Alle europäischen Töchter in der Konzernbilanz berücksichtigt

06.06.2002
Der neue Markt verlangt internationale Rechnungslegungs-Vorschriften, das interne Controlling will einheitliche Zahlen. Doch alle ausländischen Töchter bilanzieren nach ihren eigenen Regeln. Software von Diamant half der Softline AG, den Spagat zu vollziehen.

Im Februar 2000 wagte Softline den Gang an den Neuen Markt. Als direkte Folge davon musste sich der Distributor von Standardsoftware überlegen, nach welchen Vorschriften er in Zukunft die Bilanz erstellen wollte. Denn der Neue Markt verlangt, dass international anerkannte Rechnungslegungsnormen beachtet werden. Demnach darf die Bilanz entweder nach den International Accounting Standards (IAS) oder den amerikanischen Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP) erstellt sein. Softline entschied sich für letztere Möglichkeit und musste die bisher nach dem Deutschen Handelsgesetzbuch erstellte Bilanz entsprechend ändern.

Aber nicht nur das externe Berichtswesen verlangte nach einem neuen Rahmen, auch das intern verwendete Zahlenwerk genügte den veränderten Umständen nicht mehr. Mit dem Geld aus dem Börsengang tätigte Softline einige Akquisitionen und gründete neue Gesellschaften. Da die Töchter ausschließlich im Ausland ansässig sind und ihre Zahlen je nach Landesrecht unterschiedlich verarbeiten, musste der Konzern ein Instrument finden, das eine einheitliche Finanzanalyse ermöglicht. Gleichzeitig sollte es die Erstellung der Konzernbilanz nach US-GAAP vereinfachen. Des Weiteren sollten eine konzernweite Kosten- und Deckungsbeitragsrechnung auf der Grundlage einer einheitlichen Zahlenbasis sowie eine Kostenstellen- und Kostenartenstruktur erstellt werden.

Per Knopfdruck zur Bilanz

Alle diese Probleme wollte Softline durch die Installation einer internationalen Rechnungswesen-Software lösen. Diese sollte zum einen unterschiedliche Landesgesetze, Traditionen und Sprachen abbilden, andererseits alle Finanzinformationen konzernweit einheitlich darstellen. "Wir suchten eine Software, mit der die Buchhalter quasi per Knopfdruck aus dem vorhandenen Zahlenbestand alternative Bilanzen und Berichte erstellen können", fasst Oliver Hutt, Finanzvorstand von Softline, seine Ansprüche zusammen.

In Bezug auf die unterschiedlichen Landesgesetze und -gebräuche umfasste das Pflichtenheft von Softline im Wesentlichen drei Punkte. Die Software sollte

- landestypische Umsatzsteuer-Sätze, -Sachverhalte und -Voranmeldungen erstellen;

- unterschiedliche Kontenrahmen abbilden und gleichzeitig die unterschiedlichen Konten zu einem konzernweiten Kontenrahmen verknüpfen;

- landestypische Zahlungsweisen elektronisch abwickeln, zum Beispiel französische Wechsel oder spanische Schecks mit begrenzter Laufzeit.

Da Softline unter anderem Online-Handel betreibt und eine große Zahl kleinerer Zahlungseingänge verbucht, war dieser Punkt ein entscheidender Aspekt bei der Softwareauswahl.

In die engere Wahl kamen schließlich drei Systeme. Während der Auswahlphase brachte der VAR MP EDV-Consulting eine Testversion der internationalen Rechnungslegungs-Software des Bielefelder Anbieters Diamant zum Laufen. Das deutsche Programm kannte Softline bereits, da es seit einigen Jahren in der Offenburger Zentrale benutzt wurde. "Diamant/2 deckte einen großen Teil unserer Anforderungen bereits im Standardpaket ab", erklärt Finanzvorstand Hutt, "das machte die Kosten und die Dauer des Projekts kalkulierbar. Andere Anbieter versprachen uns lediglich, unsere Wünsche umzusetzen, das war uns zu unsicher."

