4. Arbeit im Team steuern

20.12.2001

Ein IT-Fachhandelsunternehmen ist ein typischer Teambetrieb. Sämtliche Mitglieder der Firma, vom Geschäftsführer bis zum Lageristen, müssen best-möglich zusammenarbeiten, um den Kunden optimal betreuen und am Markt eine Spitzenposition errei-chen und halten zu können. Dies gelingt nicht mit einer losen Ansammlung von spezialisierten Einzel-kämpfern, sondern nur in Gruppenarbeit, also mit Teams. Ein Team ist keine Ansammlung von Men-schen, die zusammen arbeiten, sondern die zusam-menarbeiten. Die Teamarbeit zu fördern gehört zu den wichtigsten Aufgaben eines Unternehmers.

Teamarbeit weist gegenüber der Arbeit von Einzelnen viele Vorteile auf:

Das Team weiß mehr. In der Gruppe sammeln sich das individuelle Spezialwissen und die persönlichen Erfahrungen der Einzelnen. Unterschiedliche Mei-nungen werden zusammengeführt und ausgetauscht; dies reduziert die Häufigkeit und Schwere von Feh-lern. Umgekehrt lernt auch der Einzelne vom Team: Er erhält Denkanstöße und erweitert seinen Horizont - ein Wissen, das er wiederum dem Team zur Ver-fügung stellen kann.

Das Team ist kreativer. Individuelle Sichtweisen und Problemlösungskonzepte werden zusammenge-bracht. Wo einer nicht mehr weiterweiß, hat vielleicht ein anderer eine Idee. Die unterschiedlichen Perspek-tiven und Einstellungen regen sich gegenseitig an.

Das Team gleicht aus. Die Stärken der Einzelnen werden kumuliert, die Schwächen kompensiert. Bei Entscheidungen, die weder eindeutig richtig noch eindeutig falsch sind, findet die Gruppe einen Kompromiss.

Das Team schafft Akzeptanz. Einzellösungen sind Insellösungen, die Widerstände von Seiten jener her-vorrufen, die nicht am Entscheidungsprozess beteiligt waren. Sie fühlen sich betroffen - im negativen Sinn. Teamarbeit hingegen macht aus Betroffenen Betei-ligte: Eine Problemlösung, die von der gesamten Gruppe erarbeitet wird, findet größere Akzeptanz als die Lösung einer einzelnen Person.

Teamarbeit ist erfolgreich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:

Gemeinsames Ziel. Das Team verfolgt keine Einzel-ziele, sondern ein Gruppenziel. Dieses gemeinsame Ziel muss jeder Einzelne nicht nur kennen, sondern auch sein eigenes Handeln und Denken danach ausrichten. Jedem Teammitglied muss klar sein, dass Einzelziele dem Gruppenziel unterzuordnen sind.

Bündelung der individuellen Stärken. Jedes Gruppen-mitglied kann bestimmte Dinge besonders gut: Der eine hat fachliche Spezialkenntnisse, einer anderer Erfahrung im Umgang mit schwierigen Kunden, einer ist sozial besonders kompetent, ein weiterer hat ein Beziehungsnetzwerk. All diese Stärken sind für die Gruppe nützlich: Ein Team wird stark, indem es die Stärken seiner Mitglieder zusammenführt.

Klare Aufteilung von Aufgaben und Kompetenzen. Jeder im Team muss wissen, was er zu tun und bis wann er seine Arbeit zu erledigen hat. Entsprechend werden die Kompetenzen verteilt. Auch muss jeder wissen, welche die Aufgaben und Verantwortungs-bereiche seiner Kollegen sind. Diese Aufteilung ist klar und eindeutig zu kommunizieren - Transparenz beugt Missverständnissen und Gerüchten vor.

Gemeinsame Spielregeln. Die wichtigste Gruppenregel ist die gegenseitige Akzeptanz und Unterstützung, denn in einem Team ist jeder von jedem abhängig. Jeder hilft jedem bei der Erreichung des Gruppenziels. Hierzu gehören die Bereitschaft, eine andere Rolle oder zusätzliche Aufgaben im Team zu übernehmen sowie sachlich, offen und höflich miteinander umzugehen. Informationen dürfen nicht als Machtinstrument eingesetzt werden, sondern sind zu teilen. Nicht der Einzelne, sondern das Team soll Macht haben.

Regelkommunikation. In genau festgelegten Abständen ("Jour fixe") ist innerhalb des Teams zu besprechen, wer aktuell welche Aufgaben bis wann erledigt oder in welchem Status - im Plan, zeitlich verzögert, aufgetretene Probleme - sich die einzelnen Arbeiten befinden. Die Meetings sollen über Lösungen informieren und ein Forum für wechselseitiges Feedback sein.

Ein gutes Team braucht einen guten Teamleiter.

Wer eine Gruppe aus individuell denkenden und handelnden Menschen auf ein gemeinsames Ziel ausrichten will, das häufig in Konkurrenz zu den Einzelzielen der Teammitglieder steht, muss bestimmte Führungsfähigkeiten aufweisen.

