2. adf Pixelshop: Der PC-Fachhandel verschläft das Geschäft mit digitaler Fotografie

28.05.1998

KÖLN: Ein halbes Jahr nach der Premierenveranstaltung lud der Arbeitskreis Digitale Fotografie (adf) erneut Fachhändler aus den Bereichen Fotografie, Unterhaltungselektronik und Computer ein, sich über das digitale Bildergeschäft zu informieren. Zahlreiche Fotofachhändler, aber nur wenige PC-Spezialisten nahmen die Gelegenheit wahr.

Die Resonanz der PC-Fachhändler war trotz Werbung in der Fachpresse eher enttäuschend", sagt Martin Knapp, Vorsitzender des Arbeitskreises Digitale Fotografie. 480 Anmeldungen nahm der adf für die zweitägige Veranstaltung am dritten Maiwochenende entgegen. 120 Besucher, meist Fotofachhändler, fanden am Samstag den Weg in die Auensäle auf dem Kölner Messegelände. Am Sonntag lag die Zahl etwas höher, blieb jedoch unter den Erwartungen. Die ausstellenden Anbieter registrierten es mit einem lachenden und einem weinenden Auge: "So können wir uns um jeden Interessenten intensiv kümmern."

Die Vorträge waren gut besucht

Weit über 20 Hersteller aus der Foto- und PC-Industrie, wie Adobe, Agfa, Canon, Epson, Fuji, Kodak und Polaroid, zeigten in einer Ausstellung die ganze Produktpalette digitaler Fotografie, angefangen von den Kameras über Software für die Bildbearbeitung bis hin zu Druckern, Scannern und Zubehör. "Kompakter und effektiver als auf der Cebit in Hannover kann sich der Handel hier über ein wachstumsträchtiges Zukunftsthema informieren", hob Knapp hervor.

Das Konzept des Pixelshops zielte unter anderem darauf ab, die Idealsituation einer Verkaufspräsentation am Point-of-Sale widerzuspiegeln. In trauter Eintracht waren Digitalkameras mit den Druckern anderer Hersteller vernetzt, Kameras verschiedener Marken auf dasselbe Motiv gerichtet, um den direkten Vergleich zu ermöglichen.

Großes Interesse fanden die Vorträge und Podiumsdiskussionen an beiden Tagen. Adf-Vorsitzender Knapp gab zunächst einen Überblick über die Entwicklung der digitalen Fotografie, angefangen bei der ersten Digitalkamera, die 1991 auf den Markt kam. Der Logi Fotoman brachte damals gerade mal eine Bildauflösung in Schwarzweiß von 90.240 Pixel und kostete 2.000 Mark. Sieben Jahre später ist die Megapixel-Kamera auf dem Markt mit einer Auflösung von einer Million Pixel, mit Wechselspeicher, eingebautem LC-Farbmonitor und verdreifachter Dateigröße zum halben Preis. Dennoch befindet sich die digitale Fotografie noch im Anfangsstadium. Die Software wird immer einfacher zu handhaben sein und die Technologie ständig verbessert, zum Beispiel bei den Herstellungsverfahren für Bildsensoren. Für Aufruhr im Markt sorgt im Moment der amerikanische Hersteller Imagek, der eine digitale Filmpatrone für die normale Kleinbildkamera anbietet.

Das digitale Bild als Marketingchance sehen

Martin Wagner von Ringfoto zeigte den Zuhörern in seinem Vortrag die zahlreichen Möglichkeiten auf, den Kunden mit Dienstleistungen für die digitale Fotografie zu gewinnen und an sich zu binden. Seiner Meinung nach werde noch viel zuwenig offensives Marketing vom Fachhandel geleistet. Crux dabei: Bis auf wenige Vorreiter wagen sich die Fotohändler ungern an den für sie unbekannten PC-Bereich heran, der PC-Fachhändler scheut die Auseinandersetzung mit der Fototechnik.

Fotofachhändler Wolf Holtgreve, einer der Diskussionsteilnehmer auf dem Podium, berichtete von einem Umsatzanteil digitaler Produkte von 30 Prozent in seinem Laden, davon gingen zwei Drittel auf das Konto Dienstleistung. "Wenn wir das Thema richtig angehen, werden wir einen neuen Fotofrühling erleben", prophezeit Holtgreve. Neben der Lernbereitschaft des Handels müsse auch "die Industrie große Anstrengungen unternehmen" und sich Gedanken machen, "wie das digitale Wissen zum Fachhändler transportiert" werden kann. Guter Rat von Stefan Heimerl, Marketingmanager Apple Computer: "Der Handel muß sich mehr auf Added value konzentrieren. Er muß Lösungen anbieten und sich nicht auf den Verkauf der Hardware fokussieren." Intel-Manager Wolfgang Petersen gab den Tip an den Handel: "Dem Kunden Miniseminare zum Einstieg in die digitale Fotografie anbieten."

Auf die "Gretchenfrage" "Wann wird der Massenmarkt da sein?" antwortete Bodo Badnowitz, Leiter Digital Imaging bei Agfa Deutschland, klar: "In zwei bis drei Jahren. Wenn der Preis für Mega-Pixel-Kameras unter 500 Mark fällt, explodiert der Markt." Holtgreve und Heimerl schlossen sich dieser Zeitspanne an, Petersen prognostizierte den Marktdurchbruch in "vier bis fünf Jahren". Wagner glaubte vorsichtig, es werde erst in "fünf bis zehn Jahren" soweit sein, daß digitale und konventionelle Kameras sich den Markt fifty-fifty teilen. Dennoch sollte der Handel nicht mehr lange warten, um in das Thema einzusteigen, denn bald werde digitales Fotografieren so einfach und preiswert sein wie der Umgang mit den Kleinbildknipsern. Damit fiele ein entscheidender Nachteil des Mediums, das noch recht komplizierte Handling, weg. Zudem stehe schon der nächste Trend vor der Tür: Die digitalen Videokameras sind im Anmarsch. Ob die Anregung von Apple-Manager Heimerl, Kooperationen zwischen PC- und Fotofachhändlern zu suchen, um sich in den Kompetenzen zu ergänzen, auf fruchtbaren Boden fällt, wird die nahe Zukunft zeigen. (ak)

Der Arbeitskreis Digitale Fotografie (adf) rief, doch kaum ein PC-Händler fand den Weg nach Köln. So blieben die Warnhinweise der Industrie nicht aus: Wenn sich die IT-Wiederverkäufer nicht bald mit den digitalen Knipsern beschäftigten, fährt der Zug ohne sie ab.

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