Kurseinbruch und Insolvenzgerüchte

Bei Getgoods schrillen die Alarmglocken



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Die Kurse von Aktie und Unternehmensanleihe der Getgoods AG befinden sich seit Mittwoch im Sinkflug. Im Internet macht sich eine unheilvolle Mischung aus Fakten und Spekulationen breit, die nur eine Konsequenz zu kennen scheint: die baldige Insolvenz des Elektronikversenders.
Wie es wirklich um Getgoods steht, weiß nur er: Firmenchef Markus Rockstädt-Mies
Wie es wirklich um Getgoods steht, weiß nur er: Firmenchef Markus Rockstädt-Mies

Eine gewisse Dramatik gehörte schon immer zum Elektronikversender Getgoods und auch in den letzten Wochen sorgte das Unternehmen mit widersprüchlichen Meldungen für Aufsehen: Erst dementierte Firmenchef Markus Rockstädt-Mies Gerüchte über Kreditschwierigkeiten, dann meldete der Online-Händler Ende letzter Woche für das dritte Quartal 2013 ein Umsatzplus von 81 Prozent. Die Börsen schienen sich für die Meldungen zu der Aktiengesellschaft allerdings kaum zu interessieren – konstant setzten Aktie und Unternehmensanleihe von Getgoods ihren Weg nach unten fort.

Seit Beginn des heutigen Tages (13.11.) hat sich die Negativbewertung der Getgoods AG an den Finanzmärkten aber noch einmal gewaltig verschärft. Die Aktie des Unternehmens unterschritt am Morgen den Wert von 1 Euro, durchschlug zu Mittag die Schwelle von 0,50 Euro und befindet sich aktuell am Nachmittag bei unter 40 Cent. Ähnliches lässt sich bei der Firmenanleihe beobachten: Lag diese zu Monatsanfang noch bei knapp 60 Euro, rangiert diese im Moment zwischen 15 und 20 Euro-Cent.

Der massive Vertrauensverlust der Anleger scheint nur eine Konsequenz zuzulassen: die bevorstehende Insolvenz von Getgoods – und genau darauf haben sich mittlerweile auch verschiedenste Internetquellen mit einer Mischung aus Fakten uns Spekulation eingeschossen.

Fehlende Kapitalinformationen, entzogene Shop-Zertifizierung, gestrichene Kreditlimiten

Klar ist zunächst, dass die Finanzsituation bei dem Elektronikhändler derzeit zuhöchst unklar ist. Die Ende letzter Woche veröffentlichte Umsatzmeldung enthielt keinerlei Angaben zur Ertragslage. Eine für Montag angesetzte Session von Getgoods beim „Eigenkapitalforum“ der Deutschen Börse wurde abgesagt, nach Unternehmensangaben wegen Krankheitsgründen. Am 16. November muss Getgoods jedenfalls Quartalszinsen auf seine Anleihe zahlen. Die Unternehmensanleihe hat inzwischen ein Volumen von 60 Millionen Euro, fällig werden Kuponzahlungen in Höhe von knapp 1,2 Millionen Euro.

Um eine belastbare Information handelt es sich auch bei der Nachricht, dass Trusted Shops seine Zertifizierung für den Elektronikversender zurückgezogen hat. Auf Anfrage von ChannelPartner bestätigte Carsten Föhlisch, Executive Director Audit & Legal bei Trusted Shops: „Wir haben dem Online-Shop Getgods.de das Trusted Shops Gütesiegel entzogen, weil der Shop nicht mehr unseren Qualitätskriterien entsprach. Details können wir leider nicht nennen, da hierüber Vertraulichkeit vereinbart wurde.“ Doch lässt sich jedenfalls festhalten, dass der Shop-Zertifizierer mit seinem Käuferschutz nicht bereit ist, weiter für Getgoods gerade zu stehen. Zu der Meldung passen auch bei ChannelPartner eigegangene Informationen aus Distributionskreisen, wonach Getgoods heute Morgen sämtliche Kreditlimiten gestrichen worden sein sollen.

Gerüchte um Getgoods-Chef Rockstädt-Mies

Ins Reich der Gerüchte verweisen muss man derzeit noch die von dem Anlagen-Magazin Bondguide verbreitete Information, „einige Leute möchten mit CEO Rockstädt-Mies nicht zusammenarbeiten“. Das Magazin spielt damit auf das Szenario an, eine bevorstehende Insolvenz von Getgoods könnte nur der Versuch einiger Großanleger sein, den schillernden Unternehmens-Chef loszuwerden. Genauso wahrscheinlich bzw. unwahrscheinlich ist auch eine bevorstehende Übernahme von Getgoods – schließlich ist das gesamte Unternehmen derzeit an den Börsen nur noch mit wenigen Millionen Euro bewertet.

Gegenüber ChannelPartner gab sich Rockstädt-Mies Ende Oktober noch zuversichtlich und verwies auf bevorstehende strategische Partnerschaften und Investorenbeteiligungen. Wie ernst es dem Getgoods-Chef damit war, weiß wohl nur er selbst. Schon seit längerem war jedenfalls klar, dass die Mischung aus explosiven Wachstum und immer prekärerer Finanzierung bei Getgoods zunehmend einer Wette auf die Zukunft gleicht und komplett offen ist, ob dem Unternehmen die Zeit bleibt, diese einzulösen. (mh)

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