Die Zukunft des Channels (Teil 3)

Vom Kistenschieben in komplexen Projekten

Andreas Raum ist Mitgründer und Geschäftsführer der freyraum marketing GmbH. Er beschäftigt sich bereits seit rund 20 Jahren mit dem IT- und TK-Channel in Deutschland und verfügt über ein gutes Netzwerk zu Systemhäusern, Herstellern und Distributoren.
Die Distributoren haben begonnen, sich zu spezialisieren. Aber tatsächlich bedienen die drei Großen heute bereits erheblich viele Projekte in den vertikalen Märkten, auf die sie sich jetzt spezialisieren. Ihre Leistung bislang: Kistenschieben.

Die Bestrebung der drei Großdistributoren, sich in eine Vielzahl an Nischenthemen zu spezialisieren, verändert den IT-Channel nachhaltig. Die Serie untersucht, die Funktionsweise des Channels und beleuchtet verschiedene Aspekte dieser Veränderung.

Nach wie vor ist eine der Hauptaufgaben der Distributoren, die Hardware für angefragte Projekte zu liefern.
Nach wie vor ist eine der Hauptaufgaben der Distributoren, die Hardware für angefragte Projekte zu liefern.
Foto: OfficePartner

"Grob vereinfacht" sei die Beschreibung des Projektablaufs im Bereich Bildung gewesen, hat ein Leser reklamiert. Immerhin seien Schulen verpflichtet, größere Anschaffungen auszuschreiben. Und das Duo der Entscheidungsträger mache die Sache nicht einfacher: Denn häufig arbeiten Schule und Sachaufwandsträger nicht harmonisch miteinander.

Tatsächlich stimmt beides. Ich habe grob vereinfacht und der Bildungsmarkt ist erheblich komplex, nicht zuletzt wegen der gegensätzlichen Interessen von Schulen und Sachaufwandsträgern.

Ziel meines Arguments war zu zeigen, dass Aufträge, die in der Distribution eingehen zum einen bereits eine längere Historie haben und zweitens, dass es für einen Distributor nicht ganz einfach ist, diese nachzuverfolgen. Mögliche Komplexitäten im Geschäft mit Bildungseinrichtungen sprechen nicht gegen das Argument, sondern stärken es: Je komplexer ein Markt, desto aufwändiger der Verkauf, desto länger die Pre-Sales-Phase, desto schwieriger für einen Distributor nachzuvollziehen.

Aus den Argumenten der beiden ersten Teile folgt, dass die Großdistributoren heute bereits einen Großteil der Ware liefern, die in vertikalen Märkten wie etwa dem Bildungsmarkt verkauft wird, allerdings ohne es zu wissen.

Denn das tut ein Distributor wenn ihn eine Anfrage oder Bestellung erreicht: er vereinbart einen Preis und liefert die Ware, sofern verfügbar, entweder zum Systemhaus oder in dessen Namen zum Endkunden (Drop Shipment). Das ist im weitesten Sinne dieses "Kistenschieben", mit dem die Distributoren groß geworden sind, sich die Margen minimiert haben und das sie dringend durch andere Tätigkeiten flankieren möchten. Eben durch die Spezialisierung in vertikalen Märkten.

Aus dieser Perspektive klingt das Unterfangen paradox: Denn man möchte sich auf Märkte spezialisieren, die man überwiegend bereits bedient. (bw)

Lesen Sie auch:
Teil 1: Der Beitrag der Distributoren zum IT-Markt
Teil 2: Hersteller, Systemhaus und Distribution im Projektgeschäft

Folgende Fortsetzungen sind mittlerweile erschienen:
Teil 4: Womit die Distribution ihr Geld verdient
Teil 5: Wie die Distribution rechnet
Teil 6: Wie die Distribution arbeitet

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