Ärger über Microsofts Vertriebspolitik

10.01.1998

MÜNCHEN: Der "Stern" legte einer seiner August-Ausgaben eine CD-Rom bei, die unter anderem die Vollversion von Microsofts "Outlook 98" enthielt. Leser bezahlten dafür nur den Magazin-Preis. Distribution und Fachhandel müssen dagegen das Produkt teuer einkaufen.Microsoft reagiert auf Beschwerden und Klagen wie immer - nämlich erst mal unschuldig. "Bei der CD-Rom-Aktion im Stern schiebt einer dem anderen die Schuld zu. Microsoft sagt der Stern war's, der Stern verweist auf die Telekom, denn auf der CD-Rom war ja auch ein T-Online-Programm. Und Telekom wieder auf Microsoft. Niemand weiß etwas", berichtet Dieter W. Keil von der Codik GmbH, EDV- und Unternehmensberatung in Hüttenberg.

Während der Stern-Leser freudig in die Hände klatschte, als er auf der beigelegten CD-Rom die Vollversion von Microsofts "Outlook 98" vorfand, ärgern sich Distribution und Fachhandel. Denn beide Vertriebskanäle müssen das Produkt teuer bezahlen. Beim Disti kostet Outlook 184 Mark. Der empfohlene Verkaufspreis im Laden beträgt 357 Mark.

Noch in Rage über diese Aktion rief Keil seinen Fachhandels-Produktmanager bei Microsoft an. Kern-punkt seiner später auch schriftlich eingereichten Beschwerde: "Überall auf der Welt gelten "Straßenpreise". Die von Ihnen empfohlenen Listenpreise sind nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt sind." Antwort: Microsoft könne da nicht viel unternehmen. Denn für das Unternehmen sei es einfach unmöglich, alle Händler, die Microsoft-Produkte verkaufen und sich nicht an die vorgegebenen Preise halten, zu authorisieren.

Auf Zustimmung kann Keil da eher bei Fachhandelskollegen hoffen.

"Auf der einen Seite rühmt sich Microsoft, gegen die bösen Soft-warepiraten zu kämpfen. Auf der anderen Seite werden die Microsoft-Vertriebspartner mit solchen Aktionen wie der Stern-Beilage aufs Kreuz gelegt", meint Klaus Hopp von der PC & PR GmbH in Euskirchen.

Die resignierte Zusammenfassung nach einer zeitintensiven Beschwerdeaktion: "Ein einzelner kann da gar nichts unternehmen. Die müssen darauf auch nicht reagieren, weil sie es nicht nötig haben. Denn das Problem ist, daß doch jeder Microsoft braucht", meint Keil. Schwacher Trost: Eben weil jeder den amerikanischen Softwaregiganten braucht, müssen sich Bill Gates und seine Mannschaft am 15. Oktober immerhin vor einem amerikanischen Gericht verantworten. Die Vertriebspolitik wird Microsoft deswegen aber kaum ändern. (ch)

Zur Startseite