Nahfunktechnik in Smartphones

FAQ – was ist was bei NFC?

Dr. Harald Karcher ist freier Autor in München. Er testet mobile Geräte vom Handy bis zum Laptop und mobile Netze von WLAN bis zu LTE.
Mit Apples iPhone 6 und iPhone 6 Plus bekommt NFC für das mobile Bezahlen einen zusätzlichen Schub. Doch was steckt eigentlich hinter der "Near Field Communication" und was kann man mit der Nahfunktechnik noch machen? Lesen Sie alles Wissenswerte zu NFC.

Seit Jahren gibt es insbesondere aus dem Android-Lager Smartphones mit integriertem NFC. Doch eine wirklich hohe Verbreitung hat die Technik im Alltag noch nicht gefunden. NFC eignet sich zum Auslesen von Informationen über sogenannte NFC-Tags, zum Koppeln von Geräten und natürlich zum kontaktlosen Bezahlen - hierfür wurde die Nahfunktechnik ursprünglich entwickelt. Mit Apple Pay dürfte das mobile Bezahlen auch deutlich an Fahrt gewinnen.

Doch was verbirgt sich eigentlich hinter NFC, wie funktioniert es, was ist damit konkret alles möglich? Lesen Sie unsere FAQ:

Wie schnell funkt NFC?

Near Field Communication, kurz NFC, hat je nach Chipsorte sehr geringe Datenraten von 106, 212 oder 424 Kbit/s. Das reicht zum Beispiel für Bezahlvorgänge zwischen NFC-Smartphones und NFC-Kassen oder für schlanke Koppelungs- und Steuerungsimpulse.

Die meisten Musik- oder Fotodateien liegen heutzutage aber im ein- bis zweistelligen Megabyte-Bereich, und zwar pro Datei, nicht für die ganze Kollektion. Ein Spielfilm hat bei guter Qualität sogar mehrere Gigabyte.

Wie soll man solche Datenmengen per NFC mit Kilobit-Getröpfel in zumutbarer Kürze übertragen? Das geht gar nicht: Da müsste man die NFC-Kommunikations-Partner ja stundenlang aneinanderhalten.

Der Trick: Bei datenintensiven Anwendungen initiiert NFC nur die Einschaltung und Kopplung von vielfach schnelleren Funkdiensten wie Bluetooth oder WLAN, die dann den weiteren Job übernehmen - so ähnlich wie der Anlasser am Ottomotor oder die Zündschnur an der Rakete.

Dabei reicht es, wenn nur einer von zwei NFC-Teilen, nämlich der aktive Kommunikationsinitiator, etwa ein Handy, eine eigene Stromversorgung mitbringt. Das passive Kommunikationsziel kann zwar ebenfalls, muss aber nicht unbedingt eine eigene Stromquelle haben, denn es kann auch vom aktiven Initiator durch magnetische Induktion mit Energie versorgt werden.

Heute findet man NFC in fast allen neuen Smartphones, daneben auch in vielen Tablets, einigen Notebooks und Peripheriegeräten sowie in passiven NFC-Tags mit winzigem Datenspeicher für die freie Programmierung von Aktionen. NFC-Tags gibt es schon für weniger als einen Euro.

Als Begründer der NFC-Technik gelten seit 2002 NXP Semiconductors (vormals Philips) und Sony. 2004 kam Nokia als erster NFC-Handy-Hersteller hinzu. Die drei gründeten das NFC Forum.

Wie weit funkt NFC?

NFC hat eine sehr geringe Reichweite bis zirka vier Zentimeter. Also müssen sich zwei NFC-Partner schon fast direkt berühren, damit sie Daten austauschen können. Ähnlich wie beim TransferJet-Nahfunk wird die geringe Kommunikationsdistanz auch bei NFC als Sicherheitsvorteil ins Feld geführt, etwa beim Bezahlen mittels NFC.

Auf welcher Frequenz funkt NFC?

NFC ist ein Kurzstreckenfunker bei 13,56 MHz. Das ist weit unterhalb von Bluetooth (BT) und WLAN 802.11b/g/n bei 2,4 GHz und noch viel weiter weg von TransferJet bei 4,48 GHz oder gar WLAN 802.11ac bei 5 GHz.

