3. Informieren und Kommunizieren

20.12.2001

Das A und O reibungslos ablaufender Prozesse und gleichzeitig das Fundament für ein gutes Arbeitsklima ist die betriebliche Kommunikation, also die Art und Weise, wie die in einem Unternehmen arbeitenden Menschen miteinander umgehen. Das richtige Kom-munizieren ist eine der wichtigsten Eigenschaften, die eine Führungspersönlichkeit vom Manager unter-scheidet: die Fokussierung der Prozesssteuerung auf Personen statt auf Strukturen sowie die Selbstreflexion im Kommunikationsprozess. Die kommunikativen Aufgaben einer Führungspersönlichkeit sind weit gestreut, und es gilt einige Grundsätze dabei zu beachten:

- Hierarchiegrenzen überwinden. Vom Unter-nehmenschef bis zur Aushilfskraft - in einer Firma müsse alle, wirklich alle miteinander reden. Das weiß zwar jeder, doch es klappt nicht immer. Ein Hauptgrund ist der in der Chefetage oft befürchtete Machtverlust, nach dem Motto: Wenn die Mitarbeiter zu viel wissen, werden sie meine Entscheidungen nicht mehr akzeptieren, sondern nur noch über sie diskutieren wollen. Das kann zwar passieren, doch Probleme dürfte das allenfalls dem operativen Manager bereiten, der sich nicht über Menschen-führung, sondern über funktionale Macht definiert. Bei einer Führungspersönlichkeit indes ist das nicht der Fall: Aufgrund ihrer Fähigkeit, sich selbst zu führen (siehe Seite 49), hat sie genügend Selbst-vertrauen, um zu wissen, dass den Mitarbeitern auch bei einem offenen Kommunikationsstil klar ist, wer die höchste Entscheidungsbefugnis hat. Es besteht nicht die Gefahr der Demontage der Führungsposi-tion. Vielmehr kommt der große Vorteil der hier-archieübergreifenden Kommunikation zum Tragen: Jeder Einzelne in der Firma erfährt, welche strate-gischen Überlegungen hinter den Entscheidungen stehen, und deshalb kann er diese besser nachvoll-ziehen. Wenn der Informationsaustausch nicht an den Abteilungsgrenzen haltmacht, klappt die Zusam-menarbeit besser und damit auch die Aufgaben-erfüllung.

- Sach- und Beziehungsebene einbeziehen. Die betriebliche Kommunikation sollte stets sachbezogen sein. Der Austausch von die Arbeit betreffenden Informationen, etwa über Telefon oder E-Mail, ist die Basis der organisierten Zusammenarbeit in einem Unternehmen, einer Abteilung oder einem Team. Dies reicht aber nicht aus: Kommunikation muss auch die Beziehungsebene umfassen. Denn der Inhalt einer Information wird nicht allein vom gesprochenen oder geschriebenen Wort, sondern ebenso von der emo-tionalen Beziehung geprägt, in der die Kommunika-tionspartner zueinander stehen. Aufgrund ihrer kommunikativen Fähigkeiten ist eine Führungspersön-lichkeit in der Lage, bei der Erledigung der sachlich geprägten Aufgaben des Tagesgeschäfts die zwischenmenschlichen Kontakte zu fördern. Das funktioniert am besten, wenn der Chef mit gutem Beispiel vorangeht: Er besucht seine Mitarbeiter am Arbeitsplatz, überbringt einen Arbeitsauftrag persönlich, plaudert ein bisschen über Privates. Damit schafft er ohne großen Aufwand eine offene Arbeitsatmosphäre.

