15jähriger lehrt die HollywoodBosse das Fürchten

11.11.1999
MÜNCHEN: Der DVD-Kopierschutz, auf den die Filmgewaltigen in Hollywood so stolz waren, wurde von einem 15jährigen Norweger geknackt. Damit steht der Weg frei, fast jeden beliebigen Film von DVD auf die Festplatte zu kopieren.

Angst geht um, bei den Filmgewaltigen in Hollywood. Der Kopierschutz "CSS", mit dem das Kopieren von DVD-Spielfilmen auf Festplatte oder auf DVD-R verhindert werden sollte, ist geknackt worden. Der 15jährige norwegische Gymnasiast Jon Johanson ist zusammen mit zwei anonymen Hackern eher zufällig über den Kopierschutz gestolpert. Die drei wollten eigentlich nur die DVDPlayer-Software "Xing-DVD" für Windows auch unter Linux lauffähig machen. Dabei stellte sich nach Angaben des Schülers heraus, daß Xing Technologies, der Hersteller des Programms und eine Tochter von Real Networks, vergessen hatte, den Code für den Kopierschutz zu verschlüsseln. In einem Interview mit der Osloer Zeitung "Aftenposten" zeigt Johansen sich überrascht: "Ich habe wirklich nicht geglaubt, daß jemand in meinem Alter einfach den Kopierschutz bei DVD-Filmen außer Kraft setzen kann. Das zeigt doch, wie schlecht er sein muß." Die Hacker gaben an, daß der Codeschlüssel von DVD-Filmen aus nur 40 Bit besteht. Zum Vergleich: Netscape arbeitet mit 56 Bit und die Sicherheitslösung des Microsoft Internet Explorer sogar mit 128 Bit.

DIE SICHERHEITSLÖSUNG

Die Filmindustrie hat bei der Einführung der Spielfilme auf DVD erhebliche Sicherheitsauflagen durchgesetzt. Damit wollen die mächtigen Filmbosse einmal das unerlaubte Kopieren von Filmen unterbinden. Außerdem erscheinen nicht alle Filme zum gleichen Zeitpunkt auf der gesamten Welt. Deshalb wurde ein sogenannter Länder- oder Regionalcode eingeführt. Bislang gab es sieben verschiedene Ländercodes: Code 0 bis Code 6, entsprechend den jeweiligen Ländern. Inzwischen ist noch ein weiterer Code für die Weltmeere, zum Beispiel für Schiffe, hinzugekommen. Dank des Ländercodes lassen sich Spielfilme von DVD nur in Ländern abspielen, in denen man Film und Player gekauft hat. Nordamerika hat beispielsweise den Ländercode 1. Da in der Regel die neuesten Filme in Amerika zuerst erscheinen, lassen sie sich dann auch nur auf den dort gekauften Playern abspielen. Soweit die Theorie: In der Praxis werden die meisten DVDPlayer für den internationalen Markt gebaut. Deshalb kann der Ländercode individuell eingestellt werden. Das funktioniert aber nur fünfmal. Danach soll der zuletzt eingestellte Code unwiderruflich im Gerät verankert sein. Seit einiger Zeit gibt es im Internet aber schon Programme, mit denen sich die Grundeinstellung rückgängig machen läßt. Die Elektronikzeitschrift "Elektor" widmet diesem Thema in ihrer Novemberausgabe eine ganze Seite. Dort werden Internet-Adressen veröffentlicht mit Bastelanleitungen, wie man den Regionalcode komplett ausschalten kann.

Wichtiger als der Ländercode war Hollywood allerdings die Verschlüsselung der DVDs. Damit soll ein Kopieren der Filme unmöglich gemacht werden. Einmal ist hier der Kopierschutz "Makrovision" zu nennen. Macrovision soll das Überspielen von DVD auf einen normalen Videorekorder verhindern. Dieser Kopierschutz läßt sich aber durch Zwischenschalten eines einfachen Dekoders für rund 100 Mark austricksen. Kopien auf VHS-Rekorder haben jedoch einen Nachteil: Sie sind immer mit Verlusten in der Filmqualität verbunden.

Ohne Überspielverluste dagegen wären digitale Kopien. Hier entspricht die Kopie hundertprozentig dem Original. Deshalb wurde der "CSS"-Kopierschutz eingeführt. Er sollte eine Überspielung der Filmdaten auf die Festplatte oder einen anderen Datenträger verhindern. Ein Schlüssel in der Hard- beziehungsweise Software wird abgefragt und stoppt jeden Kopiervorgang.

Jede DVD hat ungefähr 400 verschiedene Schlüssel. Damit sichergestellt ist, daß jeder auf dem Markt befindliche DVD-Player auch alle DVDs abspielen kann, sind diese 400 Schlüssel auch in der Hardware oder im Softwaresystem aller DVD-Player implemtiert. Diese Schlüssel dürfen natürlich nicht offen im System zugänglich sein. Deshalb werden die Keys von den Herstellern der Hard- und der Software-Player noch einmal verschlüsselt. Und genau dies hat Xing Technologies versäumt.

BÖSE FALLE

Für Xing Laboratories könnte die "vergessene Verschlüsselung" aber noch böse Folgen haben, denn die Firma hat damit gegen die Verträge des DVD-Forums verstoßen. Diese Verträge drohen allen Herstellern, die ihren "Player Key" nicht mit der nötigen Sorgfalt schützen, hohe Geldstrafen an.

Auch Columbia Tristar hat bereits reagiert. Ein Vertreter der Firma kündigte bereist an, daß man gegen alle Raubkopierer rechtlich vorgehen werde. Nur die Hacker in Norwegen sind fein heraus. Denn in Norwegen gilt das Entschlüsseln von Sicherheitscodes nicht als illegal.

Nach dem Crackertool "DeCSS" von den norwegischen Hackern tauchten im Internet schnell weitere Anleitungen auf, wie das System zu knacken sei. Schließlich erschien sogar eine Auflistung aller 400 Player Keys. Zum Abspielen ist jetzt nicht mehr unbedingt der Xing-DVD-Player notwendig. Mit minimalem Aufwand können Cracker jetzt eigene Tools entwickeln und andere Player umstellen. (jh)

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