Facebook-Beiträge gelöscht

Abmahner geht gegen Berichterstattung vor

Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
Die Berichterstattung rund um das durch zahlreiche Abmahnungen bekannt gewordene Systemhaus Revolutive Systems stößt bei dem Regenstaufer Unternehmen auf wenig Gegenliebe. Besonders Anwälte der Abmahnopfer, die regelmäßig in ihren Blogs über die neuesten Entwicklungen der Rechtsstreitigkeiten berichten, sehen sich mit Versuchen, die Berichterstattung zu unterbinden, konfrontiert.

Die Berichterstattung rund um das durch zahlreiche Abmahnungen bekannt gewordene Systemhaus Revolutive Systems (vormals Binary Services) stößt bei dem Regenstaufer Unternehmen auf wenig Gegenliebe. Besonders Anwälte der Abmahnopfer, die regelmäßig in ihren Blogs über die neuesten Entwicklungen der Rechtsstreitigkeiten berichten, sehen sich mit Versuchen, die Berichterstattung zu unterbinden, konfrontiert. (Wie in diesem Streitfall alles begonnen hat, können Sie der Bildergalerie ganz unten entnehmen.)

Neben den Blogs berichten die Rechtsanwälte auch über das soziale Netzwerk Facebook. Nun hat Florian Blischke, Geschäftsführer bei Revolutive Systems, die Löschung eines Beitrages von Rechtsanwalt Niklas Plutte erwirkt. Dazu reicht bei Facebook der Hinweis, dass der Beitrag womöglich gegen Urheberrechte verstößt. "Facebook ermöglicht es Dritten nicht nur, rechtsverletzende Beiträge von der Plattform entfernen zu lassen, sondern auch, unliebsame kritische Beiträge ohne Anhörung des Verfassers zu sperren. Für die Betroffenen ist effektiver Rechtsschutz Fehlanzeige. Stattdessen droht eine Beitragssperre bis hin zum Ausschluss von der Plattform", klagt Plutte in seinem Blog. In diesem Fall hatte Plutte in seinem Beitrag auf den Artikel "17 Anzeichen, an denen man eine "Massenabmahnung" erkennt - am Beispiel der aktuellen Facebook-Abmahnung” seines Kollegen Arno Lampmann verwiesen. Dies hatte Folgen: Plutte konnte sich nicht mehr mit seinem Smartphone bei Facebook einloggen. "Der Einwahlversuch endete mit einem Sitzungsabbruch, in dem darauf verwiesen wurde, ich solle mich über einen regulären Webbrowser erneut bei der Plattform anmelden. Die Einwahl ergab, dass Florian Blischke, Geschäftsführer der Revolutive Systems GmbH, die Entfernung eines meiner Beiträge bei Facebook erwirkt hatte", berichtet Plutte, der den Vorgang in seinem Blog dokumentiert hat.

Facebook hält sich raus

Facebook hält sich dabei im Hintergrund: "Facebook kann Streitigkeiten zwischen Dritten nicht entscheiden", heißt es in der Mitteilung an Rechtanwalt Plutte. Es wird auf den Namen und die E-Mail-Adresse der beschwerdeführenden Partei verwiesen, mit dem Vorschlag, diese direkt zu kontaktieren, um das Problem zu lösen. Die beschwerdeführende Partei muss allerdings auf die Anfrage nicht antworten.

Indes rätselt Plutte, welche Bestandteile seines Postings gegebenenfalls die Urheberrechte Herrn Blischkes verletzen könnten. "Anknüpfungspunkt für eine Urheberrechtsverletzung können nur die im Artikel beispielhaft abgebildeten Seiten eines Anwaltsschriftsatzes von Rechtsanwalt Hans-Werner Kallert aus der Abmahnwelle der ehemaligen Binary Services GmbH im Herbst 2012 sein", vermutet der Anwalt. Dafür müsste aber das Anwaltschreiben urheberrechtlich geschützt sein, was Plutte bezweifelt. So enthalte das Schreiben standardisierte Ausführungen, die in Inhalt und Struktur vollständig durch die Sache vorgegeben sind, wie die Aufforderung zur Unterlassung eines bestimmten Verhaltens sowie die Zahlung der gegnerischen Abmahnkosten. Damit unterscheide sich die Abmahnung in urheberrechtlicher Sicht nicht von üblichen UWG-Abmahnungen anderer Rechtsanwälte. " Außergewöhnlich kreative, kunstvolle oder sonstwie ungewöhnliche Formulierungen, die zur Anerkennung von Schöpfungshöhe führen könnten, sind ebenfalls nicht erkennbar. Besonders sind die Abmahnungen nur aus wettbewerbsrechtlicher Perspektive im Hinblick auf die diversen Missbrauchsindizien, wie Arno Lampmann es zutreffend herausgearbeitet hat", konstatiert Plutte.

Als Verfasser des gelöschten Beitrags sind einem die Hände gebunden: "Bedauerlicherweise hat man als Betroffener weder vor noch nach Beitragsentfernung effektive Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Maßnahme, z.B. durch ein Recht zur Stellungnahme zum Verletzungsvorwurf. Facebook stellt den Nutzer vielmehr vor vollendete Tatsachen", sagt Plutte.

Gerne hätten wir den Standpunkt von Florian Blischke zu diesem Vorgang berücksichtigt. "Hierzu wird kein Kommentar abgegeben", schreibt sein Rechtanwalt Herbert Schwarzfischer aus Regensburg auf Anfrage von ChannelPartner.

Abmahnung für den Anwalt

Auch Pluttes Kollege Frank Weiß berichtet auf seinem Blog unter Ratgeberrecht.eu über die Vorgänge. Laut Weiß wurde er nun deshalb durch Florian Blischke persönlich abgemahnt. Auf Anfrage von ChannelPartner, welche Passagen bedenklich seien und aus welchem Grund, antwortet Herrn Blischkes Anwalt Schwarzfischer: "Es ist offenkundlich, dass die Mandantschaft durch den Kollegen hier zu Zwecken der Eigenwerbung an den Pranger gestellt werden soll, unzulässig sind die Passagen unter namentlicher Nennung der Mandantschaft betreffend strafrechtliches Ermittlungsverfahren und Durchsuchung", schreibt Schwarzfischer. Der Internet-Blog sei kein Presseerzeugnis, daher könne Weiß auch nicht die Privilegien der Presse in Anspruch nehmen. Daher sei diese 'Berichterstattung' als "Persönlichkeitsrechtsverletzung und als Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb" zu werten. Rechtanwalt Weiß hatte in seinem Blog sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch im Ermittlungsverfahren die Unschuldsvermutung gilt. "Dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, bedeutet somit nicht, dass ein strafrechtlich relevanter Vorwurf auch tatsächlich gegeben ist", betont Weiß in seinem Blog.

Das Vorgehen von Florian Blischke könnte nun den Anschein erwecken, dass es im Falle der angeblichen Urheberrechtverletzungen vor allem gegen die Berichterstattung über den Sachverhalt der Abmahnungen wegen fehlender Facebook-Impressen geht. Diese Problematik wollten Herr Blischke und sein Rechtanwalt Herbert Schwarzfischer nicht weiter kommentieren. (awe)

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