- Feedback nehmen und geben. Information darf keine Einbahnstraße sein: Informationen-Nehmen ist ebenso wichtig wie Informationen-Geben. Deshalb setzen Arbeitsabläufe ein gut funktionierendes Rückmeldesystem voraus. Das wichtigste Instrument sind Feedbackgespräche. Sie haben zwei Aufgaben: Zum einen dienen sie der Zwischenüberprüfung; durch kontinuierliche Rückmeldung, zum Beispiel im Rahmen eines "Jour fixe", lässt sich feststellen, ob der Mitarbeiter den Auftrag verstanden hat und welche Aufgabenschritte bereits erledigt sind. Ferner wird auf den Mitarbeiter ein konstruktiver Druck ausgeübt, denn wer weiß, dass er "zwischendurch" kontrolliert wird, bemüht sich konstant um gute Leistungen. Zum anderen dienen Feedbackgespräche als Frühwarnsystem: Schwachstellen treten frühzeitig zutage, sodass man sie beheben kann, bevor daraus ein Problem entsteht. Wichtig ist, das Feedback stets positiv zu gestalten, die gute Leistung hervorzuheben, auf Verbesserungsmöglichkeiten hinzuweisen und Kritik konstruktiv zu üben. Auch muss der Auftrag unmissverständlich formuliert sein, denn das Feed-back kann nur so gut sein wie die ursprüngliche Botschaft. Schließlich kann Feedback nur derjenige verlangen, der selbst Rückmeldung gibt, indem er Anregungen und Kritik seitens der Belegschaft erkennt, sie ernst nimmt und darauf reagiert.

- Lob und Respekt ausdrücken. Manchem Chef ist es peinlich, seine Leute zu loben. Das liegt vermutlich daran, dass er selbst in seinem Leben bislang wenig gelobt wurde oder weil er der Meinung ist, über Selbstverständliches brauche man nicht zu sprechen. Möglicherweise befürchtet er auch, dass der Gelobte eine "Gegenleistung", etwa eine Gehaltserhöhung, verlangt. Doch Lob ist enorm wichtig: Bleibt es näm-lich aus, wo es angebracht gewesen wäre, empfindet der Mitarbeiter das als ungerecht und demotivierend. Wer Lob verdient, soll es auch erhalten - am besten spontan, direkt und ohne Umschweife. Das Motto "Erwisch ihn, wenn er gut war" motiviert mehr als "Erwisch ihn, wenn er einen Fehler macht". Mit dem Lob bringt man gleichzeitig seinen Respekt vor dem anderen zum Ausdruck. Eine Führungspersönlichkeit weiß, wie man den Mitarbeiter respektvoll behandelt: Sie sieht in ihm das Positive, tritt ihm interessiert und ohne Vorurteile gegenüber, lässt ihn zu Wort kommen und bringt ihre Anerkennung zum Ausdruck. Ein altes Sprichwort sagt: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Für die Zusammenarbeit in der Firma bedeutet dies: Ein Mitarbeiter, der sich respekt-voll behandelt fühlt, gibt die erfahrene Wertschät-zung in Form guter Arbeitsleistung und Zufriedenheit zurück.

- Präsenz zeigen. Ein Unternehmer sollte sich, so oft es geht, "vor Ort" bei den Mitarbeitern zeigen. Ziel muss sein, zu einer festen Größe im Betriebsablauf zu werden, für alle sichtbar zu sein. Eine Führungspersönlichkeit hat keine Berührungsängste mit den Leuten "an der Front", sondern betreibt dieses "Management by walking around" ganz bewusst und gezielt. Auf diese Weise erhält der Chef Einblick in die tägliche Arbeit seiner Leute und in deren Probleme. Er kann sich selbst Informationen einholen und ist nicht darauf angewiesen, dass andere ihm - in gefilterter Form - Bericht erstatten. Die persönliche Ansprache gibt den Mitarbeitern das Gefühl, als Individuum wichtig für die Firma zu sein. Es gibt wohl keinen Mitarbeiter, der nicht lieber einen Menschen zum Reden hat statt einen anonymen Chef, der sich in seinem Büro ver-schanzt. Der tägliche Gang durch die Firma ist der kürzeste Dienstweg, viele Dinge lassen sich so schnell und unbürokratisch klären. Auch erfährt der Unter-nehmer in den kurzen, persönlichen Kontakten Informelles über die Denkweise, Wünsche, Ideen der Mitarbeiter, über die Stimmung, das Arbeitsklima - Informationen, an die er in offiziellen Meetings nicht herankommt. Allerdings darf nicht der Eindruck von Ausfragertum oder Schnüffelei entstehen; die Unterhaltungen dürfen keine inquisitorischen Fragen über das Privatleben enthalten.

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