Sicheres Auftreten. Der Teamleiter muss nach zwei Seiten Erfolge vorweisen: nach außen als Aushänge-schild gegenüber den Kunden (ein Serviceteam, das den EDV-Support beim Kunden vor Ort macht) und nach innen als Führer und Vorbild für die Gruppen-mitglieder. Wer souverän und sicher auftritt, demon-striert, dass das Team bei ihm gut aufgehoben ist und die Teamarbeit professionell erledigt wird.

Selbstbewusstsein. Wer eine Team leitet, muss tat-sächlich überzeugt sein - vom Unternehmen, vom Team, von seiner Rolle als Teamleiter, von seinen eigenen Fähigkeiten. Nur wer sich hundertprozentig sicher ist, dass er der Richtige für diesen Job ist, wird Krisen meistern.

Zugeben von Fehlern und Schwächen. Selbstbewusst-sein darf nicht mit dem Anspruch der Unfehlbarkeit verwechselt werden. Jeder Mensch hat das Recht, Fehler zu machen und Schwächen zu haben, also auch der Teamleiter. Wichtig ist, dass er dies erkennt, dazu steht und an Verbesserungen arbeitet. In einem offenen Arbeitsklima ist es kein Imageproblem, wenn der Teamleiter seine eigenen Schwachstellen durch die Stärken eines Teammitglieds kompensiert. Im Gegenteil, er wird an Sympathie gewinnen.

Soll ein Team neu aufgebaut werden, gilt es einige zusätzliche Regeln zu berücksichtigen. Beispiels-weise muss klar sein, welche Arbeitsergebnisse von dem Team erwartet werden. Die Erwartungshaltung ist jedem Einzelnen bereits vor der Einberufung in das Team eindeutig zu vermitteln - jeder muss wissen, worauf er sich im Team einlässt. Dabei geht es auch um die Zusammenstellung der "richtigen Mischung". Es sollten Menschen sein, die verschiedene Blickwinkel einnehmen und ihre Stärken in unterschiedlichen Bereichen haben. Für eine gute Durchmischung sorgt es auch, wenn Jung und Alt zusammenarbeiten. Ideal ist es, wenn die Mitglieder bereits Teamerfahrung mitbringen.

Teamarbeit ist nicht das Paradies auf Erden. Denn überall, wo Menschen in Beziehungen zueinander treten, treten Probleme auf - auch bei der Team-arbeit. Doch es gibt bewährte Lösungen. Einige Beispiele:

Das Team arbeitet nicht zusammen. Hier sollte der Teamleiter prüfen, ob alle Teammitglieder vom über-geordneten Sinn des gemeinsamen Ziels überzeugt sind. Die Tatsache, dass sich niemand negativ äußert oder beschwert, beweist nicht, dass es keine Be-denken und inneren Widerstände gibt. Verstärkte persönliche Kontakte fördern die Zusammenarbeit, das gemeinsame Feiern von Erfolgen stärkt das Wir-Gefühl.

Die Stimmung im Team stimmt nicht. Wenn es im Team "knistert", ist irgendwo ein unterschwelliger Konflikt ausgebrochen. Ein feinfühliger Teamleiter wird dies daran erkennen, dass weniger miteinander, sondern mehr übereinander geredet wird. Zunächst ist zu eruieren, ob es sich um einen sachbezogenen oder um einen personenbezogenen Konflikt handelt. Im ersten Fall sollte sich der Teamleiter das Problem streng sachlich, also ohne Vorwürfe und Schuldzu-weisungen, schildern lassen und als Moderator die Kontrahenten dazu bringen, die Unstimmigkeit selber zu bereinigen. Im zweiten Fall hat es sich bewährt, sich von beiden Seiten Lösungsvorschläge geben zu lassen. Die Beteiligten müssen bei der Konfliktbewäl-tigung aktiv mitmachen, sonst tragen sie möglicher-weise das Ergebnis nicht mit.

Ein Einzelner ist kein Teamplayer. Solche Menschen findet man sehr häufig. Sie sind als Fachleute anerkannt, treten aber als Einzelgänger auf. Ein mö-glicher Grund kann sein, dass sich der Betreffende nicht ernst genommen fühlt und sich deshalb von der Gruppe isoliert. Vielleicht wähnt er sich auch den anderen über- oder unterlegen; dann ist sein Verhal-ten ein Schutzmechanismus. Ihm muss der Teamleiter verdeutlichen, wie er auf andere und das Team als Ganzes wirkt. Gemeinsam mit anderen Gruppen-mitgliedern sollte der Teamleiter nach Ideen suchen, wie der Einzelgänger besser integriert werden kann.

Wenn es gelingt, aus Individuen mit unterschied-lichen Fähigkeiten engagierte, auf ein gemein-sames Ziel ausgerichtete Teamworker zu machen, dann schafft sich das Unternehmen ein wichtiges Fundament, um im Wettbewerb zu bestehen. (oe)

Dr. Renate Oettinger ist Diplomkauffrau und arbeitet als freie Fachjournalistin in München.

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