Was das Wettbewerbsrecht dazu sagt

Gekaufte Bewertungen und unlautere Werbung



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Wie ist es rechtlich zu werten, wenn in Bewertungsportalen oder auf Plattformen wie Youtube oder Facebook mit Empfehlungen geworben wird, die tatsächlich gar nicht oder aber nur gegen Vergünstigung abgegeben wurden?

Immer mehr Marketingaktivitäten werden in das Internet verlagert. So werden für eigene Marken sogar eigene Webseiten eingerichtet. Diese sind als Werbung jedoch zumindest erkennbar. Es gibt allerdings auch andere Wege zu werben, ohne dass dies ersichtlich ist. So etwa, wenn in Bewertungsportalen oder auf Plattformen wie Youtube, Facebook oder dergleichen mit Empfehlungen geworben wird, die tatsächlich gar nicht oder aber nur gegen Vergünstigung abgegeben wurden.

Ob das (noch) zulässig ist, so der Frankfurter Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Dr. Jan Felix Isele von der Kanzlei DANCKELMANN UND KERST, Vizepräsident der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, ist fraglich.

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verbietet irreführende geschäftliche Handlungen.
Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verbietet irreführende geschäftliche Handlungen.
Foto: Fotolia, Hugo Berties

In Betracht kommt in diesen Fällen zunächst ein Verstoß gegen das Verbot irreführender geschäftlicher Handlungen aus § 5 UWG. Ein Verstoß liegt dabei schon dann vor, wenn allein die Gefahr besteht, dass die beteiligten Verkehrskreise über die wesentlichen Merkmale des beworbenen Produkts getäuscht werden können. Zu diesen wesentlichen Merkmalen zählen auch Vorteile und Risiken sowie die von der Verwendung des Produkts zu erwartenden Ergebnisse. Mit anderen Worten darf nichts Falsches über die beworbenen Produkte selbst gesagt werden.

Als private Äußerungen getarnte Werbung

Dessen ungeachtet ist Werbung - unabhängig von ihrem Inhalt - unlauter im Sinne von § 4 Nr. 3 UWG, wenn ihr Werbecharakter verschleiert wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Werbungen als private Äußerungen getarnt werden. Selbst wenn die privaten Äußerungen "echt" sind, aber durch besondere Vergünstigungen "erkauft" wurden, kann ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot gegen § 5 UWG vorliegen. Der Verkehr erwartet nämlich in der Regel unabhängige und neutrale Stellungnahmen.

Daher hat das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 23.11.2010, Az.: I-4 U 136/10) bereits ein entsprechendes Verbot ausgesprochen. Dort ist mit Kundenempfehlungen und anderen Referenzschreiben geworben worden. Als Gegenleistung für die Abgabe der Bewertung haben die Verfasser einen Rabatt entweder von 10 % oder sogar von 25 % auf einen zukünftigen Kauf der bewerteten Produkte erhalten.

Kundenempfehlungen und Referenzschreiben

Das Oberlandesgericht Hamm sah die so zustande gekommenen Bewertungen als wettbewerbswidrig an. Werde mit Kundenempfehlungen und anderen Referenzschreiben geworben, dürfe das Urteil des Kunden grundsätzlich nicht erkauft sein. Die Kunden der dortigen Klägerin, die ihre Bewertungen auf dem fraglichen Meinungsportal abgegeben hätten, seien bei der Abgabe ihres Urteils über die Qualität der Produkte nicht frei und unbeeinflusst gewesen. Das erwarte der Verkehr jedoch, wenn ihm derartige Äußerungen anderer Verbraucher in der Werbung entgegentreten würden. Weil die lobende Äußerung über das Produkt "erkauft" worden sei, ohne dass auf die versprochene Gegenleistung hingewiesen worden sei, werde der Verkehr irregeführt.

Entsprechend hat das Landgericht Stuttgart (Beschluss vom 06.08.2014, Az.: 37 O 34/14 KfH) unlängst entschieden. Es verbot einem Unternehmen, mittels zugekaufter "Fans" oder "Likes" oder "Gefällt mir-Angaben" auf der Internetplattform Facebook zu werben und dadurch den Eindruck zu erwecken, dass diese Personen den entsprechenden Button geklickt hätten. Bei der dortigen Antragsgegnerin handelte es sich um ein junges Direktvertriebsunternehmen. Diesem gelang es in wenigen Monaten, über 14.500 "Gefällt mir"-Klicks zu erhalten. Bei genauerem Hinsehen stellte sich jedoch heraus, dass ein Großteil der Fans aus Indonesien, Indien und Brasilien stammte, obwohl die Antragsgegnerin dort gar nicht tätig war.

Das Landgericht Stuttgart sah hierin eine irreführende Werbung, da die hohe Zahl der Likes eine besondere Fähigkeit, mit dem Kunden umzugehen, eine weitreichende Vernetzung sowie eine große Bekanntheit unterstellte, obwohl dies tatsächlich, jedenfalls aber in dem in Anspruch genommenen Ausmaß, gar nicht gegeben war.

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