Allerdings nutzen auch viele Hochfrequenz-RFID-Scanner und dazu passende RFID-Tags 13,56 MHz. Just mit dieser HF-Sorte von RFID hat NFC mehr Ähnlichkeit als mit sämtlichen BT- und WLAN-Funkvarianten.

Wo liegt die Hauptanwendung von NFC?

NFC ist sehr preiswert und bietet ein gewaltiges Einsatzpotenzial für die Vereinfachung von Identifizierungs- und Kopplungsvorgängen mit kleinen Datenmengen.

Just wegen dieser Eigenschaften hat man das sichere Bezahlen mittels NFC-Handy oder NFC-Plastikkarte, sprich die mobile NFC-Geldbörse, auf neudeutsch Mobile Wallet, zunächst als Hauptanwendung für NFC gesehen. Der Charme von NFC liegt, neben sehr geringen Kosten, in der einfachen Bedienbarkeit für den User: Man muss nur kurz das NFC-Handy oder die NFC-Karte an die NFC-Kasse halten, und schon ist der Zahlungsvorgang fertig. Hier fallen auch oft die Begriffe Tap & Pay oder One-Touch-Pay. Es gibt rund um den Globus schon seit 2006 etliche interessante NFC-Projekte.

Integriert: In den vergangenen Jahren haben immer mehr Smartphones aktive NFC-Module ab Werk unter die Rückwand bekommen, so auch das LG-G2-Handy auf dem Foto. Sie können mit stromlosen, passiven NFC-Tags im Wert von unter einem Euro kommunizieren, im Bild rot, unten.
Integriert: In den vergangenen Jahren haben immer mehr Smartphones aktive NFC-Module ab Werk unter die Rückwand bekommen, so auch das LG-G2-Handy auf dem Foto. Sie können mit stromlosen, passiven NFC-Tags im Wert von unter einem Euro kommunizieren, im Bild rot, unten.
Foto: Harald Karcher

Der flächendeckende Take-off einer derart neuen Bezahlinfrastruktur dauert allerdings Monate und Jahre. Hinter dem trivialen NFC-Bezahlen verbirgt sich nämlich ein komplexer Kreislauf, bei dem Banken, Kreditkarteninstitute, Smartphone-Hersteller, Mobilfunk-Provider, Secure-SIM-Karten-Hersteller, App-Entwickler sowie möglichst viele NFC-Akzeptanstellen in möglichst vielen Kaufhäusern, Restaurants, Cafés, Taxen, Tankstellen, Buslinien und Bahnbetrieben zusammenspielen müssen. Außerdem muss der Handy-User das neue NFC-Verfahren akzeptieren und eventuelle Sicherheitsbedenken überwinden; das braucht seine Zeit.

Derweil haben sich viel simplere Anwendungen für NFC ergeben: Etwa Tap & Print, sprich Dranhalten & Drucken, direkt vom Smartphone auf den NFC-Drucker. Oder Tap & Play mit Dranhalten & Musik abspielen, direkt vom Handy auf den NFC-Lautsprecher. Oder Tap & Send: Fotos von einem NFC-Smartphone zu einem anderen NFC-Gerät senden. Dabei dient NFC aber nur als Koppelungs- und Verbindungsassistent für weitaus schnellere Funksorten, wie etwa Bluetooth oder WLAN: Über Letztere laufen dann die großen Dateien.

Die weiteren NFC-Anwendungsmöglichkeiten sind schier uferlos: Lagerverwaltung, Identifizierung von Tieren, Bezahlen von Kleinbeträgen, Zutrittskontrolle, Personenidentifizierung, NFC-Tags mit Links zu passenden Informationen an Sehenswürdigkeiten, Schaufenstern oder Ladenregalen. Unterstützung von Fabrikautomation, Heimautomation oder beruflicher und persönlicher Tagesorganisation.

Kann man NFC nachrüsten?

