Aktuelle Tendenzen im Druckermarkt

26.11.1998

MÜNCHEN: Der deutsche Druckermarkt ist in Bewegung: Niedrigstpreise zwingen zurück zum Wettbewerb über das Produkt. Die Geräte legen zu in Sachen Geschwindigkeit und Druckqualität. Die erklärten Stars der Druckerszene 99: die Farblaser.Verhalten optimistisch ist die momentane Stimmung auf dem Druckermarkt. Die Zahlen geben vorerst auch keinen Anlaß zur Sorge: Im ersten Halbjahr 1998 wurden auf dem deutschen Markt laut Dataquest insgesamt immerhin 2,3 Millionen Drucker abgesetzt, was gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum einen Anstieg um 19,4 Prozent (1,9 Millionen Geräte) bedeutet. Auch die Prognosen stimmen positiv: So soll die Gesamtzahl der verkauften Drucker auf dem westeuropäischen Markt nach Schätzungen von Dataquest von derzeit etwa 16 Millionen bis 2002 auf rund 26 Millionen anwachsen.

Tintenstrahler - mehr Leistung zu gleichen Preisen

Beim diesjährigen Wachstum im Produktsegment Tintenstrahler gehen die Erwartungen auseinander: Während einige Hersteller von einem leichten Rückgang sprechen, rechnen die anderen mit einem Stückzahlenzuwachs von 20 Prozent. Nach den Ergebnissen von Dataquest ist die Zahl der in Deutschland verkauften Tintenstrahler von 1,36 Millionen im ersten Halbjahr 1997 auf 1,71 Millionen Geräte im gleichen Zeitraum dieses Jahres gestiegen. Das bedeutet ein Absatzwachstum von immerhin 25 Prozent.

Allerdings handelt es sich bei diesem Produktsegment um einen sehr preissensitiven Bereich. Ist doch das Stückzahlenwachstum nicht zuletzt auf die zahlreichen Billigangebote bei Aldi und Co. sowie Bundling-Aktionen zurückzuführen. Bei dem diesjährigen Preissturz im Low-end-Bereich auf eine Schmerzgrenze von unter 200 Mark läßt sich wohl kaum noch richtig Geld verdienen. Wolfgang Schöffel, Marketingleiter bei Lexmark, gibt dem unteren Ende des Segments künftig in erster Linie bei Erstkäufern eine Chance: "Durch die sogenannten Kombi- oder Paketkäufer - nach dem Motto ,Computer plus Drucker bei Aldi' - wird es im Low-end-Bereich auch im nächsten Jahr noch erhebliche Stückzahlen geben." Allerdings wird 1999 seiner Meinung nach die Nachfrage nach qualitativ höherwertigen Geräten (ab zirka 400 Mark), die etwa Fotobearbeitung in vernünftiger Qualität ermöglichen, erheblich steigen - und zwar parallel zum anstehenden Boom der Digitalkameras. "Diese Drucker gehen typischerweise über den Fachhandel und locken in erster Linie Zweitkäufer", meint er.

Andererseits haben Tintenstrahler in Sachen Druckleistung sowie -qualität nachgezogen, so daß sie mittlerweile mit den Laserkollegen, deren Hauptvorteil bisher Geschwindigkeit war, im (Laser-)Einstiegssegment mithalten können. Aus diesem Grund werden sich Heimanwender, die kein großes Druckaufkommen zu bewältigen haben, nach Meinung der großen Hersteller auch weiterhin eher für einen Tintenstrahler entscheiden. Ein weiteres Plus für Tinte: die Option Farbe. "Wenn es um Farbe geht, wird Tinte die größten Chancen haben", ist Peter Varney, Vertriebsleiter des Tintenspezialisten Epson, sicher. Bis der Farblaser eine preisliche Alternative darstellt, wird es seiner Meinung nach noch eine Weile dauern.

Die Preise werden sich nach Meinung von Marktbeobachtern im nächsten Jahr stabilisieren. "Abgesehen von Spezialaktionen wird hier kein Hersteller mehr mit Freude weiter runtergehen", schließt Gerhard Pfäffle, Marketingleiter für den Bereich High-end-Hardcopy bei Hewlett-Packard, einen weiteren Preisverfall aus. Das Fazit: Der Wettbewerb läuft künftig eher über die Produkte und deren Leistung als über den Preis. Im Vergleich der ersten beiden Halbjahre 1997 und 1998 zeigt das Marktgefüge der Anbieter von Tintenstrahlern eine auffällige Verschiebung: Epson konnte seinen Marktanteil von 16,8 Prozent (1997) in diesem Jahr auf 25 Prozent ausbauen und schob sich damit hinter Hewlett-Packard auf den zweiten Platz. Konkurrent Canon (21 Prozent) fiel dadurch auf Position drei zurück (siehe Grafik zum Tintenstrahlermarkt).

Segmentverschiebung im Laserdruckmarkt

Im Laserdruckermarkt zeichnete sich in den letzten Jahren ein bescheidener, jedoch stetiger Zuwachs ab. "Auch für die nächsten Jahre sehen wir hier einen stabilen Markt mit leichtem Wachstum", so Thomas Schäfers, Leiter Produkt-Marketing bei Kyocera. Mit knapp 709.260 Laserdruckern stieg der Absatz nach den aktuellen Dataquest-Ergebnissen in den ersten neun Monaten dieses Jahres um elf Prozent im Vergleich zum ersten Dreivierteljahr 1997 (siehe Grafik zum Laserdruckermarkt).

