Alle Jahre wieder eine neue Strategie: aus Acer CM wird Benq

13.12.2001
Erst im Frühjahr hat Acer-Chef Stan Shih die Branche aufgerüttelt mit der Ankündigung, aus der Computer-Produktion auszusteigen. Jetzt ließen die Taiwaner eine weitere Bombe platzen: Diesmal ist Acer Communications & Multimedia dran. Beim Channel wird die Neuigkeit unterschiedlich aufgenommen.

Aus Raider wird Twix, sonst ändert sich nix", lautet die Losung, die Michael Grote, Geschäftsführer der Acer Communications & Multimedia GmbH, zur Umfirmierung und dem neuen Markenauftritt der Acer-Tochter - zumindest für Deutschland - ausgibt.

Doch der Vergleich mit einer geglückten Umbenennung eines Schokoriegels muss für einen größeren Kraftakt herhalten, der wieder einmal beim taiwanischen PC-Hersteller stattfindet. Acer Communications & Multimedia bekommt ein neues Gewand und heißt ab sofort "Benq", während bei Acer Computing alles beim Alten bleiben soll. Die Vorgabe für den weltweiten Richtungswechsel kommt aus der taiwanischen Zentrale. Eine Entscheidung, die nicht bei allen Partnern auf Verständnis stößt: "Dieser Schritt bringt für das Unternehmen keinen Vorteil", kritisiert ein Mitarbeiter eines Acer-Systemhauses gegenüber ComputerPartner. "Acer hatte einen gu- ten Namen, durch die Abspaltung des Multimedia-Bereichs beschneidet das Unternehmen seine Produktpalette und macht den Wiedererkennungswert der Produkte zunichte", so der Händler weiter.

Produktoffensive kurz vor der Cebit

Spannend wird es ab März: Bis dahin sollen alle Produkte das Benq-Logo tragen, und die Auslieferung der neuen Produkte (siehe Kasten) beginnt. Ein Marketingetat von zehn Millionen Mark soll helfen, den Namen "Benq" überzeugend unter das Volk zu bringen. Mit dem Geld werden Anzeigen in der Fachpresse, aber auch in so genannten General-Interest- und Lifestyle-Magazinen bezahlt, IT-Entscheider werden mit einer Direktmarketing-Offensive beackert und natürlich wird auch Geld in das Channel-Marketing gesteckt.

Eine ganze Menge Geld, die der Konzern, inzwischen an Umstrukturierungen gewöhnt, aufwenden muss. Entsprechend hoch sind auch die Umsatzziele angesetzt: Bereits im Jahr 2002 soll die Benq GmbH einen Umsatz von rund 150 Millionen Mark erwirtschaften. Gut zwei Drittel (66 Prozent) sollen aus dem Fachhandel kommen und 21 Prozent aus dem Retail-Bereich. Der Rest verteilt sich auf Audio-Video-Händler (acht Prozent) und den Foto-Fachhandel, der nach dem Willen des Unternehmens ab März die Digitalkameras der Marke "Benq" verkaufen soll.

Nach dem Motto "alles aus einer Hand" werden bei Benq alle Bereiche rund um das Produkt abgedeckt: Forschung und Entwicklung, Fertigung, Marketing, Vertrieb und Service.

Eine ganz andere Entwicklung gibt es hingegen bei Acer Computing: Das Unternehmen hatte bereits im Frühsommer beschlossen, seine Produktion auszulagern (siehe ComputerPartner 25/01, Seite 10), und will sich jetzt zum Lösungsanbieter wandeln: "E-Enabling" und "Consulting" sind die Schlagworte, die dazu aus Taiwan kommen. Händler, die sowohl Acer CM, als auch Acer Computing im Sortiment haben, rechnen wegen der unterschiedlichen Strategien mit Schwierigkeiten: "Wenn wir in Zukunft Computer bei Acer Computing bestellen, müssen wir die Monitore dazu extra bei Benq kaufen. Die finden dann allerdings im Umsatzvolumen bei unserem Broadliner keine Berücksichtigung", fürchtet ein Händler.

Ziel der Trennung sei es, eigenständige Markenwelten zu schaffen, die für den Kunden klar zu unterscheiden sind, ließ die Konzernzentrale auf einer Pressekonferenz in China verlauten. Probleme mit der Parallel-Existenz zwischen Acer Computing und Acer CM kann Deutschland-Chef Grote bestätigen: "Die verschiedenen Unternehmen hatten zusammen einen Bauchladen von Produkten, aber keine sauber profilierte Marke", so Grote. Frank Wältermann von der Delo Computer GmbH glaubt daran, dass der Plan für Acer CM aufgehen könnte: "Die Neuordnung wird nicht einfach werden, aber Acer CM hat nach der Trennung ein paar Probleme weniger", so Wältermann. Seiner Einschätzung nach könnte die Trennung einen Kampf zwischen Acer CM und Acer Computing beenden, und Ordnung in das Produktchaos bringen. Andere Insider dagegen unterstellen den Taiwanern ganz praktische Überlegungen: "Acer Computing kann jetzt so viele billige OEM-Produkte auf den Markt bringen, wie sie wollen, ohne dass Acer CM den Kunden gegenüber in Erklärungsnot gerät", begründet ein Branchenkenner den Vorteil.

www.benq.de

www.acer.de

ComputerPartner-Meinung

Der deutschen Niederlassung von Acer CM, künftig Benq GmbH, kann die Trennung nur recht sein. Während zu befürchten ist, dass der Konzern sich in E-Enabling- und Consulting-Phantasien verliert, können die Hamburger mit einer klaren Produktstrategie loslegen, und haben weniger Probleme mit der Konkurrenz aus dem eigenen Haus. Dennoch haben sie allen Grund, sorgenvoll nach Taiwan zu schauen. Denn Acer ist immer wieder und in schneller Folge für Überraschungen gut: Erst im Frühsommer hat der Konzern viel Geld für Marketing und Brand-Entwicklung ausgegeben. Und schon jetzt wird bei Acer CM wieder alles in die Tonne getreten und neu angefangen. Wann also kommt das nächste Re-Branding? (st)

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