1. Microsoft-Fachhandelskongreß: Volles Haus in Frankfurts Alter Oper

12.12.1997
FRANKFURT: Auf eine Microsoft-Befragung hin hat sich die Mehrheit der Fachhändler unverbindlich positiv zu engeren Beziehungen zu Microsoft ausgesprochen. Dieser Aufforderung kam Microsoft mit dem 1. Microsoft-Fachhandelskongreß nach.Rund 1.500 Fachhändler hatten sich zum 1. Microsoft-Fachhandelskongreß am 25. November in der Alten Oper in Frankfurt angemeldet. Den versprochenen Dialog erschlug der Veranstalter jedoch durch ein echtes Microsoft-Programm: Feinste Präsentationstechnik, gnadenloses Programm und volles Haus sorgten für stetige Hektik. Dafür gab es Information satt.

FRANKFURT: Auf eine Microsoft-Befragung hin hat sich die Mehrheit der Fachhändler unverbindlich positiv zu engeren Beziehungen zu Microsoft ausgesprochen. Dieser Aufforderung kam Microsoft mit dem 1. Microsoft-Fachhandelskongreß nach.Rund 1.500 Fachhändler hatten sich zum 1. Microsoft-Fachhandelskongreß am 25. November in der Alten Oper in Frankfurt angemeldet. Den versprochenen Dialog erschlug der Veranstalter jedoch durch ein echtes Microsoft-Programm: Feinste Präsentationstechnik, gnadenloses Programm und volles Haus sorgten für stetige Hektik. Dafür gab es Information satt.

Die neben den Hauptvorträgen frei wählbaren Themenvorträge waren auf die einzelnen Säle und Räume zum Teil allerdings nicht sehr glücklich verteilt. Wer zum Beispiel etwas über Microsofts Vertriebs-Aktionen für Windows 98 erfahren wollte, mußte entweder schnell sein oder über Stehvermögen verfügen: Am Vormittag wurde der Raum nach Belegung der Sitzplätze geschlossen, und am Nachmittag gab's ein "Stand-in" - der Vortrag war zu 100 Prozent überbucht. Haben die Organisatoren wirklich geglaubt, daß sich lediglich 120 Händler für dieses Thema interessieren?

Technik und Produkte im Vordergrund

In einem der größten Säle ließ sich die Fachhändlerschaft zur Technik von Windows 98 und dem Small Business Server (SBS) informieren. Das große Interesse läßt auf ein Heer von kleineren Lösungsanbietern schließen, die harte Fakten hören wollten. Abgerundet wurde das Informations-Angebot durch eine Auswahl von Microsoft-Partnern, die ihre eigenen Lösungen auf der Haus-Messe vorstellen durften.

Software Piracy und Lizenzpolitik

An der Office-Front ließ Microsoft keine Zweifel an der Wettbewerbsfähigkeit und punktete die Konkurrenz mit Microsoft-Argumenten - "Wir können alles" - aus. Allerdings zeigte sich im Verlaufe der Veranstaltung, daß die Microsoft-Redner hin und wieder überfordert waren. Wie zum Beispiel Michael Hartmann, Produkt Manager Marketing Desktop Applications, der die Strategie für die Office-Produkte zwar erläuterte, den Fragen aus dem Plenum zur Lizenzpolitik von Microsoft aber recht hilflos gegenüber stand. Angestoßen hatte Hartmann die Diskussion selbst durch den Hinweis, daß Microsoft sehr wohl energisch gegen Raubkopien jeglicher Art vorgehen würde, jedoch aufgrund der deutschen Rechtslage die Erfolge nicht publizieren dürfte. So würde also durchaus "der Staatsanwalt bei Händlern ermitteln, nur weiß das eben kaum jemand".

Der Verweis auf den nachmittäglichen Vortrag zur OEM-Strategie von Thomas Bauer, OEM Sales Director Central Europe, erwies sich auch nur als bedingt hilfreich. Als Quintessenz und Handlungsrahmen nahmen die Händler das folgende Statement mit nach Hause: "Illegale Microsoft-Produkte erkennen Sie am offensichtlich zu niedrigen Preis."

Gute Raubkopien und Diebesgut - der Überfall auf die europäische Produktionsstätte war ganz frisch - erkennt nur Microsoft selbst zuverlässig. Unversehens kann sich aber jeder Händler strafbar machen. Immerhin bietet Microsoft ein Austauschprogramm an. Wer den Verdacht hegt, er habe Hehlerware in der Hand, kann dies bei Microsoft überprüfen lassen und gegen saubere Ware eintauschen - und so natürlich unversehens Glied einer kriminellen Kette werden.

Überhaupt ist Microsoft das Thema so wichtig, daß offenbar alle Vortragenden gehalten waren, dem Thema Piracy ein wenig Zeit innerhalb ihres Themas einzuräumen. Selbst der Technik-Vortrag zum Small Business Server verwendete eine Weile darauf zu erklären, wie man einen Server so abschottet, daß sich die von Microsoft gesetzten Lizenz-Grenzen nicht aushebeln lassen.