Fast alle wichtigen aktuellen Top-Smartphones sind schon ab Werk mit aktiven NFC-Modulen ausgestattet. Auch Apple setzt beim neuen iPhone 6 und iPhone 6 Plus die NFC-Technologie ein. Nicht selten sitzt die NFC-Antenne an der Rückwand-Innenseite von Smartphones und Tablets. Bei Laptops sitzt die NFC-Antenne oft rechts vom Touchpad unter der rechten Handballenauflage.

NFC lässt sich sehr preiswert von den Herstellern verbauen. Daher wird NFC künftig in noch mehr Geräten drin sein, das muss man kaum noch selber nachrüsten. So viel zu den aktiven NFC-Geräten.

Der passivere NFC-Kommunikations-Partner, etwa ein NFC-Tag, muss nicht so intelligent sein wie das NFC-aktive-Handy und auch keine eigene Stromversorgung haben.

Deshalb kann man NFC-Chips und NFC-Antennen auch sehr preiswert in einem Aufkleber, in einer Plastikkarte oder in einem Schlüsselanhänger verbauen. NFC-Tag-Aufkleber gibt es für Endkunden im Internetversand schon für weniger als einen Euro pro Stück. Sie werden durch Induktion vom Smartphone her mit Strom versorgt, aber nur so lange, wie sich das Gerät ganz nah am Tag befindet. Auf solche Tags kann der Handy-User binnen weniger Minuten auch selber eigene URLs, Navi-Adressen, NFC-Visitenkarten, Befehle und ganze Aktionsfolgen programmieren.

Solche passiven NFC-Tags kann man sehr preiswert "nachrüsten": zum Beispiel das Büro, das Auto und die halbe Wohnung mit Tags tapezieren, um das Gedächtnis zu entlasten oder den Alltag zu automatisieren. Oder NFC-Tags hinter Wandbilder kleben, damit das Handy die auf dem Foto gezeigte Person bei Berührung mit dem Smartphone anwählt.

Die extrem einfache Konstruktion und die günstigen Preise unterhalb von einem Euro erschließen den passiven NFC-Tags schier endlose Einsatzszenarios in Büros, Fabriken, Lagern, Handelsregalen, Krankenhäusern, Smart Homes und Smart Cities, die mit der ursprünglichen NFC-Vision vom drahtlosen Bezahlen nicht mehr viel zu tun haben.

Wie läuft das Pairing bei NFC?

Man legt das NFC-Handy auf die NFC-Kasse, und die Koppelung samt Zahlung erfolgt automatisch ohne bewusstes Pairing durch den User. Legt man ein NFC-Smartphone auf den NFC-Drucker, dann verbinden sich die beiden, und es wird beispielsweise das gerade angezeigte Foto ausgedruckt. Also Handy kurz dranhalten - und die Verbindung baut sich von selber auf: So einfach kann man auch NFC-fähige Kopfhörer, Lautsprecher, Headsets, Navi-Systeme, Freisprechanlagen, Fitnessarmbänder, Laptops, Tablets und Fernseher mit NFC-fähigen Smartphones verkoppeln. So weit die Theorie.

In der Praxis muss man - unter anderem - erst mal lernen, wo die NFC-Antenne im eigenen Handy genau sitzt. Bei einigen Nokia-Lumia-Smartphones etwa sitzt die Antenne ganz "oben". Bei einigen getesteten LG-Smartphones saß der NFC-Sensor dagegen mittig unter dem Handyrücken.

Gerade bei sehr großen Smartphones muss man aufpassen, dass die irgendwo verbaute NFC-Antenne auch wirklich ganz dicht an den NFC-Tag des Kommunikations-Partners herankommt, sonst passiert unter Umständen überhaupt nichts, wegen der extrem kurzen Reichweite von NFC. Beispiel: Man muss das Lumia 920 mit dem oberen Teil an eine ganz gestimmte Stelle des NFC-Kopfhörers von Monster halten, damit sich die beiden Kurzstreckenfunker auch wirklich verkoppeln können. Auf manchen Geräten findet man ein kleines "N" gedruckt oder eingraviert: Just hinter diesem NFC-Symbol alias NFC-Touchpoint sollte dann auch meistens die NFC-Antenne sitzen. (cvi)

Zur Startseite