Abschied von Novell

05.01.2007
Der Heizkesselhersteller Interdomo hat Novells Netzwerkbetriebssysteme Netware 4.11 und die E-Mail-Plattform Groupwise 5.2 zugunsten von Microsoft-Produkten aufgegeben. Dabei war dem Kunden das Systemhaus Sievers-SNC aus Osnabrück behilflich.

Von Dr. Ronald Wiltscheck

Novells Hinwendung zu Linux hat auch Schattenseiten. Viele mittelständische Kunden wollen sich nicht allein auf eine Open-Source-Plattform verlassen und entscheiden sich stattdessen komplett für Microsoft - so geschehen etwa beim Heizkesselhersteller Interdomo.

Dieses Unternehmen arbeitet bereits seit Mitte der 90er-Jahre mit dem Serverbetriebssystem Novell Netware 4.11 sowie mit der Mail-Software Groupwise 5.2. Doch im Laufe der Zeit kam auch diese IT-Plattform in die Jahre, die Novell-Produkte waren zu neueren Programmen nicht mehr kompatibel.

Mit dem Novell-Support unzufrieden

Außerdem gab es für Netware 4.11 keinen Support mehr, und für das veraltete Netzwerkbetriebssystem entwickelte Novell keine neuen Werkzeuge mehr. "Netware 4.11 war zu keinem Produkt kompatibel, das neu auf den Markt kam, etwa zu Telefon- und Faxsoftware", erklärt Reiner Voskort, verantwortlich für das Netzwerk bei Interdomo. Probleme gab es regelmäßig bei den Schnittstellen zur Unternehmenssoftware SAP, die von der französischen Muttergesellschaft betrieben wird. Das System war insgesamt sehr instabil, was zur Folge hatte, dass Voskort regelmäßig die Samstage in der Firma mit Wartungsarbeiten verbringen musste. So fielen letztlich auch Personalkosten an.

Unzufrieden war Interdomo auch mit dem Novellschen Mail-System Groupwise 5.2, das nicht mit den eingesetzten Microsoft Office-Programmen kompatibel war. E-Mails, die im HTML-Format ankamen, wurden beispielsweise nicht korrekt angezeigt. Die mobilen Geräte der Manager und der rund 30 Vertriebsmitarbeiter - im Wesentlichen Notebooks und PDAs (Personal Digital Assistants) - ließen sich ebenfalls nicht einbinden. Ein Zugriff auf E-Mails oder Unternehmensdaten von außen war schlichtweg unmöglich, was die Arbeit der Kollegen unterwegs erschwerte. Das sollte Anfang vergangenen Jahres mit einem neuen Serverbetriebssystem und einem neuen Mail-Server schnellstens geändert werden: "Das neue Serverbetriebssystem sollte auf jeden Fall aktuell und so stark am Markt verbreitet sein, dass wir im Notfall genügend Support bekommen könnten", beschreibt Voskort die Anforderungen.

Entscheidung für Microsoft stand von Anfang an fest

Aufgrund der weiten Verbreitung, der zahlreichen Schnittstellen zu Produkten anderer Hersteller wie der eingesetzten CTI-Software (Computer-Telefon-Integration) von Siemens und des umfangreichen Supports stand die Migration auf das Microsoft-Serverbetriebssystem Windows Server 2003 schnell fest. "Nicht zuletzt wegen der hohen Kompatibilität und des umfassenden Supports der Microsoft-Lösung kam eine andere Plattform, wie etwa Linux, für uns nicht in Frage", betont Voskort. Um eine homogene Umgebung zu schaffen, sollte als Mail-Server Microsoft Exchange Server 2003 mit dem Mail-Programm Microsoft Office Outlook 2003 eingeführt werden. "Die Zuverlässigkeit und Sicherheit sowie der im Windows Server 2003 integrierte Verzeichnisdienst Active Directory haben mich überzeugt", so Voskort. Jetzt kann er mit einem einzigen Administrationswerkzeug sämtliche Server, Dateien, Datenbanken, Nutzer und Webzugriffe verwalten sowie Upgrades zentral durchführen.

Alte Kundenkontakte gaben den Ausschlag

Gemeinsam mit Sievers-SNC migrierte Interdomo seine vier Netware-4.11-Server in nur sieben Tagen auf das Betriebssystem Microsoft Windows Server 2003 Standard Edition. Für den Osnabrücker IT-Dienstleister entschied sich der Kunde, weil man sich bereits aus früheren Projekten kannte. Sievers SNC agiert bei Interdomo bereits seit mehreren Jahren als Security-Dienstleister und hat den Heizkesselhersteller mit diversen Firewalls, Antivirenlösungen und Filtersystemen gegen unerwünschte Inhalten ausgestattet.

Dadurch erhielt Sievers SNC auch den Vorzug gegenüber den zwei anderen Microsoft-Partnern, die sich ebenfalls an der gerade mal vier Wochen andauernden Ausschreibung bei Interdomo beteiligten.

Doch das IT-Systemhaus hat seinen Kunden nicht nur auf Microsoft Windows Server 2003 migriert, sondern dort gleichzeitig das Mail-System von Groupwise 5.2 auf Microsoft Exchange Server 2003 Standard Edition umgestellt und Microsoft Outlook 2003 auf 120 PCs eingeführt.

Parallelbetrieb von Groupwise und Exchange

Bei diesem Teilprojekt legte Interdomo großen Wert darauf, dass während der Migration der Kommunikationsplattform keine Daten und keine E-Mails verloren gehen durften. Auch sollten die elektronischen Nachrichten in der Übergangszeit nicht allzu spät eintreffen. So arbeiteten auch eine kurze Zeit beide Kommunikationssysteme gleichzeitig: sowohl der Microsoft Exchange Server 2003 als auch Novells Groupwise. "Dadurch konnten Interdomo-Mitarbeiter ohne Unterbrechung ihre E-Mails empfangen und versenden", erinnert sich Ingo Beckemeyer, Berater Netzwerksysteme bei Sievers-SNC.

