Ärger mit der PlayStation 3

22.03.2007
Lange hat Sony gebraucht, um die PlayStation 3 nach Europa zu bringen. Jetzt ist sie da. Doch sie hat einen Schönheitsfehler: Auf ihr laufen die Spiele der PlayStation 2 nicht oder nur eingeschränkt. Eine falsche Strategie.

Von Hans-Jürgen Humbert

und Wolfgang Leierseder

Als Sony Mitte Februar ankündigte, es werde die Ausgaben für den Cell-Chip zurückfahren, jubelte die Börse. Denn nach Meinung der Analysten ist dieser Chip, der in der PlayStation 3 seine Dienste tut, einer der Hauptverursacher für die Verluste, die Sonys Halbleiterabteilung vergangenes Jahr einfuhr.

So überlegt Sony, der weltgrößte Anbieter von Spielekonsolen, die Fertigung des von IBM und Toshiba gemeinsam entwickelten Chips künftig nach außen zu vergeben und die kommende 45-nm-Version (ein Nanometer misst ein millionstel Millimeter) beispielsweise von Toshiba produzieren zu lassen. "Die Herausforderung für Sony wird sein, Kosten zu sparen, ohne Wettbewerbsvorteile einzubüßen", kommentierte ein japanischer Analyst die Outsourcing-Pläne. Bislang gehörte die Fertigung von Chips zu den Kernkompetenzen des japanischen Konzerns.

Alle Konkurrenten sind schon da ...

Doch die Milliardeninvestitionen in den Nachfolger der Gelddruckmaschine PlayStation 2 - sie wurde bislang weit über 100 Millionen Mal verkauft - sind auch bei dem Elektronikriesen nicht spurlos vorbeigegangen. Zudem muss sich Sony mit dem Problem auseinandersetzen, dass die neuen Spielekonsolen der Konkurrenten Microsoft und Nintendo deutlich billiger und bereits seit Monaten im Handel sind. So sind für eine Xbox 360 ab 290 Euro zu zahlen, die Wii kostet rund 250 Euro, die PlayStation 3 hingegen fast 600 Euro.

Dass der Preis der nach langer Verzögerung seit 22. März 2007 auch hierzulande käuflich zu erwerbenden Konsole happig ist, weiß man bei Sony. Dass die Entertainment-Abteilung für Europa eine Entscheidung gefällt hat, deren Konsequenzen der Konzern nicht im Griff haben kann, auch: Während die Spielekonsole in den USA und Asien eine komplette PlayStation 2 via Hardware integriert hat, geht die Spielkonsole in Europa ohne "Emotion Engine" (CPU der PlayStation 2) an den Start - und ist damit, anders als in Asien und den USA, nicht wirklich rückwärtskompatibel. Das heißt, die Spiele der PlayStation 2 (und der ersten PlayStation) laufen auf dem Nachfolgemodell nicht nativ, sondern müssen emuliert werden.

Hardware Fogging und fehlende Opcodes

Welche Konsequenzen das hat, will Sony Entertainment derzeit nicht verraten. Dabei ist es nicht besonders schwierig, einige davon zu schildern.

a)Emulierte Software läuft naturgemäß langsamer ab als native. Die Software übersetzt die Spiele - das dauert. Aber der Cell-Prozessor, ein 64-Bit-Prozessor mit 3,2 GHz Taktung und der Fähigkeit, gleichzeitig zwei Threads abzuarbeiten, dürfte diverse Schwächen der Emulution wettmachen. So kann der aus mehreren Kernen bestehende Cell mehr als 200 Milliarden Gleitkomma-Berechnungen pro Sekunde ausführen.

b) Bei Spielen mit rechenintensiver Grafik verhält es sich anders. Die Anforderungen an die CPU und den Grafikprozessor, etwa Schatten und Licht der Figuren und Hintergründe in Echtzeit zu berechnen, sind immens, und jede Emulation sieht dabei alt aus, sprich: Ruckeln und Verzögerungen des Bildlaufbaus sind unvermeidlich.

Wenn Sony also auf seiner Kompatibilitätsseite Spielen ein Unbedenklichkeitszeugnis ausstellt, weiß der Nutzer noch lange nicht, mit welcher Qualität das Spiel tatsächlich auf der PlayStation 3 aufwarten wird. Da er nicht weiß, was die Emulationssoftware macht, muss er sich darauf gefasst machen, dass die emulierte Version gegenüber der nativen der PlayStation 2 in puncto Qualität und Geschwindigkeit deutlich verliert.

c) Schließlich können viele Programmierbefehle, die ein schnelles und grafisch anspruchsvolles Spiel ergeben, nur auf Hardwareebene befriedigend gelöst werden. Allein Maschinenbefehle (Assembler-Code) sorgen für die optimale Ausnutzung all der Fähigkeiten, die eine CPU bietet. Das sind die sogenannten Opcodes (Operation Code, Befehlssatz), und sie stellen die Befehlssätze der CPU dar.

Diese dokumentierten Befehle werden vom Hersteller geliefert. Doch im Lauf der Zeit kommen Befehle dazu. Das liegt daran, dass findige Programmierer neue Befehle entdecken und diese zur Optimierung ihrer Programme respektive Spiele anwenden. Das erklärt, warum Spiele auf alten Konsolen nach und nach schneller und grafisch besser werden.

Doch erst sie, entwickelt in jahrelanger Beschäftigung mit der Hardware, sorgen für wunderbare Schatten, in Echtzeit ausgeführte Wasserspiegelungen und anderes mehr. Diese Befehle bleiben aber inoffiziell, da sie die Hardware sozusagen entgegen den Vorschriften der Hersteller nutzen. Man nennt sie auch "illegale" oder "undefinierte" Opcodes.

Die Frage stellt sich deshalb bei der neuen PlayStation: Wie kann Sony mittels Emulation diese Opcodes nutzen? Die Antwort lautet: Überhaupt nicht. Und da Sony das weiß, hat es beschwichtigend angekündigt, es werde durch Firmware-Upgrades nach und nach die Spiele der beiden älteren PlayStations auf das Niveau des Nachfolgemodells heben. Das aber ist zugleich das Eingeständnis, dass diese Spiele auf der ersten Version der PlayStation 3 nicht wie auf den Originalen ablaufen werden.

Natürlich lernen die Programmierer dazu, ebenso die Entwickler der Emulationssoftware. Aber das wird dauern: Wer in seiner ersten Spielversion einmal auf "Hardware Fogging" gestoßen ist, weiß, wovon die Rede ist: Hintergründe erscheinen blass und vernebelt. Diesen Trick wenden Entwickler an, wenn nicht genügend Rechenleistung vorhanden ist; das Resultat aber ist, dass allein die im Vordergrund befindlichen Figuren und Umgebungen klar zu erkennen sind.

Wie viel sind 40 Dollar Ersparnis wert?

Darüber hinaus geht Sony Computer Entertainment davon aus, dass die PlayStation 3 schnell als das anerkannt wird, was sie auch ist: eine kaum hörbare Multimedia-Machine, die mit einem Blu-ray-Disc-Laufwerk ausgestattet ist und so HD-Filme auf entsprechenden Fernsehgeräten (Auflösung: 1080 p) abspielen kann; die internetfähig ist, die mit einem Netzwerkanschluss (10/100/1000 T-Base), mit WLAN, Bluetooth und USB und drei Slots für Speicherkarten aufwartet sowie als Musik-Jukebox mit maximal 60-GB-Festplatte eingesetzt werden kann.

Nur eines ist sie gewiss nicht: rückwärtskompatibel wie in den USA und Asien.

Zur Startseite