OEM und DSP

Der Einführungsvortrag ließ knisternde Spannung aufkommen: Laut den Microsoft-Geschäftsführern Richard Roy und Rudi Gallist stammen in Deutschland etwa ein Fünftel aller neuen PCs von Assemblierern. Und genau diese verspricht Microsoft jetzt besonders zu unterstützen. Neben den bisher erhältlichen Lizenz-Packs dehnt Microsoft das DSP-Programm auf die Office-Produkte aus und wähnt sich damit auf dem Weg zur 100prozentigen Besetzung des Marktes.

Der Vertrieb erfolgt dabei parallel zu den bisherigen Distributoren über die sogenannten Delivery Service Partner (DSP). Bisher haben allerdings der Einfachheit halber die meisten Distributoren das DSP-Geschäft mit übernommen. Der wesentliche Unterschied zwischen DSP und OEM besteht schließlich auch nur darin, daß die DSP-Pakete in kleineren Lizenz-Staffeln zu haben sind und Microsoft weniger genau wissen will, an wen die DSP-Produkte gehen.

Microsoft-Manager Hartmann rechnete zudem beim Verkauf von DSP-Versionen des Office Professional Margen von bis zu etwa 500 Mark vor - oder einen entsprechenden Wettbewerbsvorteil. Wie aber beide Varianten zu realisieren sind, wenn praktisch jeder Fachhändler den Zugriff darauf hat, blieb im Präsentations-Nebel verborgen.

Apropos Geld

Microsoft-Produkte werden teurer. Laut Microsoft hatte die - mehr oder weniger - überraschende Korrektur des Dollar-Kurses der letzten Monate zur Folge, daß die lokalisierten deutschen Versionen billiger waren als in den USA. Da Microsoft bisher auf eine direkte Anpassung der deutschen Preise an den Kurs des US-Dollars verzichtet hätte, wäre es nun an der Zeit, diese Korrekturen langsam vorzunehmen. Allerdings sind im Mittel nur Preissteigerungen von zwischen fünf und zehn Prozent zu erwarten und nicht bis zu 14 Prozent, wie der Anstieg von 1,50 auf derzeit etwa 1,75 Mark erwarten ließe.

Windows 98

Ein weiteres Thema, das über der gesamten Veranstaltung schwebte, waren Umsatz- und Gewinnaussichten, die Microsoft den Versammelten zu vermitteln suchte. So schätzt Microsoft, daß etwa zehn Prozent der installierten Windows-95-Basis den Umstieg auf Windows 98 innerhalb der ersten zwölf Monate vollziehen wird. Davon wiederum sollen etwa 60 Prozent schon innerhalb der ersten drei Monate umsteigen. Bei etwa zehn Millionen Installationen in Deutschland sind das nach Adam Riese 600.000 Lizenzen im ersten Quartal nach Markteinführung.

Im übrigen wollte Microsoft nicht einer optimistischen Leserumfrage unseres Schwester-Magazins PC-Welt (Ausgabe 9/97) folgen, nach der 44 Prozent der Windows-95-Anwender innerhalb des ersten Jahres das neue Betriebssystem erwerben wollen.

Jutta Herzog, Channel Marketing Manager bei Microsoft, versprach den Händlern, sie bei der Markteinführung von Windows 98 "nach Kräften" zu unterstützen. "Sie sollen alles zur Verfügung stehen haben, was bei uns vorliegt", erklärte sie und stellte rechtzeitige Händler-Kits wie Marketing-Betas in Aussicht. Unfreiwillig gestattete sie jedoch auch tiefe Einblicke in die Kommunikationsstrukturen bei Microsoft: Vorab-Entschuldigungen für das mögliche Nicht-Gelingen der geplanten Aktionen gab es reichlich und die Erklärung, daß Microsoft Deutschland hier in hohem Maße vom unbeugsamen Willen der Amerikaner abhinge. Die kommende CeBIT solle jedoch ganz im Zeichen von Windows 98 stehen, wie auch die breite Präsenz von Windows 98 - im Vergleich zur Markteinführung von Windows 95 - noch mal deutlich gesteigert werden soll. Der Microsoft-Claim dazu: "Windows 98 ist der evolutionäre Nachfolger von Windows 95 und bietet mehr Leistung, Unterhaltung und Kommunikation."

Where do you want to go today?

Ein Forum der beiderseitigen Kommunikation war der 1. Fachhandelskongreß sicher nicht. Microsoft hat sich vor allem selbst kommuniziert und dies wahrlich gründlich. So gesehen war der Tag in der Alten Oper erfolgreich. Aber vielleicht war das auch ganz gut so - diese Variante der Unternehmenskommunikation ist für Microsoft relativ neu, und die Händler und Lösungsanbieter waren bisher derartige Umarmungen von Microsoft nicht gewöhnt. (gr)

Die Vortragsräume waren zum Teil hoffnungslos überbucht.

Standesgemäß fand der 1. Fachhandelskongreß von Microsoft statt - in der Alten Oper in Frankfurt.

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