Mit freundlichen Grüßen ...

18.04.2002

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Minolta-QMS GmbH

Geschäftsführung

Herrn Karl Tucholsky

Gustav-Heinemann-Ring 212

81739 München

München, 15.04.2002

Für Unternehmer kommt es nicht darauf an, so viele Arbeitsplätze zu erhalten wie möglich, sondern so viele wie nötig.

Sehr geehrter Herr Tucholsky,

wegen der anhalten Verluste und der insgesamt schlechten Geschäftslage hat Ihre Muttergesellschaft, die japanische Minolta Co. Ltd. in Osaka, entschieden, allen ihren festangestellten Mitarbeitern das Gehalt zu kürzen. Schon ab diesem Monat müssen die rund 4.500 Angestellten für ein Jahr auf fünf Prozent ihrer Bezüge verzichten. Auch der Bonus wird zusammengestrichen. Das Management wird noch stärker in die Pflicht genommen. Die Grundgehälter der Direktoren und Vorstandsmitglieder werden um 15 bis 40 Prozent gekürzt.

Der Gehaltsverzicht oder ähnliche Maßnahmen, die alle darauf hinauslaufen, dass die Mitarbeiter weniger Geld auf dem Girokonto haben als früher, sind inzwischen auch bei deutschen Managern zu beliebten Instrumenten geworden, um der Krise zu begegnen. Es ist in meinen Augen der absolut falsche Ansatz.

Gehaltskürzung (oder der verordnete freiwillige Gehaltsverzicht) ist ein anderes Wort für "Leistungsträgerdemotivierungs-beschluss". Das ist zumindest so lange so, wie die Leistungsträger den Eindruck haben, dass sie durch ihre finanziellen Einbußen die Nieten, die Faulen und diejenigen, die das Unternehmen sowieso schon seit Jahren mitschleppt, durchfüttern.

In diesem Zusammenhang fällt von der Geschäftsführung gerne der Satz, das Ziel der Gehaltsmaßnahmen bestehe darin, so viele Arbeitsplätze zu erhalten wie möglich. Das kann jedoch nicht das Ziel kluger Unternehmensführung sein. Es kommt nicht darauf an, so viele Arbeitsplätze zu erhalten wie möglich, sondern so viele wie nötig.

In der Krise treten die Schwachstellen in den Unternehmen zu Tage. Der Ballast, den man sich in guten Zeiten geleistet hat - jetzt ist der Moment, sich davon zu befreien. Geschäftsaktivitäten, die seit Jahren nicht auf einen grünen Zweig kommen: Weg damit! Abteilungen, über deren Sinnhaftigkeit man rätselt: Dicht machen! Mitarbeiter, die in der betrieblichen Hängematte liegen und bestenfalls den Unternehmenserfolg nicht behindern: Raus mit ihnen! Natürlich kostet das Geld, Angestellte mit 10- oder 20-jähriger Betriebszugehörigkeit abzufinden ist nicht von Pappe. Aber es gibt keine Alternative. An dieser Aufräumarbeit geht kein Weg vorbei. Wer davor zurückschreckt, schleppt die Altlasten weiter mit sich herum. Das kann sich aber kein Unternehmen mehr leisten. Zumindest nicht in der IT-Branche. Denn so wie früher wird es nie wieder.

Wenn sich in einem Gebäude Schimmel an den Wänden breit macht, nützt es nichts, die Wände neu anzustreichen. Über kurz oder lang tritt der Schimmel wieder zum Vorschein. Nur durch eine Grundsanierung lässt sich die Substanz retten.

Es ist auch überhaupt nicht erforderlich, dass die Geschäftsführung auf Teile ihrer Bezüge verzichtet. Die Geschäftsführung soll nicht verzichten. Damit ist keinem gedient, und das ist auch nicht ihre Aufgabe. Ihre Aufgabe ist, das Unternehmen strukturell und personell an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Und wenn dafür auch mal ein Geschäftsjahr in den Sand gesetzt werden muss, im darauf folgenden Jahr zahlt sich dieser Mut aus. Wer dagegen bei den Leistungsträgern im Unternehmen spart, der spart bei der Leistung des Unternehmens.

So sehe ich die Dinge jedenfalls, andere mögen sie anders sehen.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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