Auch in der Probezeit

Abmahnung "verbraucht" das Kündigungsrecht

10.03.2008
Bekommt ein Arbeitnehmer in der Probezeit eine Abmahnung, darf ihm wegen der gleichen Pflichtverletzung nicht auch noch gekündigt werden.

Vor der Aussprache einer verhaltensbedingten Kündigung ist in der Regel eine Abmahnung des Arbeitnehmers erforderlich. Dies gilt vor allem dann, wenn das Kündigungsschutzgesetz zu beachten ist, weil das Arbeitsverhältnis mehr als 6 Monate Bestand hat und in dem streitgegenständlichen Betrieb mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt sind.

Mit einer Abmahnung weist der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf sein Fehlverhalten hin und bringt des Weiteren zum Ausdruck, dass er dieses pflichtwidrige Verhalten nicht weiter dulden wird. Dem Arbeitnehmer müssen für den Fall einer weiteren Zuwiderhandlung zudem arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht werden.

Spricht ein Arbeitgeber gegenüber einem Mitarbeiter aufgrund eines bestimmten Fehlverhaltens eine Abmahnung aus, verbraucht er damit nah ständiger Rechtsprechung sein Kündigungsrecht bezüglich des konkret abgemahnten Verhaltens. Mit der Abmahnung verzichtet er also gleichzeitig auf das Recht zur Aussprache einer Kündigung wegen dieser abgemahnten Pflichtwidrigkeit. Der Arbeitgeber muss dann also abwarten, ob sich der Mitarbeiter erneut pflichtwidrig verhält, um ihm dann aufgrund des neuen Vorfalls kündigen zu können.

In einem neuen Urteil hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) diesen Grundsatz nun auch in einem Fall angewandt, in dem sich der betreffende Mitarbeiter noch in der Probezeit seines Arbeitsverhältnisses befand. Der Arbeitgeber hatte dem Mitarbeiter eine Abmahnung geschickt und sprach am selben Tag auch noch eine ordentliche Kündigung aus. Zu diesem Zeitpunkt war der Arbeitnehmer aber noch keine 6 Monate in dem Betrieb beschäftigt und befand sich noch in der Probezeit. Damit war das Kündigungsschutzgesetz zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht anwendbar und eine Begründung der Kündigung wäre nicht nötig gewesen.

Trotzdem hat das BAG entschieden, dass der Ausspruch einer Abmahnung auch in der Probezeit das Kündigungsrecht verbrauchen kann, weil der Arbeitgeber wegen eines Fehlverhaltens nur abmahnen oder kündigen kann, aber nicht beides gleichzeitig.

Die Richter waren wegen dem zeitlichen Zusammenhang der Ansicht, dass auch die Kündigung wegen der Pflichtverletzung erfolgt sei. In so einer Situation sei es dann Sache des Arbeitgebers darzulegen, dass ihn andere Gründe zur Kündigung bewogen hätten.

Das BAG hob daher die vorgehende Entscheidung des LAG Hamburg auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung an die Vorinstanz. Die dortigen Richter haben nun zu prüfen, ob der Arbeitgeber - wie von ihm behauptet - noch andere Gründe außer der abgemahnten Pflichtverletzung für die Kündigung hatte. Wobei keine Rechtfertigung im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes erforderlich ist, weil der Mitarbeiter aufgrund der Probezeit diesen Schutz noch nicht genoss.

Als Quintessenz kann folgendes aus dieser Entscheidung festgehalten werden: ein Arbeitgeber sollte im Falle einer Pflichtverletzung von Seiten des Mitarbeiters während dessen Probezeit den Ausspruch einer Abmahnung sorgfältig gegenüber der unmittelbaren Kündigung abwägen. Erfolgt eine Kündigung nämlich wegen eines bereits abgemahnten Verhaltens, könnte sie unwirksam sein, obwohl während der Probezeit Kündigungsfreiheit besteht.

Ist dagegen schon eine Abmahnung ausgesprochen worden und möchte der Arbeitgeber während der Probezeit noch kündigen, empfiehlt es sich damit so lange wie möglich zu warten, um auszuschließen, dass zwischen der Abmahnung und der Kündigung ein sachlicher Zusammenhang hergestellt werden kann. Notfalls kann noch am letzten Tag der Probezeit die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen werden.

Der Autor: Dr. Christian Salzbrunn arbeitet als Rechtsanwalt in Düsseldorf. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten zählen das Arbeitsrecht, Wirtschaftsrecht sowie die Themen Insolvenz und Inkasso. Kontakt und weitere Informationen: Telefon +49 (0)2 11. 1 75 20 89-0, Telefax +49 (0)2 11. 1 75 20 89-9. E-Mail: info@ra-salzbrunn.de, Internet: www.ra-salzbrunn.de (mf)

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