Aktien der Spieleanbieter haben starken Aufwind

22.03.2001
Das Segment der Spieleanbieter gilt als hart umkämpfter Wachstumsmarkt mit wiederkehrender Sättigungstendenz. Wer nichts Originelles zu bieten hat, verliert schnell an Boden. Die Entwicklungskosten sind hoch, und ob die neuen Produkte gefallen, ist ungewiss. Erst nach einiger Zeit stellt sich heraus, ob sich die Investitionen - oft dreistellige Millionenbeträge - auszahlen.

Die Kurse der Hersteller von Spielekonsolen und Spiele-Software stehen ständig unter Spannung. Derzeit läuten die Konkurrenten eine neue Runde ein. Die Branche hofft auf einen kräftigen Schub durch frische Hardware - die Playstation 2 (PS2) von Sony, Nintendos ultramoderne Spielekonsole Game Boy Advance und die X-Box, Newcomer von Microsoft, die im Herbst mit 500 Millionen Dollar Werbebudget in den Markt gedrückt werden soll. Die aktuelle Generation der Konsolen macht grafisch noch anspruchsvollere Spiele möglich. Die modernen Internet-fähigen Konsolen könnten teilweise auch dem Computer den Rang ablaufen. Neue Geräte bieten Konkurrenten erfahrungsgemäß die Möglichkeit, in großem Stil gegenüber Wettbewerbern aufzuholen.

Der Markt wird 2001 ein Umsatzplus von mindestens elf Prozent erzielen. Für Nintendo wurde kürzlich die Gewinnprognose für das Geschäftsjahr 2001 (31. März 2002) von 614 auf 832 Yen je Aktie heraufgesetzt. Im Jahr darauf sollen statt 670 mindestens 720 Yen herausspringen. Grund sind die beachtlich hoch eingeschätzten Aussichten für Nintendos neue Spielekonsole Game Boy Advance und der bessere Umrechnungskurs des Yen zum Dollar und Euro.

Sega sattelt auf Software um

Eine neue Strategie verfolgt Sega Enterprises. Von Dreamcast wurden seit 1998 insgesamt nur sechs Millionen Geräte abgesetzt, von Sonys Playstation 2 dagegen in nur zehn Monaten 6,3 Millionen. "If you can’t beat them - join them" (Wenn du sie nicht besiegen kannst, schließe dich ihnen an), meint Sega Enterprises jetzt und stellt die Produktion demnächst ein. Dafür konzentriert sich das Unternehmen auf das profitablere Geschäft mit der Entwicklung von Spiele-Software für die Sony-Playstation und Nintendos Game Boy und will nächstes Jahr wieder schwarze Zahlen schreiben.

Dem Kurs ist das gut bekommen, er hat rasant aufgedreht und noch spekulatives Potenzial. Hersteller von Software wie Activision, Electronic Arts, Infogrames und THQ arbeiten derweil mit Hochdruck an Spielen für die neuen Modelle

Beim zweitgrößten US-Spielehersteller Activision betrug der Umsatz im vergangenen Geschäftsjahr (31. März 2000) 572 Millionen nach 436 Millionen Dollar im Jahr 1999. In den ersten neun Monaten des aktuellen Geschäftsjahres wurden bereits 600 Millionen Dollar umgesetzt - und das bei gleichzeitig verbesserten Gewinnmargen -, unter anderem mit Tony Hawk’s Pro Skater. Der Börsenwert von Activision liegt noch unter dem der Konkurrenten. Activision konzentriert sich nach der Neustrukturierung auf Sony’s PS 2 und die X-Box. Die Aktie liegt im Aufwärtstrend.

Infogrames ist ein in Frankreich ansässiger Hersteller von PC- und Konsolenspielen und hat zuletzt vor allem durch Zukäufe von Hasbro Interactive, die Computersparte des US-Spielzeugkonzerns Hasbro, und von Games.com von sich reden gemacht. Im Programm sind viele bekannte Namen wie Titel des ehemaligen Branchenersten Atari sowie zahlreiche Spieleklas-siker.

Klassiker wie Monopoly sollen Konsolen erobern.

Für die Konsolen X-Box und PS/2 wird verstärkt auf Kinder- und Familienprogramme gesetzt. Scrabble und Monopoly sollen als Videospiele umgesetzt werden. Bisher war Infogrames eher für PC- als für Konsolenspiel bekannt. Der Kurs-Chart deutet auf spekulatives Potenzial hin.

Der führende unabhängige Entwickler und Hersteller von interaktiven Computerspielen für Personal Computer und Spielekonsolen ist Electronic Arts - mit zirka 2.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von aktuell 1,3 Milliarden Dollar. Der Anteil von EA.com beläuft sich auf 9,3 Millionen Dollar, was eine Zunahme um 95 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Der Vertrieb über das Internet kommt also gut an. Bei der PS 2 ist es Electronic Arts gelungen, innerhalb kürzester Zeit einen Software-Marktanteil von 40 Prozent zu ergattern. Für die kommenden Quartale rechnet EA mit nachhaltig positivem Ergebnis. Der Kurs ist schon ziemlich gelaufen, dürfte unter Schwankungen jedoch nochmals 20 Prozent Potenzial haben. Vielleicht ist sogar ein neues All-Time-High über 60 Dollar möglich, wenn die Geschäfte besser als erwartet gehen.

Ziemlich weit unten steht derzeit Acclaim Entertainment, früher bei Spielen ganz vorne angesiedelt (Flying Edge) und jetzt für Nintendo sowie Sony tätig. Im Jahr 2000 dürften bei 220 Millionen Umsatz 67 Millionen Dollar Verlust angefallen sein, und auch dieses Jahr ist Acclaim noch nicht ganz über den Berg. Die Aktie zog in jüngster Zeit sprunghaft an und ist etwas für wirkliche Spielernaturen.

Die THQ-Aktie hat schon ordentlich zugelegt. Nicht nach Wunsch läuft der Phenomedia-Börsenkurs - trotz des großen Erfolgs mit der virtuellen Moorhuhnjagd. Jetzt setzt der am Neuen Markt notierte Newcomer auf Bären, Bullen und Pleitegeier. In Zusammenarbeit mit der Direkt-Anlage-Bank hat die Bochumer Medienfirma das Online-Spiel Stock-Blaster entwickelt, bei dem Spieler ihr Ver-mögen vor den Unwägbarkeiten der Börse schützen. Aus dem alten Programm sollen nach "Moorhuhn 3" im Herbst aktuell das Winter-Moorhuhn und eine Version für den Macintosh kommen. Al-lerdings hat der Kurs darauf noch kaum reagiert. Aber immerhin halten Optimisten 30 Euro für möglich. (kk)

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