Actebis: doch keine Revolution auf der Hausmesse

20.06.2002

Im Vorfeld der diesjährigen ITK-Revolution war viel spekuliert worden. Immerhin hatte Actebis-Chef Michael Urban nichts Geringeres als "ein neues Distributionskonzept" angekündigt. Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Vergangenen Donnerstag gründete das Soester Unternehmen eine eigene Systemhaus-Kooperation für den SMB-Markt. Die Zielsetzungen sind ambitioniert: Bis Ende des Jahres soll die Kooperation unter dem Namen "Actebis Network" 125 Mitglieder haben und einen Außenumsatz von 250 Millionen Euro erwirtschaften. Ende 2003 will man dann, was die angepeilte Mitgliederzahl betrifft, mit 500 Partnern an die EP-eigene Comteam heranreichen (lesen Sie dazu auch unseren Artikel auf Seite 10 dieser Ausgabe).

Actebis hat mit der Gründung des Systemhaus-Verbundes das Kooperationsgeschäft weder neu erfunden noch revolutioniert. Interessant für potenzielle Partner ist dennoch ein Zahlungsziel von bis zu 45 Tagen bei einem jährlichen Mindestumsatz von 200.000 Euro. Folgen wird noch eine Vereinbarung mit Bertelsmann oder der Heller Bank, um die Zentralregulierung aufzusetzen. Außerdem verpflichten sich die beigetretenen Systemhäuser "zu gemeinsamen Marketingauftritten und einem einheitlichen Corporate Design". Sprich: Vorgaben, die auch andere Kooperationen verlangen. Nur sagt der Name "Actebis" dem gemeinen Endkunden aus dem SMB-Umfeld weniger als beispielsweise Electronic-Partner/Comteam.

Warum also sollte ein Systemhaus der neuen Actebis-Kooperation und nicht einer der Wettbewerber-Organisationen beitreten? Wenn man sich so oder so zu den treuen Actebis-Kunden zählt und für 200.000 Euro im Jahr in Soest einkauft, würde ein Beitritt ja Sinn machen. Die Soester sind Distributor, in Teilbereichen sogar Broadliner. Actebis kann in seiner Rolle als Distributor, ausgestattet mit diversen Herstellerverträgen, zuverlässigere Lieferzeiten garantieren, was andere Kooperationen so nicht können. Was aber Actebis nicht leisten kann, ist, seinen neuen Verbund-Mitgliedern bessere Preise als die Wettbewerber zu offerieren.

Neben den bereits an der Schmerzgrenze angelangten Margen in der Distribution kostet schließlich auch das Kooperationsgeschäft Geld: Für die Zentralregulierung kassiert die jeweilige Bank ihre Provision, die Mitglieder erwarten natürlich frachtfreie Lieferung sowie Bonusleistungen bei entsprechendem Umsatz, und die Investitionen in zusätzliche Mitarbeiter, die die Partner kooperationsgerecht betreuen, müssen sich auch erst mal rechnen. Auch das Angebot an die Mitglieder, die Zahlungsziele auf bis zu 45 Tage zu erhöhen, hat eine Kehrseite: Auf Dauer wird das die Liquidität der Soester belasten. Und da wird es dann eng mit besseren Einkaufskonditionen für Actebis-Network-Partner.

Eine Frage hat Urban bei seiner Ankündigung von Actebis-Network nicht beantwortet: Was haben die Soester eigentlich von der neuen Kooperation? Mehr Umsatz wohl kaum. Denn als potenzielle Partner sind im ersten Schritt I-Team-Mitglieder oder Systemhäuser, die schon zum Actebis-Kundenkreis gehören, anvisiert. Bleibt eigentlich nur das Argument der viel zitierten stärkeren Kundenbindung. Ob das in Soest ausreicht, um ein dauerhaftes Engagement des Distributors zu sichern, muss die Mannschaft um Urban erst noch unter Beweis stellen. Cornelia Hefer

chefer@computerpartner.de

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