Unterschiedlich sieht die Zukunft für die einzelnen Geschwindigkeitssegmente der Seitendrucker aus: So wird das bisherige Einstiegssegment (eine bis sechs Seiten pro Minute) bis zum Jahr 2002 um jährlich 35 Prozent schrumpfen (Quelle: Dataquest). Der Grund: "Ein Kunde, der 699 Mark ausgeben kann, entscheidet sich eben doch eher für einen Tintenstrahler, der darüber hinaus ja auch noch Farbe bietet", erklärt HP-Marketier Pfäffle das allmähliche Absterben dieses Teilsegments. Immer mehr große Anbieter wie Hewlett-Packard ziehen sich aus diesem Markt zurück. "Wir wollen das Segment acht bis zehn Seiten vergrößern und das Sechs-Seiten-Segment so klein wie möglich machen", erläutert Pfäffle die Strategie des Marktführers. Die neue Einstiegsklasse bei Lasern bilden künftig Geräte mit einer Druckleistung von sechs bis acht Seiten pro Minute. Auch in den anderen Leistungsbereichen der Seitendrucker verschiebt sich einiges: "An Arbeitsplätzen mit hohem Druckaufkommen ist ein 18-Seiten-Drucker keine Seltenheit mehr", meint Kyocera-Mann Schäfers, "gleichzeitig verschiebt sich auch die Leistungsgrenze für Office-Printer nach oben: Gelten heute 24- bis 32-Seiten-Drucker als schnelle Abteilungsdrucker, so wird die nächste Generation mit bis zu 50 Seiten pro Minute aufwarten."

Großes Wachstumspotential für das kommende Jahr sehen die großen Druckerhersteller im Midrange- (11 bis 23 Seiten pro Minute) sowie im High-end-Laserbereich (ab 24 Seiten). Dataquest prognostiziert den Segmenten 7 bis 10 Seiten, 16 bis 20 Seiten sowie 31 bis 50 Seiten besonderen Zuwachs für die nächsten Jahre.

Farbe ist in aller Munde

"Bei den Kundengesprächen auf der Systems ist es fast ausschließlich um Farbe gegangen", weiß Lexmark-Marketingleiter Schöffel zu berichten. Da das Thema "Farbe" auch für den Office-Bereich zunehmend interessanter wird, sollen hier vor allem die Farblaserdrucker künftig einen wahren Boom erleben (siehe Artikel "Grünes Licht für Laser im Farbdruckermarkt" auf Seite 74). Bis zum Jahr 2002 prognostiziert Dataquest dem Farblasermarkt eine jährliche Steigerung um 37 Prozent. Einige Druckerhersteller rechnen hier mit noch wesentlich höheren Steigerungsraten. Auf den ersten Blick befinden sich die Absatzzahlen hierzulande noch eher im homöopathischen Bereich (siehe Grafik zum Farblaser-Markt). Allerdings: Die Zahl der abgesetzten Farblaser stieg im Vergleich erstes Halbjahr 1997/1998 um 75,6 Prozent. Angekurbelt wurde die Nachfrage vor allem durch den erheblichen Preisrutsch in diesem Jahr: Mußte man noch vor wenigen Jahren rund 10.000 Mark für einen Farblaser hinlegen, sind heute schon Geräte für unter 6.000 Mark zu haben. Für den Privatanwender ist der Farblaser damit preislich zwar immer noch keine interessante Alternative zum Farbtintenstrahler - bei kleinen und mittleren Unternehmen wird er jedoch in den nächsten Jahren zum Thema werden. "In zwei bis drei Jahren gehören Farblaser ebenso zum Standard eines Büros wie heute Kopierer und Monochrom-Drucker", blickt Schäfers von Kyocera in die nahe Zukunft. "Noch ist der Colorlaser ein Nischenmarkt," erklärt Lexmarks Marketing-Mann Schöffel, "aber mit der Tendenz, immer breitere Anwendungen zu finden."

Welches künftige Marktpotential dem Farblaser zugetraut wird, zeigt nicht zuletzt das Engagement einer ganzen Reihe von Neueinsteigern in diesem Segment - etwa Minolta, Brother, Epson, Kyocera, Tally oder Seiko Precision.

Druckertrends 99

Neben Farbe, steigender Geschwindigkeit sowie höherer Druckqualität bei Lasern und Tintenstrahlern gibt es eine Reihe weiterer Entwicklungen, die einzelne Hersteller künftig beharrlich verfolgen wollen: Einige schwören auf die Zukunft der USB-Schnittstelle (Universal Serial Bus), die anderen halten die "Eurofähigkeit" für ein demnächst wichtiges Druckerthema.

Der lösungsorientierte Druckerverkauf findet ebenfalls immer mehr Fürsprecher (siehe Gastkommentar: "Der Druckermarkt ist tot, es lebe der Druckermarkt" auf Seite 76): Neben Kyocera sehen hier auch Impact-Experte Tally sowie Hewlett-Packard nicht nur große Chancen, sondern eine Notwendigkeit. So hat etwa der Druckerkönig zu diesem Zweck vor wenigen Monaten sein Document-Systems-Partnerprogramm aufgelegt, das Fachhändler für den Lösungsverkauf rüsten soll. Und last, but not least werden auch die Nadler ihre Daseinsberechtigung weiter unter Beweis stellen (siehe Artikel "Nadel- und Matrixdrucker - auch heute nicht von gestern" auf Seite 76). (taf)

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