Adobe plant den Einstieg in den Markt für Unternehmenssoftware

24.05.2002
In den vergangenen Jahren verschenkte Adobe rund 400 Millionen Mal das Tool "Acrobat Reader". Das PDF-Format ist mittlerweile Standard für elektronische Dokumente. Nun will sich das Unternehmen neu orientieren: weg vom Grafikbereich, hin zur Unternehmenssoftware.

Adobe-Chef Bruze Chizen hat eine große Vision: das papierlose Büro. "Wir werden in einigen Jahren die E-Paper-Company sein", erzählt er im Gespräch mit dem "Handelsblatt". Das Softwarehaus steht vor einer umfangreichen Neuausrichtung. Laut der Wirtschaftszeitung will Adobe nicht nur das unternehmenseigene Format "PDF" weiter ausbauen, sondern auch in den Markt für Unternehmenssoftware einsteigen.

"In einigen Jahren werden Programme für Grafik- und Bildbearbeitung nur noch ein kleiner Teil unseres Geschäfts sein", gibt Chizen sich zuversichtlich. Derzeit macht das Unternehmen nach eigenen Angaben mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes mit Grafiksoftware. Tools wie Photoshop, In-Design, Golive oder Illustrator nutzen insbesondere Profianwender. Dank der guten Nachfrage nach der neuen Photoshop-7-Version werde Adobe laut Chizen die Erwartungen im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres erfüllen. Im so genannten "Publishing-Markt" stößt Adobe jedoch auf Wachstumsgrenzen: Analysten der Investmentbank Credit Suisse First Boston prognostizieren dem Markt für Print- und Web-Publishing-Software lediglich sechs Prozent Wachstumspotenzial. Chizen will deshalb künftig auf das Tool "Acrobat" setzen, was in der Lage ist, Dateien zu elektronischen Dokumenten (PDF) umzuwandeln. Viele PC-Nutzer kennen den kostenlosen Acrobat-Reader, mit dem sich PDF-Dateien lesen lassen. Rund 400 Millionen Lizenzen habe das Unternehmen in den vergangenen Jahren verschenkt. Zwar soll der Acrobat-Reader laut Chizen auch künftig ein kostenloses Tool bleiben, jedoch wird Acrobat zum Hauptumsatzträger avancieren. "Wir werden diese Technologie um Funktionalitäten erweitern, die es Unternehmen ermöglicht, elektronische Dokumente in Geschäftsprozesse einzubinden", so Chizen. Das Marktpotenzial schätzt er auf etwa vier Milliarden Dollar bis 2005. Mit dem Kauf des kanadischen Softwarehauses Accelio sei der erste Schritt getan.

Zudem beabsichtigt Adobe, auf Partnerschaften mit Anbietern von Unternehmenssoftware zu setzen. Mit Siebel und SAP habe es laut Chizen schon erste Gespräche gegeben. Auch im traditionellen Softwaregeschäft will Adobe künftig stärker mitmischen: Nach dem Fehlstart des Tools "In-Design" plant das Softwarehaus eine neue Programmversion, um das Monopol von Quark im Bereich Layout zu knacken. "Wir konnten bisher nicht erfolgreich sein, weil wir das bessere Produkt noch nicht hatten", räumt Chizen ein. "Doch das hat sich geändert." In den nächsten Jahren sollen Lösungen für Unternehmen und Behörden den Papierbergen den Garaus machen.

www.adobe.de

ComputerPartner-Meinung:

Vorstandschef Bruce Chizen hat viel vor: In einem schwierigen IT-Umfeld will er einen neuen Markt erschließen, denn im Kerngeschäft der Bildbearbeitungstools sind die Wachstumsaussichten bescheiden. Ob dies gelingt, wird sich noch zeigen. (kat)

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