Mentaler Unterstützer in der Startphase

"Ab morgen sind Sie Chef"

10.04.2012
Wie Mittelständler ihre Mitarbeiter auf Führungspositionen vorbereiten können, sagt Rainer Nollens.

Begeistert trat Kai Riemann* seine neue Stelle als Geschäftsführer eines Küchengeräteherstellers an. Nach einem Job, bei dem er sich primär als Sanierer hatte beweisen müssen, freute er sich so richtig darauf, endlich mal wieder für ein "gesundes" Unternehmen zu arbeiten - mit vollen Auftragsbüchern und soliden Finanzen. An Arbeit würde es ihm trotzdem nicht mangeln, das war ihm klar. Unter anderem, weil in den zurückliegenden drei Jahren vier Mal der Geschäftsführer des 350-Mann-Unternehmens gewechselt hatte. Entsprechend groß war die Innovationsstau.

Trotzdem beging Riemann nicht den Fehler vieler "Newcomer" in der Startphase. Er verkündete nicht sogleich lauthals "Hier muss sich alles ändern". Vielmehr suchte er, auch weil kein akuter Handlungsdruck bestand, zunächst den Kontakt mit den zumeist altgedienten Mitarbeitern des Unternehmens. Und wenn sie "den Neuen" nach seinen Plänen fragten, dann erwiderte er: "In den ersten drei Monaten möchte ich erst mal den Betrieb kennen lernen, und danach werde ich mit ihnen überlegen, was man eventuell besser machen kann." Woraufhin Riemann regelmäßig ein Aufatmen bei den Mitarbeitern spürte.

Alles ging seinen guten Gang. Nur eine Person bereitete Riemann zunehmend Kopfzerbrechen: die schon recht betagte Firmeninhaberin. Täglich kam sie für ein, zwei Stunden in den Betrieb und suchte nicht nur das Gespräch mit Riemann - auch über private Themen. Immer wieder kommentierte sie auch solche Dinge wie seine Krawatte und das Aussehen seines Schreibtischs - kritisch.

Anfangs reagierte Riemann darauf gelassen. Doch irgendwann merkte er: Wenn ich nicht aufpasse, platzt mir, obwohl ich die Frau sehr schätze, bald der Kragen. Und ich lasse mich zur einer Bemerkung hinreißen wie, dass ich als 45-jähriger Betriebswirt mit mehr als ein Dutzend Jahren Managementerfahrung wohl selbst entscheiden kann, ob ich eine gestreifte oder gepunktete Krawatte trage. Klar war ihm aber auch: Wenn das geschieht, kann ich voraussichtlich - wie meine Vorgänger - die Koffer packen. Also suchte sich Riemann einen Coach, um mit ihm eine "Überlebensstrategie" zu erarbeiten.

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