Abmahnen und abmahnen lassen

11.12.2006

TR-Video

Herrn Torsten Rüffer

Aschendorfer Weg 10

49214 Bad Laer

Chefredaktion

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Fax: 089 36086-389

E-Mail: dsicking@channelpartner.de

München, 11.12.2006

Sehr geehrter Herr Rüffer,

im Geschäftsjahr 2005/06 (30.09.) haben wir von ChannelPartner (früher ComputerPartner) rund 5.500 Online-News verfasst, wir haben 49 Print-Ausgaben mit insgesamt 3.610 Heftseiten veröffentlicht, davon 1.345 Redaktionsseiten (netto, also ohne Werbung), und wir haben acht Sonderhefte herausgebracht. Warum wir das getan haben? Um unsere Leser, also auch Sie, sehr geehrter Herr Rüffer, über die Neuigkeiten auf dem Laufenden zu halten und Ihnen Orientierung zu bieten. Und das Ganze für Sie auch noch kostenlos. Nett, ne?

Und was bekommen wir für diese Anstrengungen? Ein Dankesschreiben, einen Blumenstrauß, einen Karton Müller-Thurgau? Nein, wir bekommen einen Brief von Ihrem Anwalt. Finden Sie das in Ordnung?!

Okay, die Branche hat ein neues Hobby: Abmahnen. Längst ist es nicht mehr nur die Media-Saturn-Gruppe (MSH) mit ihren fleißigen Rechtsanwälten, die unliebsame Konkurrenten auf diese Weise vom Arbeiten abhält. Auch die kleinen Händler sind auf den Geschmack gekommen. "In der Branche tobt ein Kampf jeder gegen jeden", schreibt die "Wirtschaftswoche" und berichtet von einem Mannheimer Händler, der zwar 19 Abmahnungen von Media Markt erhalten, im Gegenzug aber 28 Verfahren gegen den Media Markt angestrengt hat.

Und nun also auch wir! Wir staunten nicht schlecht, als wir Anfang Dezember ein Schreiben Ihres Rechtsanwalts Marcel van Maele erhielten und dieser uns mitteilte, dass wir auf unserem Shop unter www.computerpartner.de "in großem Umfang Computer- und Notebook-Zubehör" anbieten würden und zwischen uns und "meinem Mandanten somit ein Wettbewerbsverhältnis besteht". Interessant, wussten wir noch gar nicht, dass wir jetzt auch einen Shop haben.

Neu war für uns auch, dass wir auf unserer Homepage unter anderem den Epson-Drucker Stylus DX7000F zum Kauf anbieten, "bei welchem Sie - wie auch bei einer Vielzahl von weiteren Angeboten - mit Preisgegenüberstellungen dergestalt werben, dass Sie einem höheren ‚UVP‘-Preis einen deutlich niedrigeren, von Ihnen verlangten Preis gegenüberstellen". Als Beweis hat Ihr Anwalt die Kopie "unseres Angebotes" beigefügt. Die haben wir uns natürlich sofort angesehen. Und siehe da, es handelte sich um eine stinknormale Produktmeldung, so wie wir sie 100fach im Jahr verfassen. Krass, dass man jetzt auch schon dafür abgemahnt wird!

War ja wohl eher ein Irrtum, oder? Mehr so eine Art Serienbrief. Man gibt bei Google "UVP" ein, und dann legt man los, ohne die Angelegenheit genauer zu prüfen. Da trifft man schon mal daneben. Na und?

Eigentlich müsste ich Ihnen böse sein, denn dieses offensichtlich völlig ungerechtfertigte Schreiben Ihres Anwalts zwingt mich dazu, einen Teil meiner Lebenszeit für die Beschäftigung mit diesem Schreiben und dessen Beantwortung zu opfern. Jawohl, zu opfern! Eigentlich müsste ich Ihnen diese Zeit in Rechnung stellen. Aber weil Sie mir eine schöne Vorlage für einen Offenen Brief geliefert haben, will ich noch mal Gnade vor Recht ergehen lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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