Statt in den ursprünglich für das Projekt geplanten zwei Wochen ging die Migration der Server innerhalb einer Arbeitswoche über die Bühne. Die 120 PC-Arbeitsplätze wurden an einem Wochenende umgestellt. Das war übrigens der letzte Samstag, den Reiner Voskort in der Firma verbrachte. "Alles lief besser und schneller, als wir dachten", so der Netzwerkverantwortliche bei Interdomo.

Auch Ingo Beckemeyer war mit dem Fortgang des Projektes sehr zufrieden: "Ehrlich gesagt hatten wir mit mehr Problemen gerechnet!" Die Übergabe der Daten aus Groupwise ins Exchange ist nun mal alles andere als trivial. Hierin steckt auch die meiste Arbeit innerhalb des gesamten Migrationsprojektes bei Interdomo. Die Spezialisten von Sievers-SNC waren damit volle drei Tage beschäftigt, haben für diese Aufgabe allerdings zuvor sogar die doppelte Zeit eingeplant.

Hohe User-Akzeptanz

Doch nach einer Kalenderwoche waren alle Installationsarbeiten vollendet. Und die Akzeptanz der Anwender bei Interdomo war von Anfang an sehr hoch: Da die meisten von ihnen das Mail-Programm Outlook von ihren privaten PCs schon kannten, war lediglich eine zweitägige Schulung erforderlich. "Und die bislang wenig mit der Microsoft-Oberfläche vertrauten Nutzer kamen nach einer kurzen Umgewöhnungsphase mit dem neuen System prima zurecht und möchten es jetzt nicht mehr missen", so IT-Leiter Voskort.

Dank der in Windows XP integrierten CTI-Software von Siemens können nun 30 Interdomo-Mitarbeiter in der Technik und Verwaltung Kundenanfragen deutlich bequemer und effektiver beantworten. Geht ein Anruf eines Kunden ein, erscheinen sofort alle relevanten Informationen zu seinem Auftrag auf dem Bildschirm des zuständigen Sachbearbeiters. Auch Faxanfragen und -bestellungen erreichen sie nun direkt auf ihren Rechnern.

"Das wäre auf Basis von Groupwise nur auf umständliche Art und mit großen Einschränkungen möglich gewesen", so Voskort. Auch die Kollegen unterwegs profitieren von der Umstellung: Sowohl die viel reisenden Manager als auch die Vertriebsmitarbeiter können jetzt jederzeit und von überall sicher über das virtuelle private Netzwerk (VPN) des Unternehmens auf ihre E-Mails und die aktuellsten Daten auf dem Firmenserver zugreifen.

Für den sicheren mobilen Zugriff der Manager und Vertriebsmitarbeiter auf Daten und E-Mails sorgt der Microsoft Internet Security & Acceleration Server ISA 2004. "Er sichert das Netzwerk von Interdomo als Firewall vor unbefugtem Zugriff und lässt sich einfach konfigurieren", erläutert Sievers-Berater Beckemeyer. "Seine Anpassung an die Sicherheitsbedürfnisse von Interdomo war für uns ein Kinderspiel."

Noch setzen die mobilen Mitarbeiter bei Interdomo sowohl Notebooks als auch PDAs ein. Nach und nach sollen sie aber alle einheitlich mit der neuesten Generation von MDAs ausgestattet werden, die das Betriebssystem Windows Mobile 5.0 nutzen. Damit wird künftig dank des Exchange Server 2003 auch ein sogenannter Push-Dienst aktiviert, das heißt, neue E-Mails und neue Termine erreichen die Mitarbeiter unterwegs automatisch, ohne dass sie sich extra einwählen und ihre Mails oder Termine abrufen müssen. Dies ist ja mit dem Blackberry auch mit Nicht-Microsoft-Plattformen bereits seit Jahren möglich.

Der Kunde bereut nichts

An der Microsoft-Plattform schätzt IT-Leiter Voskort vor allem den geringen Administrationsaufwand und den umfangreichen Support: "Der Windows Server 2003 ist zuverlässiger und wartungsärmer als das Novell-Betriebssystem, und er läuft stabiler." Außerdem kann der Interdomo-Netzwerkverantwortliche das meiste selbst verwalten. Möglich machen dies die mit dem in Windows Server 2003 integrierten Verzeichnisdienst Active Directory mitgelieferten Werkzeuge. Sie helfen Voskort und seinen Kollegen bei Interdomo, sämtliche Server, Dateien, Datenbanken, Nutzer und Webzugriffe zu verwalten, Upgrades zentral durchzuführen und Drittprodukte zu integrieren.

In den seltenen kniffligen Fällen, wo dies nicht möglich ist, findet der Kunde jederzeit genug Unterstützung am Markt. Aus diesem Grund hat der Heizkesselhersteller auch auf den Abschluss eines Service- und Wartungsvertrages mit Sievers-SNC verzichtet.

Dennoch ziehen die Osnabrücker ein positives Fazit aus diesem Projekt. Immerhin konnten sie dadurch die Bindung an ihren Kunden stärken und haben im Bereich Windows Server 2003 / Exchange eine wichtige Referenz dazugewonnen. Neue Erfahrungen konnte Sievers-SNC beim Einbinden der Telefon- und Faxinfrastruktur in die Windows-Welt gewinnen. Und 80 Arbeitsstunden konnte das IT-Systemhaus Interdomo auch noch in Rechnung stellen.

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