Anfangs wehrten sich die Töchter

Während die Konzernzentrale die Diamant-Lösung sehr positiv einschätzte, standen die Mitarbeiter der ausländischen Tochtergesellschaften der Software skeptisch, zum Teil sogar ablehnend gegenüber. Mit Argwohn sahen es einige, dass die Konzernleitung ein System über sämtliche Tochtergesellschaften stülpen wollte. Eine wichtige Aufgabe vor der Einführung der Software war es deshalb, die Mitarbeiter der ausländischen Unternehmen von dem Projekt zu überzeugen. "Wir wollten auf keinen Fall unseren Kollegen gegen ihren Willen eine Software aufdrängen", berichtet Hutt, "deshalb war es wichtig, dass sie vor dem Kauf eine Testversion ausprobieren konnten."

Für Akzeptanz sorgte, dass die Berater von Diamant sehr gut Französisch und Spanisch sprechen. Beim Vertrieb der Software ins europäische Ausland unterstützte Hersteller Diamant seinen Partner MP EDV-Consulting durch international erfahrene Mitarbeiter. Im April 2001entschied sich Softline endgültig, "Diamant/2-Rechnungswesen" einzuführen. Zunächst sollten die Niederlassungen Marseille, Paris, Metz und Dronten in Holland die Software erhalten.

Bei der Installation musste MP EDV-Consulting die individuellen Konten- und Bilanzstrukturen von Softline berücksichtigen und die Software anpassen, soweit dies notwendig war. Da die US-GAAP den Unternehmen bei der Bilanzierung beträchtliche Freiheiten erlauben, kann keine Software eine Konzernstruktur schon im Standardpaket abbilden. Auch bei den ausländischen Installationen stellte Diamant sein Know-how zur Verfügung.

Alle Zahlen in einem System

In der Software wurden Tabellen angelegt, in denen die Buchungen, Konten und Bilanzpositionen mehrfach zugeordnet sind. So besteht beispielsweise für jedes Konto ein Bezug zur Bilanzposition sowohl im Landes- als auch im Konzernabschluss. Außerdem verknüpfen die Tabellen Kontennamen und -nummern der Tochtergesellschaften untereinander, sodass die Software beim Rechnungseingang eines Schwesterunternehmens automatisch erkennt, dass es sich um einen internen Konzernumsatz handelt. Da manche Softline-Firmen selbst als Hersteller tätig sind und konzernintern liefern, kommt dies häufig vor.

Interne Buchungen müssen mit der Diamant-Lösung nicht nachträglich ausgewiesen werden. Der entscheidende Vorteil des Systems: Wie von Softline gewünscht, lassen sich durch die multilaterale Verknüpfung der Daten aus dem vorhandenen Zahlenwerk weit gehend automatisch alternative Bilanzen und Berichte erzeugen. Während das Warenwirtschaftssystem von Softline auf einer zentralen Datenbank in Offenburg läuft, auf die alle Tochtergesellschaften zugreifen, entschied sich die Konzernleitung beim Rechnungswesen für die umgekehrte Variante. Sowohl die Software als auch die dazugehörigen Datenbanken sind dezentral beim jeweiligen Tochterunternehmen installiert, die Offenburger Zentrale greift direkt darauf zu. Manche Länder schreiben vor, dass sich das Rechnungswesen-System eines Unternehmens in seinem Heimatland befinden muss.

"Hier sind auch psychologische Motive im Spiel", meint Hutt, "viele wollen ihre sensiblen Finanzdaten lieber auf ihrem eigenen Rechner speichern." Die verschiedenen Standorte sind über ein Virtual Private Network (VPN) miteinander verbunden. Beim Übertragen sind die Daten asychron mit 128 Bit verschlüsselt und zusätzlich über ein Tunneling vor unbefugten Zugriffen geschützt.

Landesgesellschaften via VPN verbunden

In der Praxis erstellen die Tochtergesellschaften am Ende des Geschäftsjahres zunächst eine Einzelbilanz nach jeweiligem Landes- recht. Für die anschließende Konzernbilanz bereitet die Software die gleichen Zahlen nach US-GAAP-Richtlinien neu auf und legt sie auf den Servern der Töchter ab. Von dort ruft sie der Buchhalter der Zentrale via VPN ab und führt sie in der Konzernbilanz zusammen.

