostet."

Fortsetzung auf der nächsten Seite.

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