Arbeitsleben im Büro

"40 Prozent des Tages für Facebook, Labern und Klo"

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Im Büro verbringt man 40 Prozent der Zeit mit Facebook, Labern und aufs Klo gehen. Kein Wunder, dass es Studenten gibt, die einen entsprechenden Nine-to-Five-Job wollen. Dies sind zwei Ergebnisse einer Diskussion über "gute Arbeit", die Microsoft mit Studierenden der TU München führte.

Junge Frauen in kurzen Sommerkleidern stehen in kleinen Grüppchen auf dem Bürgersteig und unterhalten sich, junge Männer trödeln entspannt auf dem Rad vorbei. Da und dort verziert ein Spritzer Vanille-Eis den Asphalt. Aus offenen Café-Türen schallt Musik. Es wird wärmer in München, endlich, und über Schwabing wölbt sich an diesem frühen Abend Ende April ein klarer violett-blauer Himmel. Doch Jennifer Herrmann, Studentin an der TU, hat dafür keinen Blick. Sie wird heute bei einer Podiumsdiskussion in der Immatrikulationshalle der Uni sprechen. Über Arbeit, genau genommen über das, was junge Menschen unter guter Arbeit verstehen. Eingeladen hat Microsoft.

Der IT-Riese will mit dem Titel der Diskussion "Hallo Arbeitswelt, ich wäre dann soweit!" einen Widerspruch verdeutlichen. Tenor: Die mobilen jungen Leute mit ihrem Wunsch nach Freiheit und Eigenverantwortung treffen auf Unternehmen, deren gestrige Strukturen noch gar nicht auf sie vorbereitet sind.

Microsoft-Diskussion am 27. April mit Thorsten Hübschen: "Früher 'durfte' man ins Büro und war stolz darauf. Heute hat sich das ins Gegenteil verkehrt, weil die Menschen nicht wissen nicht, an welchen Produkten sie eigentlich arbeiten und für wen."
Microsoft-Diskussion am 27. April mit Thorsten Hübschen: "Früher 'durfte' man ins Büro und war stolz darauf. Heute hat sich das ins Gegenteil verkehrt, weil die Menschen nicht wissen nicht, an welchen Produkten sie eigentlich arbeiten und für wen."
Foto: Microsoft Deutschland GmbH

Sicherheit im Job vs. Verwantwortung

Doch in solchen Klischees findet sich Jennifer Herrmann nicht wieder. Bevor sie ihren Platz auf dem Podium einnimmt, hat sie noch Zeit für ein Gespräch. Und stellt zunächst einmal klar: "Es gibt auch Studenten, die einen Nine-to-Five-Job wollen!" Nicht jeder wolle vernetzt und mobil arbeiten, sagt sie. Mancher suche eben Sicherheit und sei wenig an Verantwortung interessiert.

Dabei ist Jennifer Herrmann selbst eine, die gern anpackt. Derzeit leitet sie an der Uni ein Projektteam zum kollaborativen Lernen. Gemeinsam mit anderen Studierenden arbeitet sie an einer Plattform, die Daten zugänglich macht und das Lernen erleichtert. Ihre Erfahrungen als Werkstudentin in Unternehmen sind zwiespältig. Sie hat Firmen gesehen, da war es wichtiger, "ein adrettes Kostümchen anzuhaben, als inhaltlich gute Arbeit zu leisten", erzählt sie. So etwas, fügt die Studentin an, sei ein Impuls, selbst zu gründen, "um dann eine Firmenkultur zu schaffen, die Innovationen fördert".

Diese Überlegung hat Daniel Krauss, der mit ihr auf dem Podium sitzt, hinter sich – der 31-Jährige ist Gründer und CIO von Flixbus. Außer ihm diskutieren Blogger Markus Herrmann, Dominik Kenzler von Dark Horse Innovation und Thorsten Hübschen, der bei Microsoft Deutschland das Office-Geschäft verantwortet.
(Weitere Themen rund um Thorsten Hübschen, Microsoft und die Zukunft der Arbeit: "Künstliche Inteligenz für die Arbeit im Büro" sowie "Warum das Büro 'großartig' scheitern musste")

Hübschens These, dass letztendlich nur zwei Punkte zählen – Kunden und Innovationen nämlich – greift der junge Flixbus-CIO gleich auf. "Ich habe nicht das Privileg, mir meine Kunden aussuchen zu können", berichtet er, "da sind auch sperrige Typen dabei." Wobei Krauss auch nicht erwartet, privilegiert behandelt zu werden. Die Kommunikation mit seinen "Kollegen" schätzt er an seiner Arbeit am meisten, sagt er. Das Wort Mitarbeiter vermeidet der Gründer offenbar.

Die Fahrer der Fernbusse sind übrigens weder Kollegen noch Mitarbeiter, sie sind bei den Kooperationspartnern von Flixbus angestellt. Sein junges Unternehmen will Krauss als eine Art Dachorganisation verstanden wissen, die die Busunternehmen nutzen. Doch der formale Status der Fahrer ist Krauss nicht wichtig, sagt er. Gibt es Probleme mit den Bussen, ist er der Ansprechpartner. "Ich bin gern am Bahnhof und rede mit den Busfahrern", erzählt er, "auch, wenn der Ton da manchmal etwas derber ist."

Arbeit selbst einteilen und Freiheiten haben

Diese Äußerung steht idealtypisch für die Erwartungen der jungen Leute: Rausgehen, sich die Arbeit selbst einteilen, Freiheiten haben. Ein junger Mann aus dem Publikum meldet sich und sagt, es sei doch sinnlos, Mitarbeiter acht Stunden lang in Büroräume zu stecken. Wer so arbeiten müsse, bringe "40 Prozent des Tages bei Facebook, Labern mit Kollegen und aufs Klo gehen" zu.

Arbeitszeit ist ein Stichwort, das Moderator Christian Helten aus der Redaktion des "Jetzt"-Magazins (Süddeutsche Zeitung) gerne aufgreift. Wieviel Zeit sie denn mit guter Arbeit verbringen wollten, fragt er in die Runde. Flixbus-CIO Krauss muss lachen. "Es war im Briefing extra ausgemacht, dass du mich NICHT danach fragst!" Er wolle ja nicht "alle desillusionieren" …

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