3GSM: Hoffnung mobiles Internet

16.02.2007
Auf dem 3GSM World Congress in Barcelona standen zwei Themen im Vordergrund: das rasante Mobilfunkwachstum in den Schwellenländern und das mobile Internet, das vor allem in den gesättigten Märkten Mitteleuropas für neue Profite sorgen soll.

Von Dr. Thomas Hafen

Mit zirka 1.300 Ausstellern und 55.000 Besuchern verzeichnete der 3GSM World Congress, der vom 12. bis 15. Februar 2007 in Barcelona stattfand, neue Rekorde. Der Zuwachs ist symptomatisch, denn die gesamte Branche kann sich über mangelndes Wachstum nicht beklagen: Allein 2007 soll die Zahl der Mobilfunkteilnehmer weltweit um 480 Millionen steigen, so eine Prognose des Marktforschungsunternehmens Informa Telecoms & Media. Mit fünf Milliarden Handy-Nutzern bis 2015 rechnet Simon Beresford-Wylie, designierter Chef des Joint Ventures Nokia Siemens Networks.

Auf die Branche kommen damit zusätzliche Herausforderungen zu, denn die neuen Nutzer stammen vornehmlich aus Schwellen- und Entwicklungsländern. Dies erfordere andere Geschäftsmodelle und andere Netze, so Beresford-Wylie. Selbst UMTS sei für diese Datenmassen nicht ausgelegt, warnte Nortel-Chef Mike Zafiroski. Ausrüstern wie Nokia Siemens, Nortel, Alcatel-Lucent oder Ericsson schwebt eine Kombination aus herkömmlichen Mobilfunkstandards mit Technologien wie WiMax oder Long-Term Evolution (LTE) vor. Vor allem Ericsson setzt auf LTE und zeigte auf der 3GSM einen Testlauf, bei dem über einen 20-MHz-Kanal im 2,6-GHz-Frequenzband Übertragungsraten von 144 Mbit/s erreicht wurden.

Preiskampf bei Sprachminuten

Die europäischen Netzbetreiber plagen allerdings andere Sorgen als rasante Kundenzuwächse und überlastete Netze - im Gegenteil: In einem praktisch gesättigten Markt müssen sie mit sinkenden Preisen für Sprachdienste kämpfen und endlich Datenverkehr auf die UMTS-Netze bringen.

In Deutschland heizt vor allem E-Plus mit der Discount-Tochter Simyo und der Billigmarke "Base" den Preiskrieg bei Sprachtarifen an. Um elf Prozent sank der durchschnittliche Preis einer GSM-Telefonminute im vergangenen Jahr. Die Billigstrategie ist erfolgreich: Im Vergleich zu 2005 konnte der Anbieter 2006 seine Kundenzahl um 18 Prozent auf 12,65 Millionen steigern und damit einen Marktanteil von 14,9 Prozent erzielen. Auch 2007 will der Netzbetreiber den Preisdruck aufrechterhalten. Den Gegner sieht E-Plus-Chef Thorsten Dirks allerdings nicht nur bei den Mobilfunkern, sondern auch im Festnetz: "Wir wollen Kunden vom Wettbewerb gewinnen und mehr Verkehr aus dem Festnetz auf unser Netz lotsen", sagte er in Barcelona. Ziel sei es, den Anteil von Mobilfunk am Gesamtmarkt in zwei Jahren auf 30 Prozent zu erhöhen. Derzeit laufen rund 18 Prozent aller Sprachminuten durch mobile Netze.

Die Konkurrenz folgt dem Preisverfall zwar widerwillig, hat aber eigentlich ganz andere Pläne, um Umsatz und Gewinne langfristig zu sichern: Das mobile Internet soll es mal wieder richten - obwohl der Datenverkehr (ohne SMS und MMS) 2006 nach einer Analyse von Dialog Consult nur 6,1 Prozent zu den Diensteumsätzen der Netzbetreiber beitrug.

Netzbetreiber und Internetfirmen kooperieren

Um mehr Nutzer zu locken, setzen Netzbetreiber und Hersteller auf Partnerschaften mit den großen Internet-Inhalteanbietern. Eine Kooperation mit YouTube soll es beispielsweise Nutzern von Nokia-N-Series-Geräten ermöglichen, mit ihrem Handy auf das Filmchenportal zugreifen zu können. Simyo und Yahoo wollen ebenfalls zusammenarbeiten. Über den mobilen Client Yahoo Go sollen die Kunden der E-Plus-Tochter Zugang zu E-Mails, Messaging, eigenen Daten und Nachrichten erhalten. Damit die Nutzer dabei nicht verarmen, hat Simyo die Datentarife um über 97 Prozent auf 24 Cent pro MB gesenkt.

Auch Vodafone kooperiert mit Yahoo und will eine Handy-Version des Yahoo Messengers anbieten. Partnerschaften mit Google und eBay sollen ebenfalls zum Erfolg des mobilen Internets beitragen.

Nach Ansicht der Marktforscher von IDC geht der Traum der Anbieter in Erfüllung. Die Analysten glauben, dass mobile Dienste auf Basis der UMTS-Netze in diesem Jahr den Durchbruch zum Massenmarkt schaffen. Mit HSDPA (High-Speed Downlink Packet Access) steht in UMTS-Netzen eine Download-Rate von 1,8 Mbit/s zur Verfügung, die für Surfen und E-Mail-Abruf völlig ausreichend ist. Ein weiterer Ausbau der Netze soll sogar bis zu 7,2 Mbit/s ermöglichen. Auch beim Upload tut sich was: Fujitsu Siemens Computer (FSC) hat auf der 3GSM ein Notebook vorgestellt, das HSUPA (High-Speed Upload Package Access) unterstützt und eine Upload-Geschwindigkeit von bis zu 1,4 Mbit/s ermöglichen soll.

Mobile Wundermaschinen

Der Trend zur mobilen Datenwelt zeigt sich auch bei den Endgeräten, die auf der 3GSM vorgestellt wurden. Mehr als 50 neue Modelle von Motorola, Samsung, Sagem, Sony Ericsson, LG und anderen konnten die Besucher bewundern.

Zu den bemerkenswertesten Neuvorstellungen zählen drei Geräte von HTC, die auf Windows Mobile basieren. Zwei davon, das "Advantage" und das "P3350" nutzen noch Version 5 des mobilen Betriebssystems. Das "S710" ist bereits mit Version 6 ausgestattet, die Microsoft zur 3GSM vorgestellt hatte.

Interessant für den deutschen Handel ist vor allem das Mini-Notebook Advantage. Es wird unter dem Namen "Ameo" ab März bei T-Mobile erhältlich sein. Das Gerät verfügt über eine integrierte Festplatte mit 8 GB Kapazität und kann per GSM/UMTS, WLAN und Bluetooth drahtlos kommunizieren. Dank integriertem GPS-Modul lässt es sich darüber hinaus zur Navigation einsetzen.

Bei Nokias Produktvorstellungen standen ebenfalls multifunktionale Geräte im Vordergrund. So verfügt das UMTS-Handy 6110 Navigator über eine 2-Megapixel-Kamera und ein GPS-Modul. Das Gerät ist HSDPA-fähig und unterstützt die Nokia-Push-E-Mail-Funktion. Das BlackBerry-ähnliche E61 bekam mit dem E61i einen Nachfolger, der sich durch eine 2-Megapixel-Kamera, andere Navigationstasten und ein schlankeres Design vom Vorgänger unterscheidet.

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