Für die nächsten Monate plant Softline, die Finanz- und Anlagenbuchhaltung sowie das Finanz-Informationssystem von Diamant bei weiteren Tochtergesellschaften zu installieren. Schritt für Schritt soll außerdem konzernweit eine einheitliche Struktur für alle Kostenarten, -stellen und -träger umgesetzt werden. Einem vollständig einheitlichen Rechnungswesen stehen allerdings noch manche landestypischen Arbeitsweisen und Eigenheiten entgegen. "Der Einheitlichkeit sind natürlich Grenzen gesetzt", sagt Hutt, "aber hier zeigt sich die Stärke der neuen Lösung: Die Gleichheit geht nicht auf Kosten der landestypischen Gegebenheiten."

www.diamant-software.de

ComputerPartner-Meinung:

Nach unterschiedlichen landesspezifischen Vorschriften erstellte Bilanzen sind schwer in einem einheitlichen Konzernabschluss zusammenzufassen. Darüber weiß die Softline AG einiges zu berichten. Doch mit der Software von Diamant und der Unterstützung von MP EDV-Consulting konnte auch dieses Problem zur Zufriedenheit aller, inklusive des Neuen Marktes, gelöst werden. (ce)

Solution Snapshot

Kunde: Softline AG, Lange Straße 51, 77652 Offenburg, www.softline.de; Ansprechpartner: Christoph Gillhart, Projektleiter; Telefon: 07 81/92 93-0

Problemstellung: Die unterschiedlichen Bilanzen der ausländichen Tochtergesellschaften der Softline AG sollten ohne großen Aufwand in einer einheitlichen Konzernbilanz zusammengefasst werden. Da Softline am Neuen Markt notiert ist, und dieser die Anwendung international anerkannter Rechnungslegungsvorschriften verlangt, musste eine Finanzsoftware gefunden werden, die dieser Aufgabe gewachsen ist.

Lösung: Software: Diamant/2 Rechnungswesen; Betriebssystem: Windows NT 4.0; Datenbank: Oracle; Hardware: HP LH4 Server in der Offenburger Zentrale, 2,3 GB RAM; Vernetzung: virtuelles privates Netzwerk (VPN); Übertragungsprotokoll: TCP/IP, Verschlüsselung: asynchron mit 128 Bit plus zusätzlich mit 128 Bit verschlüsseltem Tunneling

VAR: MP EDV-Consulting GmbH, Auf dem Knapp 35 42855 Remscheid, www.mp-edv.de; Ansprechpartner: Markus Pipiorka, Telefon: 0 21 91/3 79-0, E-Mail: info@mp-edv.de

Kontaktaufnahme: bestehendes Kundenverhältnis

Verhandlungsdauer: zirka 4 Monate (inklusive Testphase, die vor der endgültigen Entscheidung lag)

größte Herausforderung: Kommunikation mit den Anwendern im europäischen Ausland

unerwartete Schwierigkeiten: Die ausländischen Tochtergesellschaften waren zunächst skeptisch angesichts der Tatsache, dass ein System über sämtliche Tochtergesellschaften gestülpt werden sollte und standen dem System ablehnend gegenüber

Implementierungsdauer: zirka 3,5 Monate;

aufgewendete Mannstunden (VAR): zirka 105

Verhältnis Software/Dienstleistung: in Deutschland: 64% Lizenzen (Diamant Software GmbH & Co. KG), 36% Dienstleistung (MP EDV-Consulting GmbH); nur Ausland: 73% Lizenzen, 27% Dienstleisung

Service- und Wartungsverträge: Deutschland: MP EDV-Consulting; internationale Standorte: Diamant Software.

Schulung: 6,5 Tage

Benefit für Kunden: Steigerung der Effizienz bei der Rechnungslegung: Alternative Bilanzen können aus der gleichen Zahlenbasis per Mausklick generiert werden. Erhöhung der Transparenz in Kostenrechnung und Controlling: Sämtliche Finanzinformationen können konzernweit einheitich ausgewertet werden.

Benefit für VAR: Neuer Referenzkunde, Erfahrungen bei internationalem Rechnungswesen gesammelt, dadurch Erschließung weiterer Kundensegmente (internationale Unternehmen/Konzerne)

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