Fahrverbot und Geldbuße?

Mit 0,8 Promille auf dem E-Bike unterwegs



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Ein E-Bike ist nicht zwingend ein Kraftfahrzeug, für das laut Straßerverkehrsgesetz die 0,5-Promille-Grenze gilt.
Foto: Kzenon - Fotolia.com

Der Moerser Fachanwalt für Verkehrsrecht Bertil Jakobson, Mitglied des VdVKA - Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, verweist auf die Mitteilung des Gerichts vom 30.10.2013. Hier hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm mit Beschluss vom 28.2.2013 (4 RBs 47/1) entschieden, dass ein E-Bike kein Kraftfahrzeug sein muss, für das die 0,5 Promillegrenze des § 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG) gilt. Um dies zu beurteilen, bedarf es weiterer Feststellungen zu den technischen Eigenschaften des Fahrzeugs. Damit hat das Gericht der Rechtsbeschwerde eines 32 Jahre alten Betroffenen aus Paderborn gegen das Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 15.11.2012 zum Erfolg verholfen.

Ordnungswidrigkeit oder nicht?

Der Fall: Dem Betroffenen wird zur Last gelegt, im Juli 2012 ein E-Bike in Borchen mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,8 Promille geführt und damit gegen die Vorschrift des § 24a StVG verstoßen zu haben, die das Führen eines Kraftfahrzeuges mit mehr als 0,5 Promille Alkohol im Blut als Ordnungswidrigkeit untersagt. Um das E-Bike des Betroffenen in Bewegung zu versetzen, muss seine Pedale getreten werden. Danach kann das E-Bike mit dem Elektromotor angetrieben und beschleunigt werden, indem ein Griff am Lenkrad gedreht wird. Weitere technische Eigenschaften des E-Bikes sind nicht bekannt.

Das Amtsgericht hat den dem Betroffenen vorgeworfenen Sachverhalt festgestellt und ihn wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 24a StVG zu einer Geldbuße von 750 € und einem dreimonatigen Fahrverbot verurteilt.

Die gegen das Urteil vom Betroffenen eingelegte Rechtsbeschwerde hatte Erfolg, so Jakobson.

Der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Paderborn zurückverwiesen. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts bleibe unklar, ob der Betroffene in rechtlicher Hinsicht ein Kraftfahrzeug oder ob er lediglich ein Fahrrad geführt habe.

Rechtliche Einordnung teilweise unklar

Die rechtliche Einordnung sog. E-Bikes als Fahrrad oder Kraftfahrzeug sei teilweise noch ungeklärt, obergerichtliche Rechtsprechung liege noch nicht vor. § 24a StVG ahnde nicht das Führen eines pedalgetriebenen Fahrrades sondern nur das Führen eines Kraftfahrzeuges, weil von einem Kraftfahrzeug insbesondere wegen der erzielbaren Geschwindigkeit eine höhere Gefährlichkeit ausgehe und das Führen von Kraftfahrzeugen auch höhere Leistungsanforderungen an den Fahrer stelle.

Außerhalb des Anwendungsbereichs des Straftatbestandes des § 316 StGB müsse deswegen das Führen eines relativ langsamen und leicht zu bedienenden Fahrzeugs nicht als Ordnungswidrigkeit sanktioniert werden. E-Bikes, die als Fahrräder mit einem elektrischen Hilfsantrieb gebaut seien, der sich beim Erreichen einer Geschwindigkeit von 25 km/h abschalte, seien daher unabhängig von einer etwaigen Anfahrhilfe nicht als Kraftfahrzeuge einzustufen. Da nicht geklärt sei, wie das E-Bike des Betroffenen einzuordnen sei, müsse die Sache vom Amtsgericht neu verhandelt und entschieden werden.

Hinweis des OLG: Das Amtsgericht Paderborn hat das Bußgeldverfahren mit Beschluss vom 12.08.2013 (77 Ds 35/13) gemäß § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt, weil das E-Bike des Betroffenen für weitere Feststellungen nicht zur Verfügung stand.

Jakobson rät, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen unbedingt rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA - Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. (www.vdvka.de) verweist.


Weitere Informationen und Kontakt:
Bertil Jakobson, Rechtsanwalt / Fachanwalt für Verkehrsrecht / Fachanwalt für Strafrecht, Mitglied des VdVKA - Verband Deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. sowie Vizepräsident des VdSRV Verband deutscher StrafrechtsAnwälte und Strafverteidiger e. V., c/o Kastell 1, 47441 Moers, Tel.: 02841 9980-188, E-Mail: info@kanzlei-jakobson.de, Internet: www.kanzlei-jakobson.de

Zur Startseite