"Unverschämte Konditionen"

Cisco verliert Prozess gegen Reseller

31.10.2008
Ein amerikanische Gericht hat Cisco zu Schadensersatz in Millionenhöhe verurteilt. Der Netzwerker hatte einen langjährigen Reseller in einem Projekt ausgebootet.

Ein amerikanisches Gericht hat der Klage eines Resellers gegen Cisco stattgegeben und den Netzwerker zu Schadensersatz in Millionenhöhe verurteilt. Der Reseller, der Systemintegrator und Silber-Partner Infra-Comm mit Sitz in San Juan Capistrano, Kalifornien, hatte die Klage gegen Cisco angestrengt, nachdem ihn der Netzwerker bei einem registrierten Projekt mittels Kündigung ausgebootet hatte und mit einem anderen Partner, nämlich AT&T, das Projekt realisiert hatte. Jetzt sprach das Gericht dem Reseller 6,4 Millionen Dollar Schadensersatz zu.

Das Gericht in Santa Ana, Kalifornien, urteilte, das Regelwerk, das Cisco für den indirekten Kanal entworfen hat, das sogenannte "Indirect Channel Partner Agreement" (ICPA) , enthalte eine Reihe von Klauseln, die es nur als "unverschämt" würdigen könne. Richter Gregory H. Lewis erläuterte, das ICPA begünstige einseitig Cisco. Er nannte drei Klauseln, die Partnern des Netzwerkriesens nicht ermöglichten, mit dem Unternehmen den Vertrag auszuhandeln. Lewis monierte die Klausel, die Cisco einräume, binnen eines Monats einem Reseller zu kündigen, auch wenn dieser bereits für drei Monate Service-Leistungen bezahlt hat. Des Weiteren hielt er die Klausel für rechtswidrig, da Cisco auch langjährigen Partnern nur eine jährliche Vertragserneuerung anbietet, sich selbst aber eine einmonatige Kündigungsfrist einräumt.

Während Reseller Infra-Comm nun darauf wartet, ob Cisco gegen das Urteil Revison einlegt, überlegen Juristen, ob das Urteil nicht Konsequenzen für alle Reseller hat. Denn die Klauseln finden sich weltweit in den ICPA.

In Deutschland gilt für den indirekten Kanal: Cisco muss den Reseller spätestens 60 Tage vor Ablauf des Vertrages darüber informieren, dass der Vertrag ausläuft und gegebenenfalls verlängert werden muss.

Kundigungsklausel 2: Der Vetrag kann binnen 30 Tagen gekündigt werden.
Kundigungsklausel 2: Der Vetrag kann binnen 30 Tagen gekündigt werden.

Gekündigt werden kann der Vertrag von beiden Seiten innerhalb eines Monats (30 Tage), sofern die ersten 30 Tage des einjährigen Vertrages verstrichen sind. Während dieser Tage kann Cisco jedoch den Vertrag kündigen - der Reseller hingegen nicht. Gekündigt werden kann mit und ohne Grund.

Vielleicht sollte Händler auch diesen Vertrag, der nach englischem Recht verfasst ist, von einem Juristen prüfen lassen.

In den USA jedenfalls begrüßten Cisco-Partner das Aufsehen erregende Urteil. Denn sie hoffen, dass die "einseitige Beziehung", die Cisco mit ihnen unterhält, durch eine beidseitige, also "faire Beziehung", ersetzt wird. Das sagte ein Solution Provider, der nicht genannt werden wollte. Der Anwalt von Infra-Comm, Brian Daucher, riet Cisco, das Urteil anzunehmen. Es wäre, so seine Überlegung ein Zeichen dafür, dass Cisco den Channel ernst nimmt und bereit sei, "etwas Falsches richtig zu stellen". (wl)

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